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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela
Autoren: Heinz G. Konsalik
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klatschten Beifall. Den Jungen aber wurde mit Verhaftung gedroht. Warum stellte man die Namen der Jungen polizeilich fest, nicht aber die Namen derer, die ›Juden raus!‹ schrien? Auf der Insel Wangerooge waren es hundert Deutsche, in Ihrem ›neuen Deutschland‹ sind es Zehntausende … und da reden Sie von Vergessen und Vergeben, von Freundschaft, von einem anderen Geist? Es hat sich nichts geändert … man ist nur hinterlistiger geworden, verschlagener, heuchlerischer.« Rishon sah Ariela an. »Und einen Mann dieses Volkes willst du heiraten? Du, die Tochter Arnos Golans? Ich könnte weinen, Ariela …«
    Ein drückendes Schweigen lag zwischen ihnen. Ariela hatte nach der Hand Schumanns getastet. »Ich liebe ihn, Moshe«, sagte sie leise. »Mein Gott, ich liebe ihn. Alles andere ist unwichtig. Und am nächsten Sabbat heiraten wir …«
    Rishon klappte die Pressemappe zu. Über die Straße zog eine lange Kamelkarawane, ein friedliches Bild, umflimmert von der Hitze. Rishon sah zu ihr hin.
    »Da kommt die andere Seite, Doktor«, sagte er rauh. »Seit Tagen bringen sie so Munition zu den Partisanen. Ein neuer Trick. Munition wird in Plastikbeuteln vernäht und den Kamelen ins Fressen gegeben. Sie schlucken die Beutel runter, und im Kamelmagen reisen die Patronen kreuz und quer durchs Land.« Er warf mit einer Schulterbewegung seine Maschinenpistole nach vorn und nahm sie ab. »Passen Sie auf, wie wir das machen. Nehmen Sie mal die Knarre. Vorsichtig, sie ist geladen und entsichert. Haben Sie schon mal so ein Ding in der Hand gehabt?«
    »Nein«, sagte Schumann und nahm die Maschinenpistole. Der stählerne Kolben war heiß von der Sonne. Rishon holte ein langes Minensuchgerät aus dem Bus und hob die Hand. Die Karawane hielt an. Mit dem Minensucher ging der Major von Kamel zu Kamel und strich mit ihm die Mägen der Tiere ab. Hatten sie Munition verschluckt, mußte es im Gerät ticken. Mit stoischer Ruhe standen die Araber neben ihren Kamelen und sahen dem israelischen Offizier zu. Ihre Gesichter waren staubig und ausdruckslos.
    In der Mitte der Karawane, fast verdeckt von den Leibern der Kamele, blieb Rishon plötzlich stehen. In seinem Gerät tickte es ganz leise, kaum hörbar.
    »Aha!« sagte Rishon laut. Er nahm das Kamel am Halfter, zog es aus der Reihe und holte eine Pistole aus seiner Tasche. Doch bevor sein Schuß losging, riß Schumann die Maschinenpistole hoch und drückte den Finger durch. Ein Feuerstoß ließ seinen Körper erzittern, und mit ungläubig weiten Augen sah er, wie drei Araber, auf die er gezielt hatte, die Arme hochwarfen und neben der Straße in den Staub fielen. Sie krümmten sich, einer von ihnen schrie noch einmal, dann lagen sie still. Von den Bussen rannten israelische Soldaten herbei und umstellten die Karawane. Die Jordanier neben ihren Kamelen senkten ergeben die Köpfe. Das Schicksal liegt in Allahs Hand.
    Dr. Schumann ließ die Maschinenpistole fallen und rannte auf Rishon zu, der neben den drei Toten stand. Sie hatten noch die Revolver in den Händen, als wollten sie im Tode noch schießen. »Ich sah, wie sie die Waffen unter ihren Burnussen hervorholten!« keuchte Schumann. »Ich … ich konnte nicht anders, Major … Man hätte Sie von hinten erschossen …«
    Moshe Rishon trat von den Toten zurück und sah Schumann lange an. Der Arzt zitterte am ganzen Körper. Schweiß rann ihm über das verzerrte Gesicht.
    »Ich danke Ihnen, Peter«, sagte Rishon langsam.
    »Es … es waren meine ersten Schüsse …«
    »Sie haben mir das Leben gerettet. Nun sind wir quitt.«
    Schumanns Blick fiel auf die drei verkrümmten Gestalten. »Ich … ich habe noch nie einen Menschen getötet …« Er wandte sich ab. Rishon legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Ich werde zu deiner Hochzeit kommen«, sagte der Major laut. »Am Glück der Freunde soll man teilnehmen.«
    Er umarmte Schumann und küßte ihn nach alter Sitte auf beide Wangen.
    In den Mägen der anschließend erschossenen Kamele fand man 750 Schuß Munition. Unter den Sätteln lagen Packen von Flugblättern des ›Verteidigungskomitees des arabischen Jerusalem‹. Sie riefen zum Widerstand auf.
    »So lebt unser Volk«, sagte Rishon, als er mit Ariela und Schumann zurück zu den Bussen ging. »Im Ausland der Rassenhaß, im eigenen Land der Terror. Und wir können noch lachen, wir heiraten und glauben an eine Zukunft. Ich meine, wir sind ein Tropfen Herzblut, den Gott verloren hat.«
    Lastwagen und Raupenschlepper zogen die toten Kamele
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