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Und im Zweifel fuer dich selbst

Und im Zweifel fuer dich selbst

Titel: Und im Zweifel fuer dich selbst
Autoren: Elisabeth Rank
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Wenn du dann aus der Tür bist, ist die Realität ohne dich, mein Leben ohne dich. Die Kissen liegen zerfleddert über der Bettdecke. Hier und da ein
Haar auf dem Überwurf, der sich dazwischen schlängelt wie ein Fluss, Flecken auf dem Laken. Auch die Wasserflasche ist noch ohne Deckel, der daneben auf
dem Boden liegt, das war ein Durst letzte Nacht oder zwei, als du noch neben mir gelegen und deine Hand auf mein Ohr gelegt hast, als ein Krankenwagen
vorbeifuhr mit lauter Sirene. Das Geräusch stückelte den Morgen in drinnen und draußen. Einen Kuss auf die Haare, im Halbschlaf noch reden, ein Fenster
wird vom Wind zugeschlagen, das hier ist drinnen.
    Von Wetter kann nicht die Rede sein, wenn du gehst. Jedes Mal ist Weltuntergang. Und wir wissen meistens noch nicht, wann wir uns wiedersehen, aber dass wir es tun, das ist gewiss.
    Das plötzliche Umschalten von einem Leben ohne dich zu einem Leben mit dir ist nicht möglich. Das bekomme ich nicht auf die Reihe, obwohl ich immer wieder übe, mich versuche. Ich versuche zu arbeiten, etwas zu tun, mich abzulenken, aber meistens gehe ich doch nur herum, ein paar Schritte durch die Wohnung, stelle das benutzte Geschirr in die Spüle, lasse warmes Wasser darüber laufen, blicke durch das Fenster in den Hof. Das Wasser läuft über den Tellerrand, während ich ins Bad gehe, dein Handtuch vom Haken auf den Boden werfe, zwei deiner Haare vomBadewannenrand nehme. Meine Zahnbürste liegt noch neben der Seife. Du schnurrst, wenn du duschst, blickst dabei an die Decke, während das Wasser unterhalb deines Kopfes den Abstieg beginnt.
    Deine Zahnbürste ist weg. Es folgt ein Blick in den Spiegel, auf die Fliesen hinter mir, sonst ist dort dein Gesicht, dein Oberkörper bis zur Brust, jetzt sehe ich nur, dass ich mal wieder putzen sollte. Niemand lacht. Und ich verlasse das Bad, gehe durch den Flur. Der Haufen Schuhe ist kleiner geworden, an der Garderobe ist wieder mehr Platz, das fällt nur mir auf. Wenn ich nachts auf die Toilette gehe, während du schläfst, rieche ich manchmal an deiner Jacke, weil das immer ist, als wärst du gerade erst gekommen, als wären wir noch ganz am Anfang einer eigens für uns abgezäunten Zeit mit einem Hauch Hausflur und Außenluft und Arbeitswoche darin. Auf der Kommode liegen noch ein paar Kassenzettel, in deren Liste der Dinge manches, was nur du isst. Das wir nur gemeinsam kaufen. Und wenn wir essen waren, dann ist der Blick auf den Bon wie ein Blättern durch den Abend. Ich werfe ihn in den Papierkorb. Der Sofabezug ist verrutscht, darauf ein paar Krümel vom Kuchen, davor noch die Schwelle zu meinem Zimmer, wo du mein T-Shirt hochgeschoben hast mit deinen kalten Händen. Und zwei Socken liegen noch unter dem Stuhl. Für das nächste Mal. Fusseln auf dem Teppich von der Wolldecke, die DVD noch im Player – vielleicht bleibt sie dort, bis du wiederkommst. Und dann setze ich mich auf den Schreibtischstuhl, den ich nie benutze, wenn du da bist, das Wetter spielt noch immer verrückt, und immer ist es falsch. Manchmal, da regnet esschräg auf die Dächer, die dann den Himmel spiegeln. An der Wand hängt der Kalender, dessen Blätter ich immer vergesse abzureißen. Und um mich zu verorten, schiebe ich ein paar Stifte und Papiere auf dem Schreibtisch hin und her, lege Ordner übereinander, finde ungeöffnete Briefe, öffne sie nicht, sondern stapele sie nur, sodass die Ecken bündig abschließen. Meistens beschließe ich zu putzen, dich und mich ein bisschen aufzuräumen damit, neue Luft ins Zimmer zu lassen, morgen übermorgen überübermorgen. Ich sehe das Telefon blinken und drehe mich auf dem Schreibtischstuhl von ihm weg, ich will das nicht sehen, es drängelt und hetzt mich, es sind noch zwei Fliegen mit mir im Zimmer. Die eine versucht, sich auf mein Auge zu setzen, die andere fliegt Zacken um die Lampe. Und manchmal, da sind nicht einmal Fliegen da. Es gibt keinen Ton im Drinnen und das Draußen ist weit weg, keine Musik. Ich lehne mich dann an die Wand, die einfach nur schaut ohne eine Mimik.
    Ich lehne mich an und warte, bis das Licht sich verändert.
1
    Von einem Husten wachte ich auf. Meine Wimpern waren verklebt, augenblicklich spürte ich einen stechenden Schmerz in meinem Nacken. Meine Füße standen auf einer völlig verdrehten Gummimatte. Langsam richtete ich mich auf, öffnete die Augen, knackte mit den Fingern und fragtemich, wo ich war. Die Sonne schien mir direkt ins Gesicht. Die Luft im Auto war stickig. Meine linke Hand
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