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Ein Spiel um Macht und Liebe

Ein Spiel um Macht und Liebe

Titel: Ein Spiel um Macht und Liebe
Autoren: Mary Jo Putney
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eine Weile stehen, um ihn zu beobachten. Sie stand verborgen in einem kleinen Wäldchen, so daß er sie unmöglich entdecken konnte. Er ritt ohne Sattel, wie um mit seinem fast magischen Talent im Umgang mit Pferden zu prahlen. Er war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, nur das Tuch um seinen Hals war scharlachrot. Aus dieser Entfernung konnte sie sein Gesicht nicht erkennen, und sie fragte sich unwillkürlich, ob er sich verändert hatte.
    Dann kam sie zu dem Schluß, daß die Frage nicht
    ›ob‹ lauten mußte, sondern ›wie sehr‹. Was auch immer die Wahrheit über die schrecklichen Ereignisse war, die ihn von hier fortgetrieben hatten – es mußte einschneidend gewesen sein.
    Würde er sich an sie erinnern? Vermutlich nicht.
    Er hatte sie nur wenige Male gesehen, und damals war sie noch ein Kind gewesen. Zudem war er zu der Zeit nicht nur der Viscount Tregar gewesen, sondern auch noch vier Jahre älter als sie, und Kinder kümmern sich selten um Jüngere.
    Umgekehrt war das nicht der Fall.
    Als sie sich auf den Rückweg zum Dorf von Penreith machte, ging sie noch einmal ihre Bitten und die Argumente durch, die sie sich zurechtgelegt hatte. Sie mußte den Teufelsgrafen um jeden Preis überreden, ihr zu helfen. Niemand anderer konnte etwas bewirken.
    Während er auf seinem Hengst über die Besitzung stürmte, konnte sich Nicholas wenigstens ein paar kurze Minuten lang in dem rauschartigen Hochgefühl verlieren, das die halsbrecherische Geschwindigkeit in ihm erzeugte. Doch die Realität holte ihn wieder ein, als er sein Pferd zügelte und es in Richtung Haus wendete.
    In den Jahren, die er auf dem Kontinent verbracht hatte, hatte er oft von Aberdare geträumt – hin-und hergerissen zwischen Sehnsucht und der Angst, was er wohl dort vorfinden würde. Die vierundzwanzig Stunden, die er nun wieder daheim war, hatten bewiesen, daß seine Ängste berechtigt gewesen waren. Er war ein Narr gewesen, zu glauben, daß vier Jahre die Vergangenheit auslöschen konnten. Jedes Zimmer des Hauses, jeder Hektar des Tals weckte Erinnerungen. Sicher waren glückliche darunter, doch sie wurden von frischeren Erinnerungen überlagert, die alles zu beflecken schienen, was er einst geliebt hatte. Es kam ihm vor, als hätte der alte Earl, bevor er starb, in einem Anfall von Zorn einen Fluch über das Tal gelegt, so daß sein verhaßter Enkel dort niemals glücklich werden konnte.
    Nicholas trat zum Fenster seines Zimmers und blickte hinaus. Das Tal war so wunderschön wie immer – wild in den höheren Lagen, tiefer unten üppig bebaut und bepflanzt. Der Frühling zeigte das erste zarte Grün. Bald würden die Narzissen blühen. Als Kind hatte er den Gärtnern geholfen, die Zwiebeln unter die Bäume zu pflanzen, wobei er sich meistens von Kopf bis Fuß mit Schlamm besudelt hatte. Sein Großvater hatte darin einen weiteren Beweis für die niedere Herkunft seines Enkels gesehen.
    Er hob den Blick zu dem verfallenen Schloß, daß sich oberhalb des Tals befand. Jahrhundertelang waren diese gewaltigen Mauern sowohl Festung als auch Heim für die Davies-Familie gewesen. Als die Zeiten friedlicher wurden, hatte Nicholas’
    Ururgroßvater schließlich das Anwesen hier unten gebaut, das für eine der reichsten Familien Britanniens angemessener gewesen war.
    Ein Vorteil dieses Hauses war die große Anzahl an Schlafzimmern. Nicholas war am Tag zuvor besonders dankbar dafür gewesen. Er hätte niemals auch nur in Betracht gezogen, Großvaters Zimmerflucht zu benutzen. Doch als er seine eigenen Räume betrat, zogen sich seine Eingeweide heftig zusammen, denn er konnte sein Bett nicht ansehen, ohne sich Caroline darin vorzustellen, wie sie ihn mit ihrem nackten, üppigen Körper lockte. So hatte er sich also augenblicklich in ein Gästezimmer zurückgezogen, das anonym wie ein Hotelzimmer war. Doch selbst dort hatte er, geplagt von Alpträumen und Erinnerungen, ausgesprochen schlecht geschlafen.
    Am Morgen hatte er schließlich den Entschluß gefaßt, jede Verbindung mit Aberdare abzubrechen. Er konnte hier niemals seinen Frieden finden, genau sowenig wie es ihm in den vier Jahren seiner rastlosen Reisen gelungen war.
    Ob es überhaupt möglich war, das Erbe zu verkaufen? Er würde seinen Rechtsanwalt befragen müssen. Doch allein der Gedanke daran, das Haus zu verkaufen, verursachte ein qualvolles Gefühl der Leere in ihm. Es würde sein, als schnitte man ihm einen Arm ab – doch wenn ein Glied entzündet war, hatte man keine andere
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