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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verwirrt. »Gerade deshalb bat ich darum, Sie sprechen zu dürfen, Herr General.«
    »Ach.« Dayans Auge wurde heller. »Major Rishon gab mir eine Nachricht, nach der Sie –«
    »Ich weiß.« Dr. Schumann sah zu Boden. »Zwischen Rishon und mir ist so etwas wie eine Haßliebe. Er hat mir das Leben gerettet, er hat bis zum eigenen Zusammenbruch für mich gesorgt – und doch sähe er es lieber, wenn ich nicht auf der Welt wäre. Es ist zweierlei bei ihm. Er kann nicht vergessen …«
    »Wer kann das, Doktor?« Dayan sah ihn aufmerksam an. »Aber man sollte vergeben können. Sie waren, als die Konzentrationslager in Deutschland wie Todesmühlen arbeiteten, noch ein Kind … man sollte sich nicht an der jungen deutschen Generation dafür rächen wollen! Aber denken Sie sich in das Herz eines Mannes hinein, dessen ganze Familie bis auf ihn ausgelöscht wurde. Es ist schrecklich.«
    »Und eine Frau steht zwischen uns.«
    »Ariela Golan, ich weiß.« Dayan sah an Dr. Schumann vorbei. »Ihr Vater war ein wunderbarer Mensch.«
    Dr. Schumann straffte sich. Seine Stimme bekam einen fast militärischen Klang. »Ich bin gekommen, Herr General, um Sie um Arielas Hand zu bitten.«
    »Ich?« Dayans Kopf fuhr hoch. Sein Auge leuchtete. »Bin ich der Vater?«
    »Oberst Golan ist gefallen, die Mutter starb vor vielen Jahren. Das Elternhaus, die Heimat Arielas war und ist die Armee. Der Vater der Armee sind Sie, Herr General. Ich muß also Sie um Arielas Hand bitten.«
    »Das ist eine merkwürdige Logik.« Dayan lachte. Er sah auf die Uhr. Ein Sieger hat wenig Zeit … Plötzlich sprang er auf und reichte Dr. Schumann die Hand über den Tisch. »Ich gratuliere«, rief er. »Sie werden in Israel bleiben und für uns weiterarbeiten.«
    »Ja.« Dr. Schumann ergriff die Hand. Einige Sekunden umklammerten sich ihre Finger. »Ich werde in Jerusalem eine Arztpraxis aufmachen.«
    »Das glaube ich kaum.« Dayan lächelte etwas schmerzlich. »Sie werden eine Art Staatsgeheimnis sein und in Tel Aviv leben. Wir können es uns nicht leisten, Sie nochmals entführen zu lassen. Man wird Ihnen eine Dozentur an der Universität Tel Aviv geben.« Dayan sah wieder auf seine Armbanduhr. In fünf Minuten fuhr sein Wagen vor. Er wollte die Stellungen am Jordan besichtigen. »Wann wollen Sie Ariela heiraten?«
    »Sofort, Herr General.«
    »So, wie es meine Tochter gemacht hat.«
    »Genauso, Herr General.«
    Dayan lachte wieder. »Der Krieg hat die jungen Leute heiratswütig gemacht. Überall wird geheiratet. So wenig Zeit hatte man noch nie. Warum eigentlich?«
    »Ihr Volk ist ein glückliches Volk, Herr General«, sagte Schumann fest. Dayan sah ihn fragend an. Das von der Augenklappe halbierte Gesicht war ernst.
    »Wir gehen einer schweren Zukunft entgegen«, sagte er langsam. »Und wir stehen, wie immer, allein. Wirklich, unsere Jugend ist bewundernswert.« Er klopfte Schumann auf die Schulter. »Machen Sie Ariela glücklich, Doktor. Ihr Vater war ein Patriot, wie sie sonst nur noch in Heldensagen vorkommen …«
    Etwas benommen von dieser Unterhaltung stand Dr. Schumann wenig später wieder auf der Straße. Der Chauffeur, ein Mann Rishons, wartete mit dem Auto, das ihn nach Tel Aviv zurückbringen sollte.
    Am Abend kam Ariela in das Hospital, in dem Dr. Schumann noch wohnte, bis über sein weiteres Schicksal entschieden war. Sie fiel ihm um den Hals und war voll jubelnden Glücks.
    »Ich habe eine Wohnung!« rief sie. »Peter, ich habe eine Wohnung. Drei Zimmer, mit eingerichteter, moderner Küche, in einem Neubau, mit großem Balkon, von dem aus man das Meer sieht. Das Haus gehört der Universität. Die Verwaltung rief mich vorhin an … Komm, wir fahren sofort hin …«
    Dr. Schumann drückte Ariela an sich und sah über ihre langen kupferfarbenen Haare hinweg aus dem Fenster seiner Krankenstube.
    Das Hochzeitsgeschenk Dayans … und der stumme Hinweis auf sein ferneres Leben. Die Entscheidung war gefallen.
    Es war Abend, und über dem Meer lag das Rot der untergehenden Sonne, als sie auf dem Balkon ihrer Wohnung standen, eng um schlungen und unsagbar glücklich. »Eine Küche, ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und ein Kinderzimmer … das ist eine ganze Welt«, hatte Ariela gesagt, und er hatte stumm genickt und sie geküßt.
    Sie blieben auf dem Balkon, bis die Nacht über der Stadt lag, bis die tausend Lichter aufflammten und die Uferstraße wie eine Kette aus kleinen Sternen aussah.
    »Woran denkst du?« fragte Ariela leise.
    Dr. Schumann atmete
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