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Eine skandaloese Liebesfalle

Titel: Eine skandaloese Liebesfalle
Autoren: Sherry Thomas
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1. Kapitel
    Der Marquess of Vere war ein Mann weniger Worte. Diese Feststellung jedoch würde alle -bis auf ein paar Auserwählte unter seinen zahlreichen Freunden und Bekannten - erstaunen. Die vorherrschende Meinung war, dass Lord Vere redete. Und redete. Und redete. Es gab kein Thema unter der Sonne, egal wie abwegig oder abstrus es auch war, zu dem er nicht voller Eifer seine Meinung, möglichst in zehn verschiedenen Versionen davon, kundtat. Zu manchen Zeiten konnte man ihn einfach nicht davon abhalten, über die neu entdeckte Klasse chemischer Stoffe namens Präraffaeliten zu dozieren oder über die seltsamen Ernährungsgewohnheiten der Pygmäenstämme in Zentralschweden - und das aus seiner Perspektive sehr glaubwürdig.
    Lord Vere war zudem ein Mann, der seine Geheimnisse für sich behielt.
    Aber jeder, der den Fehler beging, so etwas zu verkünden, musste damit rechnen, dass anwesende Damen und Herren plötzlich laut auflachten. In weniger vornehmen Kreisen hätte man sich wohl vor Lachen auf dem Boden gewälzt. Denn Lord Vere konnte nach allgemeiner Ansicht kein offenes von einem gut gehüteten Geheimnis unterscheiden, so wie er wohl kaum einen Igel von einem Wildschwein zu unterscheiden vermochte. Er war nicht nur geschwätzig, er gab vielmehr bei dem geringsten Anlass, und sei er noch so an den Haaren herbeigezogen, intimste und unpassendste persönliche Erkenntnisse preis - ganz ohne irgendeinen Grund.
    So ließ er sich auch gern über seine Schwierigkeiten im Umgang mit jungen Damen aus: Er wurde früh abgewiesen und oft dazu, und zwar trotz seines Status’ als Adliger. Er gewährte ohne zu zögern Einblick in seine Finanzlage - allerdings war entdeckt worden, dass er keinen blassen Schimmer hatte, wie viele Mittel ihm tatsächlich zur Verfügung standen, derzeit und in Zukunft, wodurch seine Äußerungen witzlos wurden. Er ging sogar so weit - natürlich nicht in Anwesenheit von Damen Größe und Umfang seines Gemächts zu erwähnen; in beiderlei Hinsicht war er zu beneiden, zumal die Abmessungen von unbekümmerten Witwen, die sich zu einem gelegentlichen amourösen Abenteuer an ihn wandten, bestätigt worden waren.
    Mit anderen Worten: Lord Vere war ein Idiot. Kein gefährlicher Irrer, denn seine geistige Gesundheit wurde nur selten infrage gestellt. Und nicht so debil, dass er seinen Alltag nicht bewältigen könnte. Vielmehr war er ein amüsanter Idiot, so unwissend und aufgeblasen wie ein Kissen, dumm wie Bohnenstroh, aber dabei süß und harmlos und durchaus beliebt bei den oberen Zehntausend wegen seines hohen Unterhaltungswerts - und wegen seiner Unfähigkeit, sich irgendetwas zu merken, was man ihm gesagt hatte. Jedenfalls dann, wenn es keinen direkten Einfluss auf seine Mahlzeiten hatte, seinen nächtlichen Schönheitsschlaf oder den ganzen Stolz seiner Unterkleider.
    Er konnte nicht geradeaus schießen; seine Kugeln trafen ein Moorhuhn nie - außer durch Zufall. Er versäumte es nur selten, Türknaufe und Hebel in die falsche Richtung zu betätigen. Und da sein Geschick, zur falschen Zeit am falschen Ort aufzukreuzen, legendär war, wunderte es niemanden sonderlich, wenn man hörte, er sei Augenzeuge eines Verbrechens geworden - höchstwahrscheinlich ohne eine Ahnung zu haben, was er da gesehen hatte.
    Es war ein interessantes Leben, gelinde gesagt. Manchmal fragten sich die anderen Agenten der Krone, die wussten, dass er in Wahrheit nur eine Rolle spielte, wie er sich wohl dabei fühlte, für die meiste Zeit seiner wachen Stunden den Dummkopf zu geben. Sie fanden es nie heraus, da er nun einmal ein Mann weniger Worte war und seine Geheimnisse für sich behielt. Natürlich bleibt kein Geheimnis für immer geheim ... der Anfang vom Ende von Lord Veres Geheimnis kam, um genau zu sein, in Gestalt eines Hinterhalts einer jungen Dame mit fragwürdiger Abstammung und ebenso fragwürdigen Methoden. Einer jungen Dame, die durch eine seltsame Wendung des Schicksals schon bald die Marchioness of Vere sein sollte, seine Ehefrau.
    Die Ratten waren Veres Idee gewesen. Präzise gesagt: Es war seine Vorstellung von einem Witz.
    Es war Saisonende, und London leerte sich zusehends. Vere hatte früher am Tag seinen Bruder zum Bahnhof gebracht, morgen würde er selbst nach Gloucestershire fahren. Es gab keinen besseren Zeitpunkt, um in einem Landhaus aufzutauchen, in das man gar nicht eingeladen worden war - und zu behaupten, man sei es sehr wohl -, als Anfang August: Und im Grunde genommen, was machte ein
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