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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Volkes, nie Ruhe zu haben. Seit fünftausendsiebenhundert Jahren kämpft unser Volk um seine Freiheit. Und so wird es noch weitere fünftausend Jahre sein. Man hat nur eines nicht gemerkt: Wir werden nie untergehen. Wir haben einen gottgesegneten Lebenswillen!« Rishon drehte sich zu Schumann um. »Doktor, wann gehen Sie nach Deutschland zurück?«
    »Warum fragen Sie, Major?«
    »Ich möchte es wissen, um Ariela den Frieden zu geben, den sie für die kurze Zeit ihres Lebens verdient.«
    »Ich werde nie gehen«, sagte Schumann. »Ich bleibe hier.«
    »Ihr ganzes Leben lang?«
    »Mein ganzes Leben.«
    »Sie kommen aus einer anderen Welt.«
    »Ich werde mich in Ihre Welt einfügen.«
    »Man kann in einer Ziegelmauer keinen Felsstein gebrauchen.«
    »Aber einen Stahlanker.«
    »Sie sind Christ … Ariela ist Jüdin. Das paßt nie zusammen. Und selbst wenn Sie Jude würden … im Herzen bleiben Sie Christ, bleiben Sie Deutscher. Sie können Gast in unserem Land sein … aber nie ein Bestandteil. Ariela überblickt das nicht, ein verliebtes Mädchen hat keine Vernunft mehr. Aber die Jahre, die nachher kommen, werden eine einzige Qual sein. Das möchte ich Ariela ersparen. Verlassen Sie Israel, Doktor, wenn Sie wieder gesund sind. Ich bitte Sie: Gehen Sie zurück in Ihr Land, und lassen Sie Ariela ihren Frieden in ihrem Land …«
    Dr. Schumann schwieg eine Weile. Das Meer rauschte. Die Wellen trugen Schaumkronen, als sie ans Ufer spülten. Links und rechts neben ihnen spielten junge Menschen Ball, sie lachten und freuten sich. Für sie war der Krieg Historie geworden … das Leben ging weiter …
    »Ich werde Ariela heiraten«, sagte Schumann endlich. »Sie wissen es, Major. Und ich werde für den Frieden Ihres Landes, das dann auch mein Land sein wird, arbeiten.«
    »Wir brauchen Sie nicht, Doktor!«
    »Vergessen Sie Ihre Unabhängigkeitserklärung, Major?« Schumann drehte den Kopf zur Seite und sah in Rishons dunkle Augen. »Am 14. Mai 1948 verkündete Ihr zur freien Nation gewordenes Volk unter anderem – ich habe es auswendig gelernt: Der Staat Israel wird auf den Grundpfeilern von Freiheit, Recht und Frieden beruhen, wie es die Seher Israels einst prophezeiten, er wird allen Bürgern, ohne Ansehen von Religion, Rasse oder Geschlecht, volle wirtschaftliche staatsbürgerliche Gleichberechtigung gewähren, er wird Freiheit der Religion und des Gewissens, der Sprache, Erziehung und Kultur verbürgen …«
    Rishon wandte sich ab und sah über das blaue Meer. Sein Gesicht wirkte spitz. »Das haben wir der Welt verkündet, es stimmt«, sagte er stockend. »Wir stehen auch dazu! Wann werden Sie Ariela heiraten?«
    »Sobald ich wieder gesund bin.«
    »Lassen Sie es mich rechtzeitig wissen, Doktor.« Rishon zog die Decke bis zum Kinn. Der Wind vom Meer war ein wenig kühl. »Ich möchte an diesem Tag in der Sinai-Wüste sein, weit weg …«
    Dr. Schumann nickte. »Ich sage es Ihnen frühzeitig, Major.«
    »Danke.«
    Sie sahen über die Wellen. Ein Schiff glitt am Horizont vorbei. Vor ihnen im Ufersand spielten einige Kinder und bauten Burgen, die von der nächsten großen Welle wieder zerstört wurden. Aber sie ließen sich nicht abhalten, immer neue Wälle zu bauen, in der Hoffnung, daß einmal ein Wall das Meer aufhalten könne. Sind wir nicht alle ewige Kinder …?

12
    Mahmud wurde am Morgen geweckt zu einer Zeit, in der sonst niemand kam. Ein Offizier stand an seinem Bett und rüttelte ihn. Als Mahmud die Augen aufriß, wußte er, daß für ihn die Stun de gekommen war, in der die Sonne für immer versinken würde.
    Mahmud ibn Sharat stand auf und wollte seinen Burnus umlegen, aber der Offizier nahm ihm wortlos das weite Gewand ab und warf es in eine Ecke.
    »Hose und Hemd genügen«, sagte er teilnahmslos.
    Mahmud nickte. Er sah auf die gekalkte Mauer und senkte den Kopf. Dort hatte er gestern mit einem Holzspan neben den Sprüchen seiner Vorgänger auch sein Vermächtnis hinterlassen. Es war wenig, was er zu sagen hatte.
    »Ich sterbe wie ein Vieh«, hatte er in den Mörtel geritzt. »Und ich war doch nur ein Mensch wie alle anderen! Allah, sei mir gnädig.«
    Im Flur warteten vier Soldaten. Sie nahmen Mahmud in ihre Mitte, führten ihn durch den langen dumpfen Kasemattengang, eine Treppe hinauf. Erst jetzt erkannte Mahmud, daß er unter der Erde gelebt hatte und das Fenster hoch oben an der Decke nur wenig über dem Wüstenboden lag. Daher die deutlichen Geräusche, die Stimmen, das Pferdewiehern.
    Als sich eine Tür
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