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Eine skandaloese Liebesfalle

Titel: Eine skandaloese Liebesfalle
Autoren: Sherry Thomas
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nassen Kälte zu umarmen. Die Sichtweite war derart eingeschränkt, dass die Straßenlaternen auch am Tag eingeschaltet bleiben mussten, schwache Kreise senffarbenen Lichts vor den grauen Schleiern, die alles verdeckten, das mehr als fünf Fuß von Elissande entfernt war.
    Sie bezog dennoch ein gewisses Vergnügen daraus, an der Küste zu sein: der Geruch des Meeres, frisch und salzig, das Rauschen der Wellen, die sich an nicht sichtbaren Felsen brachen und so ganz anders waren als die sanfte Brandung von Torbay; dazu der tiefe Klang von Nebelhörnern vorüberfahrender Schiffe im Bristol Channel, auf eine triste Art und Weise romantisch.
    Sie beschloss, die Nacht hier zu verbringen. Sollte sich der Nebel verziehen, wäre morgen noch genug Zeit, die Klippen zu sehen und nach Pierce House zurückzufahren - sie achtete darauf, es nicht mehr als ihr Zuhause zu betrachten -, um rechtzeitig vor ihrem Ehemann und ihrer Mutter da zu sein.
    Und dann musste sie es ihrer Mutter irgendwie beibringen und sich von ihrer Ehe verabschieden.
    Beim Anblick der gepackten Koffer im Zimmer seiner Frau schloss sich eine eiserne Faust um Veres Herz.
    Er und Mrs Douglas waren am Nachmittag wieder in London angekommen. Es stand außer Frage, am selben Tag die Reise fortzusetzen - die ältere Dame war restlos erschöpft und am Ende ihrer Kräfte. Vere brachte sie und Mrs Green im Savoy-Hotel unter und war dann allein nach Hause gefahren. Jetzt, da er mit Freddie gesprochen hatte, gab es so vieles, das er seiner Frau sagen musste: Wie dumm er selbst gewesen war, wie schrecklich sie ihm gefehlt hatte und wie wichtig es ihm war, dass sie ihre Ehe noch einmal von vorn begannen.
    Er zog die Schubladen auf - leer. Er riss die Türen der Schränke auf - leer. Er blickte zu ihrer Frisierkommode -leer bis auf einen einzelnen Kamm. Und dann entdeckte er etwas auf ihrem Nachttisch, das ihm das Herz stocken ließ: ein Buch mit dem Titel Wie Frauen sich ihren Lebensunterhalt verdienen können.
    Sie verließ ihn.
    Er lief nach unten und fasste Mrs Dilwyn am Arm. „Wo ist Lady Vere?“
    Er konnte seine Sorge nicht verhehlen, seine Stimme war laut und barsch.
    Mrs Dilwyn erschrak angesichts seiner Unfreundlichkeit. „Lady Vere besucht die Hangman Cliffs, Sir.“
    Er versuchte, diese Information zu verwerten, konnte sich aber keinen Reim darauf machen. „Warum?“
    „Sie hat gestern eine Postkarte in Ihrem Arbeitszimmer gesehen und fand die Aussicht wunderschön. Und da Sie und Mrs Douglas nicht vor morgen zurückerwartet wurden, entschied sie, heute Morgen ganz früh dorthin zu fahren.“
    Es war fast schon Zeit fürs Abendessen. „Hätte sie nicht längst wieder zurück sein müssen?“
    „Sie hat vor einer Stunde ein Telegramm geschickt, Sir. Sie hat beschlossen, über Nacht zu bleiben. Heute war es so neblig an der Küste, dass sie nichts sehen konnte. Sie hofft auf besseres Wetter morgen. “
    „Hangman Cliffs - also ist sie in Ilfracombe“, sagte er halblaut, mehr zu sich als an Mrs Dilwyn gewandt.
    „Ja, Sir.“
    Er war aus dem Haus, bevor sie zu Ende gesprochen hatte.
    Die Sonne brannte in ihren Augen, der Himmel war so gnadenlos hell, dass er beinahe weiß war. Und ein heftiger Bergwind blies. Sie war völlig ausgetrocknet, ihre Haut so dünn und brüchig wie Papier, und ihre Kehle fühlte
    sich vor Durst sandig an.
    Sie versuchte, sich zu bewegen. Aber ihre Handgelenke waren bereits blutig von ihren vergeblichen Versuchen, sich von den Ketten zu befreien, Ketten, deren Verankerung tief in den Kaukasus hinabreichten.
    Der schrille Schrei eines Adlers ließ sie neuerlich kämpfen, trotz Verzweiflung, Schmerzen und einem Wissen um Vergeblichkeit. Der Adler glitt auf dunklen Schwingen näher, warf seinen Schatten über sie. Als er auf sie herabstieß und sein messerscharfer Schnabel glitzerte, drehte sie den Kopf zur Seite und schlug wild um sich.
    „Wach auf, Elissande“, flüsterte ein Mann, und seine Stimme hatte gleichzeitig etwas Befehlsgewohntes und etwas Beschwichtigendes. „Wach auf.“
    Das tat sie. Keuchend setzte sie sich auf. Eine Hand legte sich auf ihre Schulter. Sie schlang ihre Finger darum, fühlte sich durch die Wärme und Kraft beruhigt.
    „Möchtest du einen Schluck Wasser?“, fragte ihr Ehemann.
    „Ja, danke.“
    Ein Glas Wasser fand seinen Weg in ihre Hand. Und als sie ihren Durst gestillt hatte, nahm er ihr das Glas wieder ab.
    Plötzlich fiel ihr wieder ein, wo sie war: Nicht in ihrem Zimmer zu Hause - in Pierce
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