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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er, jauchzte er mit jedem Freudenruf der Reiter, und seine Füße stampften den blutigen Sand wie nach einer unhörbaren, wilden Melodie.
    »Er ist wahnsinnig geworden«, sagte Suleiman so ruhig, als erkläre er eine landschaftliche Schönheit. Die Scheichs nickten. Es waren zwei Stämme, und jeder von ihnen beobachtete, wer von seinen Leuten am besten ritt und den schönsten Säbelhieb führte. Man ritt auch ein wenig um die Ehre.
    Der vierte Anritt war massiver. Jetzt schlug man mit der vollen Klinge zu. Es galt, mit einem Streich einen Körperteil abzutrennen. Ein Reiter schaffte es, Mahmuds rechten Arm abzuschlagen. Klatschen und Jubel belohnte ihn. Dann fiel der linke Arm. Siebenmal hackte ein Säbel in das rechte Bein, ehe es sich vom Rumpf löste … das linke Bein fiel nach zehn Streichen.
    Längst war Mahmud ohnmächtig geworden, sein Kopf hing nach vorn … aber er lebte noch.
    Zum letztenmal versammelten sich die Reiter.
    Ein einzelner galoppierte an. Es war sein Ehrentag … er hatte Geburtstag und heiratete heute.
    Mit hocherhobenem Säbel raste er dem Pfahl entgegen, dann blitzte es hell, als er zuschlug … und durch die Staubwolke, die die Hufe des Pferdes hinterließen, rollte der Kopf Mahmuds über den Sand.
    Suleiman erhob sich abrupt.
    »Haben Sie seinen Tod festgestellt, Doktor?« fragte er laut den einzigen Zivilisten auf der Tribüne. Der verschüchterte kleine Mann, der dem Schauspiel mit weitaufgerissenen, entsetzten Augen gefolgt war, nickte zitternd, rückte nervös an seiner Sonnenbrille und starrte auf den im Sand liegenden Kopf Mahmuds.
    »Ja. Ich habe den Tod festgestellt«, sagte er heiser. »Der Kreislauf wurde plötzlich unterbrochen.«
    »Danke, Doktor.«
    Suleiman gab den Scheichs die Hand und wandte sich dann ab. Er verließ ohne einen Blick zum Pfahl die Tribüne, stieg in einen wartenden Jeep und ließ sich ins Fort fahren. In ihrem Zimmer traf er Narriman an, wie sie nahe am Fenster saß und in den menschenleeren Hof des Forts starrte.
    »Ist es vorbei?« fragte sie, als Suleiman eintrat.
    »Ja, es ist vorbei.« Suleiman blieb an der Tür stehen. »Der Wagen ist bereit, wir können abreisen.«
    »Wie war es?« fragte sie heiser.
    »Man sollte nicht darüber sprechen.« Suleiman legte einen seidenen Schal um Narrimans bloße Schultern. »Wir wollen es vergessen. Es hat diesen Tag nie gegeben …«
    Während Mahmuds Leiche an der Fortmauer verscharrt wurde, fuhren Narriman und Suleiman zurück nach Amman. Sie waren allein in dem großen Wagen … nur der Chauffeur, ein fast schwarzer Boy, war dabei.
    »Sie haben mir versprochen, mich zu heiraten, Narriman«, sagte Suleiman nach einer langen Zeit des Schweigens.
    Narriman lehnte sich zurück. »Ich halte mein Wort«, sagte sie leise. »Aber erst muß ich von meinem Mann geschieden sein.«
    »Sie sind es bereits.«
    Suleiman blickte hinaus auf die flimmernde Wüste. »Herbert Frank ist tot. Er trat auf eine israelische Mine, jenseits des Jordans. Ich habe es vor zwei Tagen erfahren.«
    »Er war ein armer Teufel«, sagte Narriman leise.
    »So dürfen Sie nicht denken.« Suleiman lehnte sich zurück, ergriff Narrimans Hände und küßte mit großer Innigkeit ihre Fingerspitzen. »Wir sind in der Arbeit zurückgeworfen worden. Nun heißt es, neue Wissenschaftler nach Jordanien zu bringen. Die Russen würden kommen, aber ich mag die Russen nicht. Wir müssen uns im Westen umsehen, und Sie werden mir dabei helfen, Narriman. Unser gemeinsames Ziel bleibt immer die Vernichtung Israels. Ich bewundere Sie, Narriman. Sie sind eine wundervolle Frau.«
    Er beugte sich über sie und küßte sie.
    Und mit Verwunderung stellte er fest, daß sie weinte. Aber sie erwiderte seinen Kuß, obgleich sie wußte, daß sie die Hölle küßte.
    In Amman zog Narriman in das Haus des Generals Suleiman. Es war ein prunkvoller Bau. Sie bekam eine ganze Zimmerflucht für sich und vier Dienerinnen, die ständig um sie herum waren. Narri man kam es vor, als seien sie mehr zur Überwachung als zur Dienst leistung da, denn keinen Schritt tat sie in dem weitläufigen Park, ohne daß in respektvollem Abstand nicht eines der hübschen, stil len, unterwürfigen Mädchen folgte.
    Suleiman sah sie in diesen zwei Wochen nach ihrer Rückkehr von der Hinrichtung Mahmuds kaum. Dreimal aß er mit ihr zu Abend, aber von Liebe war in diesen Stunden wenig die Rede. Er drängte sie nicht. Er war ein moderner Mohammedaner, der die Frau nicht als Eigentum und Gegenstand ansah,
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