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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela
Autoren: Heinz G. Konsalik
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    Sie lernten sich in der Wüste kennen, an einem frühen, kalten Morgen, bevor die glühende Sonne im Osten über die kahlen rotbraunen Felsen des Negev stieg.
    Er fuhr allein in einem staubüberzogenen Jeep, ein nasses Taschentuch vor den Mund gebunden, denn der feine Sand wehte durch alle Ritzen.
    Plötzlich stand sie vor ihm, neben einem windzersausten Tamariskenstrauch, ein Schnellfeuergewehr in der Hand, und rief: »Stop!«
    Dr. Schumann kam dem Befehl nach. Er hielt, stellte den Motor ab und riß sich das Taschentuch vom Mund. Dann stieg er aus und blieb neben dem Jeep stehen, denn hinter dem Tamariskenbusch sah er jetzt ein großes Schützenloch, aus dem ihn der Lauf eines Maschinengewehrs anblickte.
    Das Mädchen kam näher, das Schnellfeuergewehr im Anschlag. Sie trug einen zerknitterten Khakihut, eine khakifarbene Uniformbluse mit großen Taschen, eine schmutzige, lange Hose und halbhohe Fallschirmjägerstiefel.
    »Inspektion von Beersheba!« rief Dr. Schumann. »Auf dem Weg zum Kibbuz Qetsiot. Kinder, was ist denn los?«
    Das Mädchen senkte den Gewehrlauf. Dann winkte sie nach hinten zu dem Busch. Aus dem großen Schützenloch tauchten mehrere Köpfe auf. Alle in den unförmigen Hüten. Aber unter ihnen sahen große dunkle Augen auf den einsamen Mann in der Wüste. Sieben Mädchen, im Staub der Wüste noch von erstaunlicher Schönheit.
    »Sie haben deutsch gesprochen?« Das Mädchen blieb vor Dr. Schumann stehen und warf einen Blick durch die Windschutzscheibe in den Jeep. Auf den Hintersitzen lagen Kisten, Koffer und ein großer Sack, in dem sie ein Zelt vermutete. »Sind Sie Deutscher?«
    »Ja, Leutnant.« Dr. Schumann lächelte und wischte sich den Staub aus den Augen. In einer Stunde war die Sonne da. Dann glühte die Wüste. »Ich höre, Sie sprechen auch deutsch?« Er streckte ihr die Hand entgegen. Sie nahm sie, drückte sie fest wie ein Mann und ließ sie dann gleich wieder los. »Doktor Peter Schumann vom Hanevi'im-Hospital in Jerusalem. Man hat mich auf die Reise geschickt, um die hygienischen Verhältnisse im Negev zu kontrollieren.«
    »Jetzt? Hat man in Jerusalem keine anderen Sorgen?« Das Mädchen stellte ihr Gewehr an das Vorderrad des Jeeps, riß ihren schrecklichen Hut vom Kopf und fuhr sich durch die Haare. Es waren wundervolle Haare mit einem kupfernen Unterton, lang und seidig, jetzt aber im Nacken zu einem Knoten geschlungen und hochgesteckt, damit sie unter dem Hut verschwanden. »Sie kommen, wenn Sie weiterfahren, geradewegs in das militärische Aufmarschgebiet. Das muß man in Beersheba doch wissen!«
    »Natürlich.«
    »Ihren Ausweis!« sagte das Mädchen kühl.
    Dr. Schumann holte aus der Brusttasche seines Leinenanzugs einen vielfach gefalteten Briefbogen, schüttelte ihn, bis sich die Faltung löste, und hielt ihn dem Mädchen hin.
    »Bitte, Leutnant. Bevor Sie mich als Spion erschießen …«
    Das Mädchen blieb ernst und übersah das Lächeln Dr. Schumanns. Sie las den Brief, der in hebräischer Sprache geschrieben war, sehr genau und gab ihn dann zurück. »Es stimmt. Sie haben die Erlaubnis von Stabschef Rabin. Sie wollen also nach Qetsiot?«
    »Wenn Sie und Ihre kriegerischen Damen mich weiterfahren lassen – recht gern. Ich wollte im Kibbuz sein, bevor die Sonne richtig hochkommt.«
    Das Mädchen setzte den Hut wieder auf. »Ich bin Leutnant Ariela Golan«, sagte sie. »Seit vier Tagen streifen ägyptische Saboteure durch die Gegend. Gestern wurde ein Posten von uns bei Nitsana beschossen. Sind Sie bewaffnet, Doktor?«
    »Ich bin Arzt, Leutnant.« Dr. Schumann öffnete die Tür seines Jeeps und deutete auf die Kisten und Koffer. »Meine Waffen sind einige Injektionsspritzen, Medikamente, ein kleines Labor zur Wasseruntersuchung, ein chirurgisches Besteck und einige Mullbinden. Ja, und das hätte ich beinahe vergessen, Joppa ist dabei.«
    »Wer ist Joppa?«
    »Ein zahmes Äffchen. Wollen Sie es sehen, Leutnant? Es schläft noch, hinter dem Zeltsack. Hat in der vergangenen Nacht kaum geschlafen. Die Wüstenflöhe setzten ihm zu.«
    Ariela Golan sah Dr. Schumann böse an. Die gekrauste Stirn gab ihr das Aussehen eines unartigen Kindes. »Ihnen fehlt der Ernst, Doktor!« sagte sie hart. »Lassen Sie Ihr Äffchen schlafen! Da ich Sie im Aufmarschgebiet gefunden habe, bin ich für Sie gegenüber dem Hanevi'im-Hospital in Jerusalem verantwortlich. Man hätte Sie bewaffnen müssen. Jetzt muß ich Sie nach Qetsiot begleiten.«
    »Wie fürchterlich!« Dr. Schumann machte eine
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