Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
Vom Netzwerk:
suchte ihren Mund. Spürte ihre Hände da, wo er es mochte. Ließ sich fallen wie sie.
     
    Fast zwölf Stunden später, gegen halb elf am folgenden Morgen, beschwerte sich das Zimmermädchen des Albatros, dass sie noch immer nicht auf 235 aufräumen konnte. Sie habe laut geklopft, aber die Deutsche hätte einfach nicht reagiert.
    Nach kurzem Nachdenken rief Cornelius Dijkstra, der Besitzer des Hauses, seinen Sohn, der im Schankraum Gläser polierte. Er stieg mit ihm in den zweiten Stock hinauf und eilte den langen Flur hinab, an dessen Ende die Frau wohnte.
    Als Dijkstra mehrere Male geklopft und schließlich gerufen hatte, stieß ihn der Sohn an. Er deutete auf einen roten Blechkasten, der in Kopfhöhe zwischen Zimmertür und Notausgang hing. Gewöhnlich wurde hier der Schlüssel zur Feuertreppe aufbewahrt. Doch der Haken hinter der dünnen Glasscheibe war leer. Dijkstra atmete tief durch und öffnete.
    Die Frau war da.
    Sie lag, die Füße zur Tür ausgestreckt, quer über dem unteren Ende des Betts. Sie trug einen himmelblauen Morgenmantel, dessen Gürtelenden nicht zugebunden waren. Ihr rechter Arm hing zum Boden hinab, die unnatürlich geröteten Augen blickten starr zur Decke. Im Bereich des Kehlkopfes befanden sich zwei breite, unschöne Flecken.
    Die Sonntagszeitungen feierten den ersten Mord auf der Insel seit 180 Jahren.

2
     
     
    Stirn und Schultern des Mannes waren schweißüberströmt. Er ballte die Fäuste, und seine Oberarme schwollen zu kiloschweren Paketen. Die grauen Augen funkelten, als müsse er mit bloßen Händen gegen einen Leoparden kämpfen.
    Dann packte er zu. Aber statt einer Raubkatze erwischte er nur den Stiel einer alten Schaufel. Zornig stieß er sie in den Rachen eines Eisenbottichs, der mit grauem Kleister gefüllt war …
    Erbarmungslos wie Holger Saales Drehbuch war auch die Stimme, die das Drama kommentierte: »Maloche. Methode Mittelalter. Zeitraubend, schmutzig, schwer. Ihre Arbeitskraft ist dafür viel zu wertvoll. Bauen Sie Ihr Heim, ohne sich zu verschleißen!«
    Bildwechsel.
    Bunte Blumen überwucherten den Schuttplatz in der Wüste. Eine Fata Morgana in Blond schwebte heran. Prallgefülltes T-Shirt, kurzer Jeansrock, knackige Waden. Scheinbar mühelos schob sie eine Mörtelmischmaschine ins Bild. Ihre roten Krallen touchierten einen Hebel, die Trommel begann zu rotieren.
    Nahaufnahme.
    Lange, schwarze Wimpern, strahlende wasserblaue Augen, Lippen aus dem Kosmetik-Lehrbuch. Schneeweiße Zähnchen blitzten auf.
    »Müllers Mischmaschinen – ja, die mach ich an!«, hätte Karin Jacobmayer nun hauchen sollen. Doch ihr Mund blieb stumm.
    »Verdammt und zugenäht!«
    Magers Pranken prügelten das Mischpult. Das Bild auf dem Monitor versackte, das Videoband spulte zurück.
    »Kannst du mir verraten, wie viele Anläufe du noch brauchst?«, fauchte er. »Ein Dutzend? Zwei?«
    Der Filmstar rieb sich die Augen und grübelte. Statt der gelben Perücke trug sie wieder ihre rostroten Naturlocken, aber das machte es auch nicht besser. Schließlich gähnte sie, hob die Schultern und verkündete: »Für neun Uhr morgens kommt der Schnitt einfach zu schnell!«
    »Tinnef!«, grunzte Mager. »Hier kommt gar nichts zu schnell. Wir machen Werbung, Mäuschen! Das ist was anderes als Vom Winde verweht ! Das geht zack-zack oder gar nicht!«
    Er langte nach der Kiste mit den Selbstgedrehten, fischte ein besonders schönes Exemplar heraus und schob es sich zwischen die Lippen. Als die Zigarette qualmte, versuchte er es auf die sanfte Tour.
    »Komm schon! In fünf Minuten haben wir das Ding im Kasten. Wenn die Trommel startet, holst du Luft, und dann klappt es. Okay?«
    »Nein!«, bockte die Rote.
    »Wie bitte?«
    »Nein!«
    »Und warum nicht?«
    »Weil der Text ganz einfach beknackt ist …«
    Mager stöhnte. In Gedanken zählte er bis zehn. Dann schwenkte er seinen Sessel herum und beugte sich so weit vor, dass seine lange, bebrillte Nase fast ein Loch in ihre linke Backe bohrte.
    »Jetzt hör mir mal gut zu! Ob der Text beknackt ist oder nicht, steht nicht mehr zur Debatte. Der ist mit diesem Baumarktheini so abgekaspert, und so bleibt er auch! Zur Debatte steht aber, dass wir von diesem Kunstwerk bis Montag fünf Kopien ziehen und abliefern müssen. Dafür fahren wir dann echte Kohle ein. Und von dieser Kohle muss ein halbes Dutzend Leute leben: Saale, Susanne, ich, meine Familie, die Stadtsparkasse und neuerdings auch du. Noch Fragen?«
    Mit mahlenden Backenzähnen starrte die Rote auf das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher