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Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Frank Domeier
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tun. Ich weiß zwar nicht, ob er ein guter Hauptmann ist oder nicht, aber seine arrogante Überzeugung, mit Gewalt könne man alles aus den Leuten herausbekommen, gefällt mir nicht. Und seine Bildung scheint auch nur auf das beschränkt zu sein, was er für sein Amt wissen muss.«
    Gerd von Bucken schien der Einwand nicht zu behagen. »Das mag ja sein. Als Ordnungshüter ist er hervorragend. Er weiß sich durchzusetzen. Aber wegen der anderen … sagen wir mal … Eigenschaften haben wir ja nun Euch.«
    Agnes schaute Ludolf mit blitzenden Augen an. Selber arrogant, hätte sie ihm am liebsten an den Kopf geworfen. Sie erinnerte sich nur zu gut daran, wie er Wolfram beim letzten Mal bloßgestellt hatte. Was konnte der Hauptmann dazu, dass sich seine Eltern keinen Lehrer leisten konnten? Aber sie verkniff sich einen gehässigen Einwurf: »Was meinen denn andere zu der Selbstmordtheorie?«
    »Er war ein gefestigter Mann. Ich habe ihn nie ängstlich oder … äh … unsicher erlebt«, antwortete Albert von Leteln. »Ich kann kaum glauben, dass Johannes Selbstmord verübt … äh … haben soll. Ich hoffe für seine … äh … Ehre und die seiner Familie, dass es Mord war. Aber hoffentlich nicht wegen … äh … irgendwelcher unrechten Taten.«
    Der Bürgermeister stimmte zu: »Alle Händler und Handwerker, mit denen ich bisher gesprochen habe, sind der gleichen Meinung. Keiner kann sich einen Selbstmord so recht vorstellen.«
    »Und was sagt die Familie?«, hakte Ludolf nach.
    »Seine Frau ist völlig verstört. Das ist ja auch kein Wunder. Sie ist überzeugt, dass es Mord war, auch wenn sie keine Idee hat, wer das getan haben könnte – und warum.«
    »Ich wüsste schon, warum.«
    Alle Anwesenden drehten sich zur Tür, von wo der Zwischenruf gekommen war. Unbemerkt war die Tür geöffnet worden. Im Türrahmen stand ein etwa dreißigjähriger Mann. Ausgesprochen edel gekleidet, ein Mantel aus schwerem Brokat mit einem Kragen aus Pelzbesatz, die Jacke darunter mit großen, goldenen Knöpfen und ein reich verziertes Hemd, auf dem Kopf ein samtener, breiter Hut. Der Mann strahlte Eleganz und Vornehmheit aus.
    »Der Ratsherr Röttger Schäfermann, ebenfalls Händler«, stellte ihn von Bucken vor.
    Der Neuankömmling schritt gemächlich herein und inspizierte mit ausdruckslosem Gesicht die beiden Fremden. Der Bürgermeister stellte sie ihm vor. Agnes machte einen Knicks, während Ludolf durch ein leichtes Kopfnicken einen Gruß andeutete.
    Anstatt den Gruß höflich zu erwidern, fragte Schäfermann in Richtung des Bürgermeisters: »Sind das die Hilfen, die der Bischof Euch aufgeschwatzt hat?«
    »Bischof Otto hat sie uns empfohlen.«
    »Weil Ihr der Wahrheit nicht ins Auge sehen wollt und zu ihm unter seinen Talar gekrochen seid.«
    »Ist das ein Thema, das wir jetzt bereden müssen?«, warf Henrich Giseler ein.
    Schäfermann blickte den älteren Ratsherrn einen Augenblick stumm an, hob schließlich abwehrend die Hände und antwortete: »Schon gut, schon gut, mein lieber Kollege. Aber denkt daran, dass Ihr damit andere treu ergebene Diener der Stadt vor den Kopf stoßt. Könnt Ihr Euch das in der jetzigen Situation wirklich leisten? Was denken die anderen Bürger darüber?« Damit drehte er sich in Richtung Tür und winkte kurz.
    Der Hauptmann der Stadtwache, Wolfram von Lübbecke, trat mit kraftvollem Schritt herein. Größer als die anderen im Raum, kam er näher mit hoch erhobenem Kopf. Sein langes, dunkelblondes Haar fiel ihm bis auf die Schultern. Diesmal machte er keinen so ungepflegten Eindruck wie im vorigen Jahr. Seine Kleidung war sauber und geflickt, der Harnisch blank poliert und der Helm, den er unter dem Arm trug, schien neu zu sein. Er stellte sich demonstrativ neben Schäfermann. Zwischen beiden schien es eine Absprache zu geben.
    Ludolf wandte sich an den jungen Händler: »Ihr sagtet, Ihr wüsstet einen Grund für einen Mord?«
    Schäfermann drehte sich langsam zu Ludolf hin, schaute ihn kurz an und antwortete dann in Richtung der anderen Ratsherren, als wäre Ludolf nicht anwesend. »Ich habe ihn mittags noch gesehen. Da erschien er mir noch ganz normal. Am Nachmittag muss ihm wohl etwas passiert sein. Vielleicht ein weiterer Rückschlag im Geschäft.«
    »Wieso weiterer?«, warf Agnes ein. »Gab es schon mehrere?«
    Wieder drehte er seinen Kopf betont langsam. Aber diesmal wandte er sich bei seiner Antwort nicht ab. »Ihr habt hübsche, braune Augen – klug, offen und ehrlich. Warum wollt Ihr diese
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