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Das Herz des Loewen

Titel: Das Herz des Loewen
Autoren: Suzanne Barclay
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will ich erst einmal mit meiner Gemahlin schlafen, in einem richtigen Bett.“

EPILOG
    Am 30. September, einen Tag nach Michaelis, schien die Sonne, aber die kühle Luft kündigte bereits den Winter an. Ross holte tief Atem. Normalerweise fürchtete er die Monate, in denen ihn das schlechte Wetter in den Mauern von Carmichael Castle festhielt und ein Mann nichts Vernünftiges anfangen konnte. Doch diesmal würde er die kalte Jahreszeit mit seiner jungen Frau verbringen, und darauf freute er sich.
    „Bist du müde, mein Junge?“, fragte sein Vater, als sie unter dem eisernen Fallgitter hindurchgingen und den Innenhof betraten.
    „Aye“, gab Ross zu. Aber es war eine angenehme Müdigkeit, nach langen Stunden auf den Feldern, wo er das Einbringen der Ernte beaufsichtigt hatte. Gerste und Hafer füllten die Scheuern, Hagebutten, Beeren, Nüsse und Äpfel waren gepflückt. In den großen Fässern der Brauerei gärte das Ale, das Fleisch des geschlachteten Viehs wurde gepökelt oder geräuchert. Die Tiere, die man noch nicht für schlachtreif befand, sollten die Stoppelfelder abgrasen.
    „Es war eine gute Idee von dir, eine Windmühle bauen zu lassen“, meinte Lionel.
    Verblüfft blieb Ross stehen. Über Sinn und Zweck einer solchen Mühle hatten sie lange und verbissen gestritten.
    „Schau nicht so drein!“, murmelte der Laird. „Ausnahmsweise habe ich mich mal geirrt.“
    Und warum ernennst du mich noch immer nicht offiziell zu deinem Erben, wollte Ross fragen, doch ihm bangte vor der Antwort. Und so spielte er weiterhin die Rolle von Lionels Stellvertreter. Am Vortag, als alle Carmichaels von nah und fern ins Schloss gekommen waren, um die Ernte zu feiern, hatte er gehofft - nein, verdammt noch mal, erwartet, sein Vater würde die große Neuigkeit verkünden.
    „Ein großartiger Anblick, unser versammelter Clan.“ Der Laird lenkte die Aufmerksamkeit seines Sohnes auf den tiefer gelegenen, grasbewachsenen Außenhof. Dort lagen, von dicken Mauern umschlossen, die Stallungen, die Garnison, die Schmiede und der Platz für die Waffenübungen. Dazwischen hatten die Besucher ihre Zelte aufgeschlagen. Schwarz-rote Carmichael-Flaggen flatterten im Wind, mit den Symbolen der einzelnen Unterclanführer.
    Voller Stolz lächelte Ross. „Ich dachte, mittlerweile wären die meisten nach Hause geritten.“
    „Wahrscheinlich sind sie noch verkatert vom gestrigen Fest. Wir haben ihnen ja einiges geboten, reichlich Speisen und Getränke, Musik und Tanz, spannende Legenden ... Da wir gerade davon reden, wo steckt unsere Meg?“
    Unsere Meg. Diese Worte erwärmten Ross’ Herz. Wie liebevoll die Familie seine Frau aufgenommen hatte ... Aber sie war ja auch überaus liebenswert mit ihrer Schönheit und Klugheit, ihrer zuversichtlichen Art und wurde geschätzt wegen ihrer fabelhaften Heilkunst. Wie ein frischer Wind verscheuchte sie die düstere Atmosphäre aus dem Schloss, wo nach Lions Tod ein beklemmender Zwist zwischen dem Laird und seinem Zweitgeborenen geherrscht hatte. Ja, es ist richtig, dass ich die Wahrheit verschweige, dachte Ross. Mit jedem Tag verringerte sich die Last seiner Lüge. „Normalerweise ist sie an ihrem ,Rattenschwanz zu erkennen, Vater.“
    „Ach ja, die Kinderschar, die ihr auf Schritt und Tritt folgt.“ Lionel lachte leise. „Und da wir das gerade erwähnen ...“ „Vater! “, fiel Ross ihm warnend ins Wort.
    Verlegen senkte der Laird den Kopf. „Nun ja, man merkt kaum noch, dass sie hinkt. Vielleicht sind auch ihre inneren Verletzungen geheilt.“
    „Das liegt in Gottes Hand.“ Inzwischen bereute Ross, dass er seinen Eltern reinen Wein eingeschenkt hatte - nur um den Vater daran zu hindern, ständig von Enkeln zu reden und Megans Herz jedes Mal von neuem zu brechen.
    Lionel seufzte, dann erhellte sich seine Miene. „Ah, da sind unsere Frauen!“, rief er und eilte bergab, zu den Tischen, die man für das Michaelisfest aufgestellt hatte.
    Als Ross ihm folgte, sah er erstaunt die Flammen, die aus den Feuerstellen loderten. Über einer drehte sich eine Rinderkeule am Spieß, über einer anderen ein Wildschwein, vor zwei
    Tagen erlegt. „Was hat sich Mama bloß dabei gedacht? Noch ein Fest, obwohl unsere Gäste bald aufbrechen werden?“
    „Die Leute müssen doch was essen.“ Mühsam unterdrückte Belustigung funkelte in Lionels Augen. Offenbar führte er irgendwas im Schilde. Aber bevor Ross Fragen stellen konnte, erreichten sie die Carmichael-Frauen. „Ah, mein kleiner Barde!“ Der Laird
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