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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Helene Luise Köppel
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1
    Mittwegs auf unsres Lebens Reise
    fand in finstren Waldes Nacht ich mich verschlagen ...
    Dante , Die Göttliche Komödie

    Als Rixende aus der Ferne die imposante Silhouette von Carcassonne im Sonnenlicht aufglühen sah, klopfte ihr Herz. Nicht der festungsgleichen Stadt wegen, die bald ihr Zuhause werden sollte, nicht der zinnenbewehrten oder schiefergedeckten Türme wegen, die die Cité bewachten, sondern einzig und allein wegen ihres zukünftigen Ehemanns, Aimeric Fabri.
    Rixende zügelte ihren Rappen. Der Staub, den er aufgewirbelt hatte, senkte sich. Ihr Begleiter, der scharf hinter ihr geritten war, lenkte sein Pferd an ihre Seite und sah neugierig zu ihr hinüber.
    „Weshalb haltet Ihr plötzlich inne, Rixende?“
    „Ich weiß nicht, Aton. Ein seltsamer Schauer überfiel mich beim Anblick dieser Stadt. Habt Ihr nicht auch das rostige Glühen bemerkt, mit dem die Sonnenstrahlen die Mauern überzogen? Meint Ihr, das ist ein schlechtes Vorzeichen?“
    „Aber nein“, Aton schüttelte den Kopf. „Ihr werdet sehen, alles wird gut. Es ist ganz normal, dass eine junge Braut beunruhigt ist, wenn sie ihren Bräutigam noch nie gesehen hat. Doch Euer Bruder hat gewiss den Richtigen für Euch ausgesucht.“
    Der langjährige Gefährte von Rixendes Bruder Simon stieg vom Pferd. Er bemerkte, wie die junge Frau mühsam zu lächeln versuchte. Kleine Schweißperlen standen auf ihrer hohen Stirn, zu forsch war sie durch das Kiefernwäldchen und die ausgedehnten Weinfelder geritten, zu heiß war noch immer der Spätsommer des Jahres 1299.
    Mit einem Seufzer ließ sich auch Rixende vom Pferd gleiten. In der vergangenen Nacht hatte sie kaum ein Auge zugetan. Sie trocknete sich mit einem leinenen Tuch die Stirn, rieb auch den schweißbedeckten Leib ihres Rosses ab und band es an einen Feldstein. Vom Ochsenwagen, der Rixendes Habe mit sich führte und die Muhme Mengarde, war weit und breit nichts zu sehen. Während Aton auf einen kleinen mit Wacholder und wilden Ölbäumen bewachsenen Hügel stieg, um nach dem Karren Ausschau zu halten, setzte sich Rixende in den Schatten einer Feldulme. Zu ihren Füßen wucherte Clematis. Sie rupfte eine der weißen Blüten ab, um daran zu riechen. Die beiden Pferde grasten zufrieden, Kopf an Kopf, am Wegesrand. Aton durchbrach die Stille mit einem Ruf. Da flog aus einer Ackerfurche plötzlich ein großer Vogel auf. Rixende erschrak, und die Pferde wieherten ärgerlich. Geräuschvoll flatterte er über das Geäst des ausladenden Baumes. Rixende beobachtete seinen Flug, bis er in die sonnige Einsamkeit eines weitentfernten Berges eintauchte.
    Sie lehnte sich an den Stamm der Ulme und schloss für eine Weile die Augen. Wieder und wieder musste sie an Simons letzten Besuch in Gavarnie denken, als der Bruder ihr nahelegte, zu heiraten. Sie hatte sich darüber so aufgeregt, dass sie mit ihm in einen heftigen Streit geriet. Rigoros hatte sie es abgelehnt, einen Mann zu heiraten, den sie nicht kannte. Simon war ganz dicht an sie herangetreten und hatte mit erregter Stimme gesagt, dass er sich nicht länger um sie kümmern könne.
    „Und noch etwas“, hatte er hervorgestoßen, „ich bin Katharer wie zuvor schon unsere Eltern. Es ist an der Zeit, dass du es erfährst. Und das ist ein weiterer Grund, dich endlich unter die Haube zu bringen. Heirate!“
    Rixende war zu Tode erschrocken gewesen, allerdings weniger über seinen barschen Tonfall als über sein Geständnis, ein Ketzer zu sein.
    „Du gehörst zu ihnen?“ hatte sie ihn mit weit aufgerissenen Augen gefragt.
    Simon nickte. Er war von hochgewachsener, schlanker Gestalt und hatte wie seine Schwester ein schmales, ernstes Gesicht und grüngolden blitzende Augen. Gekleidet war er nicht wie ein Katharer, denn er trug ein gutgeschnittenes rostfarbenes Wams zu dunklen Beinkleidern statt eines schwarzen Kapuzenmantels.
    „Schon als die Eltern noch lebten und ich Bernard hieß, war ich in ihren Glauben eingeführt“, sagte er nach einiger Zeit. „Atons Vater hat mich damals in Sicherheit gebracht, so wie dich die Muhme Mengarde, und wie du trage ich seit Jahren einen anderen Namen. Aber nun muss ich mich wegen einer ganz bestimmten Angelegenheit besonders vorsichtig verhalten. Die Zeiten sind nicht besser geworden.“
    „Mein Gott, Simon“, hatte Rixende hervorgestoßen, „zuerst die Eltern ... und jetzt du? Du bist mein nächster Verwandter und bringst uns in solche Gefahr? Was ist es nur, das euch zu den Ketzern zieht?“
    Simon presste
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