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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela
Autoren: Heinz G. Konsalik
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öffnete und die helle Morgensonne hineinfiel, prallte sie auf Mahmuds Augen wie ein Faustschlag. Er blinzelte, sah sich um und ging inmitten der vier stummen Soldaten über den Appellplatz hinaus durch das große Tor vor das Fort.
    Hier schien ein Volksfest zu sein. Ein Wald von Zelten umrahmte ein großes Viereck, das mit Seilen abgeteilt war. Der Duft von gebratenen Hammeln und Lämmern lag in der heißen Luft, es roch nach Honiggebäck und Tamia, in Öl gebratenen Klößen aus Bohnenmehl. In großen Kupferkesseln siedete Kalauwi. Innereien, die man später, gehackt und mit Petersilie vermengt, servierte. Frauen rührten in Kesseln große Mengen von Dehena, dem orientalischen Salat aus verschiedenen Gemüsesorten. Über allem lag Fröhlichkeit und eine feiertägliche Heiterkeit. Nur die Kinder sah man nicht … sie wurden von den Alten in den dunklen Zelten gehalten.
    An einem Ende des großen, abgesteckten Platzes warteten die Männer auf ihren kleinen, schnellen Pferden. Sie bildeten eine bunte, zusammengeballte Masse aus flatternden Burnussen und bunten Kopfringen.
    In der Mitte des freien Feldes, in den Wüstenboden gerammt, stand einsam ein hölzerner Pfahl. An der linken Längsseite des Feldes hatte man eine Tribüne errichtet … hier saßen unter einem Sonnendach General Suleiman und einige Wüstenscheichs, die Offiziere des Forts und ein Mann in europäischem Zivil, der nervös mit seiner Sonnenbrille spielte.
    Mahmud ibn Sharat blieb stehen und sah auf den einsamen Pfahl. Und plötzlich wußte er, wie er sterben sollte. Dieses Wissen war so grausam, daß er hinfiel und in den Sand biß.
    Die Soldaten rissen ihn hoch und hielten ihn fest.
    »Nein!« schrie Mahmud. Sein Mund war voller Sand, und so war es nur ein Gurgeln, das niemand hörte. »Nein! Gnade …«
    Er tat keinen Schritt mehr, er stemmte sich in sinnlosem Widerstand in die Erde. Da nahmen ihn die Soldaten hoch und trugen ihn zu dem Pfahl, preßten ihn dagegen und banden ihn an mit ledernen, unzerreißbaren Stricken. Dann traten sie zurück, gingen hinter die Absperrung und reihten sich ein in die gaffende Menge der Beduinen. Mahmuds Kopf flog nach links.
    Er sah, wie die Reiter aufsaßen. Ein Kommando ertönte … es blitzte in der Morgensonne, als sie ihre krummen Säbel zogen und auf den Nacken ihrer Pferde legten.
    »Brüder!« schrie Mahmud mit schriller Stimme. »Ich bin euer Bruder! Ich komme aus dem Stamm der Hommeida! Brüder …« Er zerrte an den Lederstricken, aber sie waren so in die Einkerbungen des Pfahles gebunden, daß er sich nicht bewegen konnte und auch aufrecht hängenblieb, wenn er die Beine anzog. Nur sein Kopf war beweglich, und er pendelte hin und her, und der Mund schrie und schrie, und es waren keine Worte mehr, denn wo das Grauen vollkommen ist, gibt es nur noch Töne …
    In der Gruppe der Reiter hob jemand seinen krummen Säbel in die heiße Luft. Die Pferde stiegen vorn empor und setzten dann wie zu einem Sprung an, ehe sie davongaloppierten.
    Das Reiterspiel des Todes hatte begonnen.
    Mahmud ibn Sharat hob den Kopf, als die Kavalkade, in einer Staubwolke wie fliegende Geister, auf ihn losdonnerte. »Sie werden den Tod sehen!« hatte Suleiman gesagt … nun sah er ihn ganz deutlich … vorgestreckte Pferdeköpfe, blitzende Säbel, lachende Gesichter unter wehenden Kopftüchern …
    Mit offenem Mund wartete Mahmud auf den Säbelhieb, als der erste Reiter an ihm vorbeistaubte. Aber nichts geschah … er nahm nur Maß, streckte den Säbel so weit vor, daß er an Mahmuds Brust vorbeizischte … dann kam der nächste … und wieder einer … und dann die anderen … und alle nahmen sie Maß, lachten, als sie an ihm vorbei waren und am anderen Ende der Bahn ihre Pferde herumrissen.
    Von jetzt ab kamen sie einzeln. Mit schwingendem Säbel ritten sie heran, mit dem Pferd verwachsen, und wenn sie am Pfahl waren, hieben sie zu, nicht mit dem vollen Blatt, sondern nur mit der Säbelspitze.
    Als der erste Hieb ihm die Brust auftrennte, schrie Mahmud noch einmal tierisch auf. Der zweite Hieb ließ die Schulter aufklaffen, der dritte traf den Unterleib. Das Blut rann in Bächen über seinen Körper und versickerte in dem lockeren Sand unter seinen zuckenden Füßen.
    Er brüllte nicht mehr … er starrte auf die heranrasenden Pferde, seine Augen waren weit aufgerissen, sein Mund wurde zur Höhle, in der es keinen Laut mehr gab … und dann verzerrte sich sein Gesicht, der Kopf schlug nach hinten gegen den Pfahl, und dann lachte
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