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Bei Null bist du Tod

Bei Null bist du Tod

Titel: Bei Null bist du Tod
Autoren: Iris Johansen
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Eins
    Aberdeen, Schottland
    Den Schlüssel finden.
    Es war stockfinster im Hotelzimmer, aber er wagte nicht Licht zu machen. Leonard hatte ihm gesagt, Trevor und Bartlett würden sich gewöhnlich eine Stunde lang im Restaurant aufhalten, doch darauf konnte er sich nicht verlassen. Grozak kannte Trevor seit Jahren und er wusste, dass dessen Instinkte noch genauso ausgeprägt waren wie damals, als er als Söldner in Kolumbien gewesen war.
    In spätestens zehn Minuten würde er hier verschwinden.
    Der Strahl seiner Taschenlampe huschte durch das Zimmer, das so steril und unpersönlich war wie die meisten Hotelzimmer. Als Erstes würde er sich die Schreibtischschubladen vornehmen.
    Lautlos ging er zum Schreibtisch hinüber und zog eine Schublade nach der anderen auf.
    Nichts.
    Noch fünf Minuten.
    Er öffnete die Nachttischschublade. Ein Notizblock und ein Bleistift.
    Den Schlüssel finden. Die Achillesferse. Jeder hatte eine Schwachstelle.
    Das Badezimmer.
    Nichts in den Schubladen.
    Der Kulturbeutel.
    Bingo!
    Vielleicht.
    Ja. Ganz unten in der Kulturtasche lag ein kleines, abgegriffenes Lederetui.
    Fotos von einer Frau. Notizen. Zeitungsausschnitte mit Fotos von derselben Frau. Grozak war enttäuscht. Nichts über MacDuff’s Run. Nichts über das Gold. Nichts, das ihm weiterhalf. Verdammt, er hatte gehofft – Moment. Das Gesicht der Frau kam ihm irgendwie bekannt vor.
    Keine Zeit, die Zeitungsausschnitte zu lesen.
    Er nahm seine Digitalkamera aus der Tasche und begann, die Artikel abzufotografieren. Später würde er die Fotos an Reilly mailen, um ihm zu zeigen, dass er etwas besaß, womit er Trevor in der Hand hatte.
    Aber das würde Reilly möglicherweise nicht zufrieden stellen. Er musste sich wohl oder übel noch einmal im Zimmer umsehen und die Reisetasche durchsuchen.
    Unter dem Verstärkungsboden der Reisetasche fand er einen abgegriffenen Zeichenblock.
    Wahrscheinlich nichts Brauchbares. Hastig blätterte er ihn durch. Gesichter. Nichts als Gesichter. Er hätte sich nicht damit aufhalten sollen. Trevor würde jeden Augenblick in sein Zimmer zurückkommen. Nichts als Zeichnungen von Kindern und alten Leuten und von diesem Scheißkerl – Verdammt.
    Treffer!
    Den Zeichenblock unter den Arm geklemmt, verließ er das Zimmer. Er war so begeistert, dass er sich fast wünschte, Trevor auf dem Korridor über den Weg zu laufen, dann könnte er ihn gleich umlegen. Andererseits würde das den ganzen Spaß verderben.
    Jetzt hab ich dich in der Hand, Trevor.
     
    Der Sensor in Trevors Hosentasche vibrierte.
    Trevor zuckte zusammen. »Verflucht.«
    »Was ist?«, fragte Bartlett.
    »Vielleicht gar nichts. Jemand ist in meinem Zimmer.« Er warf ein paar Münzen auf den Tisch und stand auf. »Könnte das Zimmermädchen sein, das das Bett macht.«
    »Aber das bezweifelst du.« Bartlett folgte ihm in den Aufzug. »Grozak?«
    »Wir werden sehen.«
    »Eine Falle?«
    »Unwahrscheinlich. Er will mich umlegen, doch das Gold ist ihm noch viel wichtiger. Wahrscheinlich sucht er nach einem Lageplan oder sonstigen brauchbaren Informationen.«
    »So was würdest du doch aber nie in deinem Hotelzimmer liegen lassen.«
    »Das kann er nicht mit Sicherheit wissen.« Trevor blieb vor seiner Zimmertür stehen und zog seine Pistole. »Warte hier.«
    »Kein Problem. Falls du umgebracht wirst, muss schließlich jemand die Polizei verständigen. Diese Pflicht übernehme ich gerne. Aber falls es doch das Zimmermädchen ist, legt man uns vielleicht nahe, die Unterkunft zu wechseln.«
    »Es ist nicht das Zimmermädchen. Da drin brennt kein Licht.«
    »Dann sollte ich vielleicht –«
    Trevor trat die Tür auf, glitt ins Zimmer und warf sich auf den Boden.
    Kein Schuss. Keine Bewegung.
    Er kroch hinters Sofa und wartete, bis seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
    Nichts.
    Er schaltete die Lampe auf dem Tischchen neben dem Sofa an.
    Es war niemand zu sehen.
    »Darf ich reinkommen?«, fragte Bartlett. »Ich fühle mich ein bisschen einsam hier draußen auf dem Flur.«
    »Warte noch einen Augenblick. Ich will mich vergewissern …« Er sah erst im Schrank, dann im Bad nach. »Okay, kannst reinkommen.«
    »Sehr schön. Es war übrigens interessant, wie du durch die Tür gestürmt bist wie Clint Eastwood in einem Dirty-Harry-Film.« Vorsichtig betrat Bartlett das Zimmer. »Aber ich frage mich doch, warum ich hier meinen kostbaren Hals riskiere, anstatt gemütlich in London zu sitzen.« Er blickte sich um. »Scheint alles in Ordnung zu sein.
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