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Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen

Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen

Titel: Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen
Autoren: Luc Bahl
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Schweißgebadet fuhr er hoch. Noch krallten sich die schrecklichen Bilder in seinem Gedächtnis fest, obwohl er jetzt die Augen offen hatte. Er war wach, sah die fremdartige Umgebung, die Gästekabine, die ungewohnte Einrichtung und sah gleichzeitig das bösartige Flackern der rennenden, tanzenden Flammen, die ihre feurigen Arme ausstreckten, um ihre bedauernswerten Opfer einzufangen. Es sah aus, als spielten diese brennenden Wesen mit den panisch hin und her Flüchtenden, ließen sie absichtlich dann und wann wieder laufen, ein paar Schritte entkommen, nur um kurz darauf umso heftiger ihre Glutkrallen in das mürbe Fleisch zu graben.
    Bruder William schüttelte heftig den Kopf. Er atmete so schnell und hechelnd, als sei er kilometerweit gerannt. Und obwohl ihm allmählich Stück für Stück wieder einfiel, wo er sich befand, wollten die anderen Eindrücke nicht weichen. Wie bei einer Doppelbelichtung lagen die Bilder der Flammenhölle hinter der Wahrnehmung der Wirklichkeit und verbissen sich in die Realität, so als befände er sich nicht nur hier an Bord der FLAMMENZUNGE, sondern gleichzeitig auch auf dieser furchtbaren Welt, die nur wenige Lichtminuten von ihnen entfernt wie das Auge Gottes im All hing; bewegungslos, alles im Visier und dabei flammende, grauenerregende Blicke versprühend, die nur Qual und Verderben kannten.
    »Wie komme ich darauf, diesen Planeten mit dem Auge Gottes gleichzusetzen?«, dachte Bruder William erschrocken. Dieser abwegige Gedanke, der sich ihm aufdrängte, verwirrte ihn ebenso wie der physische Schmerz, den er vor wenigen Augenblicken in einer Weise miterlebt hatte, als wäre all das tatsächlich geschehen und nicht das Produkt eines bösen Traums. Es war, als habe ihm jemand anderes, jemand Fremdes diesen Vergleich eingeflüstert.
    »Es muss wohl eher das Auge des Teufels sein …«, ächzte er, als er sich wie gerädert aus dem Bett schwang.
    Weder jetzt noch später hätte der Christophorer sagen können, was ihn so sicher machte, dass die grausamen Bilder, die ihn im Schlaf überflutet hatten, tatsächlich von jenem mysteriösen kosmischen Phänomen ausgingen. Jene Konstellation, die die Expedition hierhin in diesen fernen Sektor der Galaxis gelockt hatte und dessen Anblick jeden von ihnen gleichermaßen fassungs- und sprachlos gemacht hatte. Fast neun Lichtjahre von der Welt der Rhukapai entfernt, war die Expedition unverzüglich zu dem Drei-Sonnen-System aufgebrochen, als die Ortungen der Schiffe tatsächlich die alten Legenden bestätigt fanden, in denen ähnliche kosmische Erscheinungen eine bedeutende Rolle spielten.
    Als die STERNENFAUST aus dem überlichtschnellen Flug durch den Bergstromraum in den Normalraum überwechselte, waren sie direkt auf die gewaltige Konstruktion zugerast, so wie ein winziges Beutetierchen geradewegs in den weit aufgerissenen Rachen eines hungrigen Jägers verfing. Doch in einer eleganten Kurve zog der Sondereinsatzkreuzer der Solaren Welten an dem Phänomen vorbei, verringerte seine Geschwindigkeit und wartete auf die Ankunft der restlichen Schiffe der Expedition. Seitdem kreisten sie in einer Ellipse langsam um die drei Sonnen. Es sah aus, als habe das seltsame, rätselhafte System sie eingefangen wie kosmische Materie, die sich im Verlauf von Jahrmilliarden zu einem neuen Planetoiden verdichten würde.
    Die Umrundung der drei Sonnen würde mindestens acht, neun Jahre dauern, wenn sie das gemächliche Tempo beibehielten und auf Kurs blieben. Das hatten sie natürlich nicht vor. Dennoch wunderte sich Bruder William nicht, als die Ortungsabteilung der WEITEN REISE, des Würfelraumers der Shisheni, kaum dass er als Letzter in dem System materialisierte, den übrigen Expeditionsteilnehmern diese Berechnung übermittelte.
    Niemand von ihnen hatte mit diesem Anblick, der ihnen allen zumindest vorübergehend die Sprache verschlug, gerechnet. Die Ortungsdaten hatten zwar schon frühzeitig die außergewöhnliche Form der kosmischen Konstellation verraten, aber es war eben doch etwas ganz anderes, wenn man sie zum ersten Mal mit eigenen Augen sah.
    Eigentlich war es nicht ungewöhnlich, dass ich an ein göttliches Auge denken musste , überlegte William, als er sein Gesicht mit kaltem Wasser abspritzte, um endgültig wach zu werden. Die unangenehme Überblendung der Wirklichkeit mit den Bildern seines Alptraums ließ in dem Moment nach, als das klare Wasser seine Haut benetzte. Die Bilder verschwanden zwar aus der unmittelbaren Wahrnehmung, doch sie
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