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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sondern als ein Wesen mit Seele und Herz. Er wartete auf ein Zeichen Narrimans, auf ihre freiwillige Bereitschaft. Der Tod Herbert Franks hatte hier merkwürdigerweise einen unsichtbaren Graben aufgeworfen, den es mit Geduld zu überbrücken galt. Auch das schreckliche Sterben Mahmuds hatte in Narriman etwas aufgerissen, was erst verheilen und vernarben mußte: die Erkenntnis, daß auch Suleiman nichts anderes war als ein Sohn der Wüste. Gnadenlos, grausam, wie es die Unendlichkeit des glühenden Sandes ist. Daran änderte seine europäische Ausbildung nichts, seine Studien in Frankreich und England, die britische Militärakademie, die Unterweisung durch Glubb-Pascha, sein Rang als General, sein gesellschaftlicher Glanz. Er blieb ein Sohn der gelben, staubenden, flimmernden Weite, die er vom Dach seines Hauses sehen und ohne die er nicht leben konnte.
    »Die Wüste«, sagte er einmal, »ist nicht nur Sand. Wer sie so sieht, muß sie hassen. Aber wer sie liebt, fühlt, wie sehr sie eine Mutter ist. Ihre schweigende Unendlichkeit ist das Herrlichste, was es auf dieser Welt gibt.«
    Am dritten Abend, den Suleiman bei Narriman verbrachte, zeigte sich der Weg, den Narriman fortan gehen würde. Suleiman lehnte sich nach einem guten Essen behaglich zurück, steckte sich eine Zigarette an und betrachtete Narriman liebevoll.
    »Der Kampf gegen Israel geht weiter«, sagte er unvermittelt. »Nur verkriecht er sich in den Untergrund. In den von den Juden besetzten Gebieten und in Israel selbst haben wir Partisanenverbände aufgestellt, die nachts Truppen und Nachschubkolonnen überfallen. Flugblätter verteilen, die Bevölkerung aufhetzen und unsere Freunde in Widerstandskadern sammeln. In ein paar Tagen wird die ganze Welt aufhorchen. Im von den Juden annektierten jordanischen Teil Jerusalems werden alle arabischen Kaufleute in einen Generalstreik treten. Im Gazastreifen wird es zu Sabotageakten kommen. Am See Genezareth werden wir Kibbuzim überfallen. Der Waffenschmuggel nach Israel ist in vollem Gang. Es wird in den kommenden Wochen und Jahren keinen ruhigen Tag mehr geben, so wahr ich Suleiman heiße!« Er zog einen Notizzettel aus seiner Tasche. »Unsere Freunde in Rußland schicken uns laufend Waffen. Allein Syrien erhält 1.100 Panzer, 1.000 Geschütze, 800 Mörser und Haubitzen, 107 schwere Geschütze und 96 Luftabwehrraketen. Ägypten wird bekommen: 627 Flugzeuge aller Typen, 50 große Hubschrauber, 1.400 Panzer und gepanzerte Geschütze aller Kaliber. Algerien, der Sudan und andere arabische Staaten werden ebenfalls ausgerüstet. In einem Jahr wird Israel von einem stählernen Wall umgeben sein, von einer Zange, die es zerquetschen wird wie eine taube Nuß.«
    »Ich denke, du liebst Rußland nicht?« fragte Narriman.
    Suleiman nickte und steckte seinen Zettel wieder ein.
    »Was hat das mit der Politik zu tun? Um Israel zu vernichten, paktieren mir mit dem Satan. Mit den Russen werden wir dann später fertig.«
    »Das glaubt ihr wirklich?«
    »Ja.« Suleiman lehnte sich lächelnd zurück und legte seine Hand auf Narrimans Schulter. »Wer kann der List eines Arabers widerstehen? Der Russe ist ein Europäer … das verurteilt ihn von vornherein zur Hilflosigkeit, wenn wir unseren Geist einsetzen. Zunächst soll er liefern, und wir küssen ihm dafür die Hand, schwenken rote Fahnen und klatschen, wenn seine Abgesandten kommen. Das halten wir eine Zeitlang durch, meine Liebe. Später …« Suleiman hob die Schultern und drückte seine Zigarette aus. »Wir haben im Laufe der Jahrhunderte schon andere Epochen überlebt. Wer Geld und Waffen bekommt, sollte nicht zuviel denken.«
    An diesem Abend blieb Suleiman bei Narriman. Er war glücklich. Sie hatte seine Hand genommen und auf ihre Brust gelegt. Sie war sein Eigentum geworden, und welcher Mann ist nicht ein kleiner Gott, wenn sein größter Wunsch erfüllt wird?
    »Wirst du Doktor Schumann wieder verfolgen?« fragte Narriman einmal mitten in der Nacht. Sie lagen auf einem breiten Diwan und rauchten. Vor den Bogenfenstern stand ein klarer Sternenhimmel. Die Kühle der Nacht war wohltuend.
    »Ich weiß es nicht, Narriman.« Suleiman schloß die Augen. Die Nähe dieser Frau, die ein Wunder war an Schönheit und Zärtlichkeit, betäubte ihn wie Haschisch. »Es wird schwer sein, noch einmal an ihn heranzukommen. Man wird ihn bewachen wie eine Raketenbasis.«
    Narriman richtete sich auf. »Soll ich andere Wissenschaftler aus Europa nach Amman holen?«
    Suleiman fuhr empor.
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