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Die Macht der Ehrlichen: Eine Provokation (German Edition)

Die Macht der Ehrlichen: Eine Provokation (German Edition)

Titel: Die Macht der Ehrlichen: Eine Provokation (German Edition)
Autoren: Bernhard Bueb
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Vorwort
    Wir vertrauen im Alltag auf die Ehrlichkeit unserer Mitmenschen. Selbst Lügner tun das. Sie gehen außerdem davon aus, dass andere sie für ehrlich halten. Wenn Menschen Opfer von Lügen werden, glauben sie daran, dass am Ende die Wahrheit ans Licht kommt. Das bewahrt sie davor zu verzweifeln.
    Wenn der Glaube an die Macht der Wahrheit verlorenginge und wir uns nicht mehr auf zwischenmenschliche Ehrlichkeit verlassen würden, bräche unsere Welt zusammen. Das ist bisher nicht geschehen, weil die Wahrheit trotz vieler Niederlagen immer wieder siegte, auch wenn dieser Triumph zu oft erst posthum errungen wurde.
    Der Wille zur Ehrlichkeit gehört zur menschlichen Natur wie der Macht- oder der Sexualtrieb. Kinder kommen mit dem Vertrauen auf die Welt, dass ihre Eltern sie lieben. Erziehung zur Ehrlichkeit heißt, dieses Vertrauen fortwährend zu bestätigen.
    Die meisten Kinder erfahren durch ihr Aufwachsen, dass es richtig ist, ehrlich zu sein. Wenn sie lügen, merken sie schnell, dass sie ihr Glück gefährden. Denn die Ehrlichkeit oder die Wahrhaftigkeit oder die Aufrichtigkeit – diese Begriffe sind austauschbar – unserer Beziehungen sind eine sichere Basis, die uns erlaubt, ein glückliches Leben zu führen.
    Einem Missverständnis unterliegen allerdings viele Menschen. Sie meinen, dass die Wahrheit irgendwie ihren Weg von selbst ans Licht findet. Sie vergessen, dass sie für die Wahrheit mutig und klug eintreten müssen.
    »Die Welt geht nicht an der Bosheit der Bösen, sondern an der Schwachheit der Guten zugrunde.« Dieser Satz wird Napoleon zugeschrieben. Er war ein Menschenverächter. Seine Menschenverachtung resultierte aus der Erfahrung, dass die Guten ihre Sache nicht mit derselben Energie vertreten wie die Bösen.
    Lügner, die sich durch Lügen Vorteile verschaffen, verachten die Ehrlichen, weil sie sie für schwach halten. Viele Ehrliche lassen sich dadurch einschüchtern, sie übernehmen dieses Bild, erfüllen die Voraussage der Lügner und stärken deren Macht. Die Macht der Lügner wankt jedoch, wenn die Ehrlichen selbstbewusst auftreten, weil sie an die Kraft der Wahrheit glauben.
    Das Buch handelt von der Krise der Ehrlichkeit, von der Schwierigkeit, ehrlich zu sein, von Lüge und Wahrheit, von der Wirkung der Bildung, aber vor allem davon, dass die Gewissheit zu siegen die Ehrlichen mächtig macht.

Das Ende der Aufrichtigkeit
    In der Mitte des Dorfes liegt der Marktplatz, hier befinden sich nicht die Wohnhäuser, nicht die Kirche und nicht das Rathaus. Wie phantasievoll, wie anstrengungsbereit und wie klug die Teilnehmer des Marktes ihren Vorteil suchen, entscheidet über die Lebendigkeit des Dorfes. Ob die Dorfbewohner aber ein gutes Leben führen können, hängt davon ab, wie ehrlich Verkäufer und Käufer miteinander umgehen, wenn sie ihren Vorteil suchen. Der Wert der Ehrlichkeit ergibt sich nicht aus dem Markt. Menschen streben von Natur aus nach Ehrlichkeit, die Religion lehrt Ehrlichkeit als oberste Tugend, und die Politik (das Rathaus) setzt sie voraus. Doch der Trieb, seinen eigenen Vorteil zu suchen, ist so stark, dass er den Trieb zur Wahrhaftigkeit ständig gefährdet. Wenn daher der Marktplatz die Werte diktiert und der Primat der Wahrhaftigkeit nicht mehr selbstverständlich ist, gerät das Leben des Dorfes aus den Fugen.
    Aus der Sicht von Wissenschaftlern und fachkundigen Journalisten ist die Welt längst aus den Fugen geraten: Der homo oeconomicus , der eigennützig denkende, auf seine Vorteile bedachte Mensch, begründe die Werte unserer Zeit. Er sei ursprünglich eine von der Wissenschaft entwickelte Kunstfigur, die dazu diene, Theorien aufzubauen und Vorhersagen zu machen. Nun aber habe sie die Denklaboratorien der Wirtschaftswissenschaft verlassen und entfalte in der wirklichen Welt eine eigene Macht. Sie sei zur Leitidee der Märkte geworden.
    Bereits 2008 verurteilte Bundespräsident Horst Köhler, ein Wirtschaftsfachmann, in einem Interview das Gebaren der internationalen Finanzmärkte: Sie hätten sich zu einem »Monster« entwickelt, das in seine Schranken gewiesen werden müsse. Die Politik müsse wieder die Vorherrschaft über die Märkte gewinnen. Heute wird in Talkshows, in Zeitungskommentaren und täglichen Gesprächen die Ökonomisierung unseres gesamten Lebens für die vielen Missstände und sozialen Katastrophen verantwortlich gemacht – ein Dauerverdacht, der inzwischen selbst zur Realität, zu einer self-fulfilling prophecy geworden ist. Wie
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