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Das Herz des Loewen

Titel: Das Herz des Loewen
Autoren: Suzanne Barclay
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lächelte Megan an, die an einem der Tische Hof hielt und ihre Theaterpuppen auf treten ließ, von einem Dutzend Kinder umringt.
    Dass Megan die Kinder verzauberte, war längst nicht so erstaunlich wie die Begeisterung Elspeths, die ihrer Schwägerin kaum noch von der Seite wich. „Gerade führt sie das Stück von Loarn und seinen Brüdern auf, die das alte Königreich Dalriada gegründet haben“, erklärte das Mädchen im Flüsterton. „Das waren wilde Krieger, und ich glaube, wir stammen von ihnen ab.“
    „Schon möglich.“ Grinsend setzte sich Lionel zu den kleinen Zuschauern auf den Boden, und als seine Gemahlin von einer Feuerstelle herüberkam, fragte er: „Was meinst du, fließt Loarns Blut in unseren Adern?“
    „Bei einigen Familienmitgliedern ganz sicher.“ Lady Carina schaute in die Runde, und ihr Blick blieb an Kieran hängen, der in den Armen seiner Amme schlief. Nur für einen kurzen Moment erlosch ihr Lächeln. „Was Ross betrifft, möchte ich’s fast beschwören.“
    „Tatsächlich?“ Ross wandte sich zu ihr.
    Ehe sie antworten konnte, verkündete der Laird: „Nun werden wir eine ganz besondere Geschichte hören.“
    Eine Geschichte? Verwundert runzelte Ross die Stirn. Sein Vater war ein Mann der Tat, und obwohl seine Abenteuer in vielen Legenden besungen wurden, hatte er sich noch nie für Geschichten interessiert.
    Ross drehte sich zu Megan um, die ihn so eindringlich ansah, dass er erschrak. Stimmte irgendetwas nicht? Unter dem blauen Surkot, den er auf ihren Wunsch trug, begann sein Herz schneller zu schlagen. „Was ist eigentlich los?“, fragte er und trat vor, aber seine Mutter drückte ihm einen Becher Wein in die Hand und bat ihn, auf einer der Decken Platz zu nehmen, die im Gras lagen.
    Auch die anderen Carmichaels kamen näher, gefüllte Becher in den Händen, und musterten Megan erwartungsvoll.
    „Diese Geschichten scheinen ihnen ja mächtig zu gefallen“, murmelte er, als Andrew sich zu ihm setzte.
    „Warum auch nicht? Eure Frau spricht mit Engelszungen, und sie hat ein goldenes Herz.“
    Ross hob die Brauen. Welch ein überschwängliches Lob, aber Andrew war ja auch Megans glühendster Bewunderer, abgesehen von ihrem Ehemann. Nun waren sie seit zwei Monaten verheiratet, und er liebte sie inniger denn je. Und er kannte sie besser als der alte Ritter. „Sie besitzt das Herz einer Löwin, und irgendetwas hat sie jetzt vor.“ Er hoffte nur, es würde die Überraschung nicht verderben, die er ihr bereiten wollte.
    „Ich möchte die Geschichte hören, wie Comyn MacDonell von der Hand meines Sohnes gestorben ist!“, rief Lionel, und der ganze Clan stimmte lautstark zu.
    „Nein!“ Verwirrt schaute Ross zu seiner Gattin auf, und ihr beruhigendes Lächeln verfehlte seine Wirkung. Er wollte keine Erinnerungen an jenen schrecklichen Tag heraufbeschwören. Aber als sie zu sprechen begann, erkannte er, dass sie die Geschichte auf die wesentlichen Tatsachen beschränkte und nur ein bisschen ausschmückte.
    Comyn wurde als elender Bösewicht dargestellt, Ross als tapferer, ehrenhafter Held, der das an seinem geliebten Bruder begangene Unrecht wiedergutgemacht hatte. Sein endgültiger Triumph - der Ebereschenzweig, der MacDonell ins Jenseits befördert hatte - wurde mit lebhaftem Beifall bedacht. Und kein Auge blieb trocken, während Megan schilderte, wie Kieran aus der Gewalt des Wahnsinnigen befreit worden war, der ihn zum Waisenkind gemacht hatte.
    „Ross! Ross! Ross!“, jubelten die versammelten Carmichaels. Gerührt und verlegen stand er auf, um seinem Clan zuzuwinken. Dann ging er zu Megan und wusste nicht recht, ob er sie küssen oder schütteln sollte.
    Andrew ersparte ihm weitere Überlegungen, indem er seinen Arm packte. „Kommt! Wir müssen noch was erledigen“, erklärte er und führte ihn zum Rand des Fechtplatzes.
    Bestürzt starrte Ross auf seine Rüstung, die im Gras lag, und wandte sich zu Davey, der sie ihm offensichtlich anlegen wollte. „Gegen wen soll ich denn kämpfen?“
    „Gegen niemanden“, erwiderte Andrew.
    „Aber was hat das zu bedeuten?“
    „Eine Zeremonie“, flüsterte Megan, die ihm gefolgt war und beschwichtigend seine Hand drückte.
    „Ist das dein Werk?“, fragte er misstrauisch.
    „Nun ja, ich erwähnte es, als ich mit deinem Vater sprach.“
    „Zieh endlich deine Rüstung an!“, rief der Laird. „Wie lange sollen die Männer denn noch mit den Steinen dastehen?“
    Erst jetzt bemerkte Ross die Carmichaels, die kleine Felsbrocken
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