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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Qetsiot verließ. Der Schreiber, David Hod, stand hinter ihm und lächelte.
    »Eine herrliche Katze ist sie, nicht wahr, Doktor?« sagte er. »Sie ist eine typische Sabra, eine im Lande Geborene. Sie kennen doch unsere Kakteen? Außen hart, aber innen weich und süß! Ariela mag Sie nicht, Doktor?«
    »Es scheint so.«
    »Das ist schlecht.« David Hod kratzte sich den Kopf und trat zurück unter den rotierenden Propeller des Ventilators. Der Juni ist ein verfluchter Monat im Negev. Aber eigentlich sind alle Monate im Negev verflucht. »Wenn sie Interesse für Sie hätte, würde sie das zeigen. Unsere Mädchen sind sehr selbstbewußt und aktiv.«
    »Ich weiß.« Dr. Schumann sah der Staubwolke nach, die sich in der Ferne verlor. »Ich bin seit fünf Jahren in Ihrem Land, Hod. Ich kam hierher, um mich in den Krankenhäusern umzusehen. Nur so, wissen Sie, aus Neugier. Mal sehen, was die Israelis können … das war der Gedanke, mit dem ich abfuhr. Ein wenig überheblich und stolz. Und dann habe ich mich in dieses Land verliebt, in seinen Fleiß, in seine Pionierarbeit, in seinen unwahrscheinlichen Lebenswillen. Und ich bin noch immer hier und bin jetzt Regierungsarzt.« Er trat ebenfalls ins Zimmer zurück und setzte sich. Auf dem Tisch standen Gläser mit Orangensaft. »Schade«, sagte er nachdenklich, »daß man Ariela Golan nicht wiedersieht. Ich glaube, ich habe mich benommen wie ein halbstarker Jüngling …«
    Zwei Tage war Dr. Peter Schumann in der Wüste, zwischen Qetsiot und Nitsana. Hinter sich sah er noch die Ausläufer der Kibbuzarbeit … vereinzelte Bäume, Olivensträucher, ein paar Dattelpalmen, letzte Regungen einer durch Wasser ermöglichten Vegetation. Vor ihm lag die Straße zur Grenze, zur militärfreien Zone, die vor wenigen Tagen von den UNO-Beobachtern verlassen worden war. Israelische und ägyptische Panzer standen sich dort gegenüber, warteten, wer zuerst in diesen Wüstenstreifen einmarschierte und damit die Schuld des Krieges auf sich nahm.
    Auf Veranlassung des Abschnittskommandanten hatte Dr. Schumann sein Lager mit Sandsäcken umgeben. Vier Lastwagen hatten sie herangeschafft. Zehn Soldaten bauten einen Wall um sein Zelt und fuhren dann wieder ab. Es war nur eine Vorsichtsmaßnahme gegen umherstreifende Banden. Vor zwei Wochen noch zogen die arabischen Beduinen über die Straße und die alten Karawanenpisten zum Kamelmarkt in Beersheba. Jetzt war die Wüste leer bis auf Panzer und Kanonen. Die Araber lagen in ihren flachen schwarzen Zelten wartend abseits der Straßen im Negev. Ägyptische Agenten hatten sie gewarnt. Nur ein paar Tage noch … und Israel existiert nicht mehr. Das Land wird euch gehören. Die Fahne des Propheten wird in der Wüste wehen und sie in einen Garten verwandeln.
    Dr. Schumann hatte in seinem Zelt das kleine Labor aufgebaut. Auf drei Klapptischen standen gläserne Kolben, Gestelle mit Reagenzgläsern, flache Schalen und Flaschen mit Chemikalien. Ein Brutofen, batteriegetrieben, und drei Bunsenbrenner mit Propangas standen auf einer breiten Kiste. An der Längsseite des Zeltes hatte er sein Feldbett aufgebaut. Hier turnte auch Joppa herum, kreischte und schimpfte, warf mit Sand um sich und bettelte dann um Gnade, wenn Schumann mit einem Stock drohte.
    Gegen Mittag des zweiten Tages – Schumann hatte gerade ein Büchsengericht, Nudeln mit Gulasch, verzehrt – hörte er das Rattern eines Motorrades auf der Straße. Er achtete nicht weiter darauf, denn Lastwagen und Panzer fuhren ständig hin und her und wirbelten den Staub bis zu ihm hin in die Sandsackburg. Ein paarmal erhielt er Besuch von Offizieren, die sich das merkwürdige, einsame Zelt ansehen wollten. Dann trank man einen Schluck Wein, den die Offiziere mitbrachten, oder kalten Tee mit Zitrone, den Schumann immer bereithielt.
    Auf dem Feldbett machte Joppa einen Buckel. Seine Nackenhaare sträubten sich. Er verzog den Mund und bleckte die Zähne. Mit einem Ruck wurde die Zeltplane vor dem halboffenen Eingang weggezogen und eine Gestalt, die gegen die grelle Sonne wie ein schwarzer Schatten wirkte, stand vor Dr. Schumann. Ein Käppi saß schief auf den zurückgekämmten Haaren.
    »O Gott!« sagte Dr. Schumann und legte seine Pfeife hin, die er gerade angezündet hatte. »Erfolgt jetzt die Vertreibung aus dem Paradies? Sie nahen wie der Engel mit dem Flammenschwert, Ariela …«
    Ariela Golan sah sich stumm im Zelt um. Joppa fletschte sie an und tippte dann an seine niedrige Affenstirn.
    »Pfui, Joppa!«
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