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Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
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Spuren geben …«
    »Nichts«, sagte Hänsel. »Genauer gesagt: Sie haben einen Knopf von einer Wehrmachtsjacke gefunden. Mehr nicht …«
    »Der perfekte Mord«, sagte Steigerwald und griff zu Pfeife und Tabaksbeutel. Hänsel rieb mit Spucke an dem Joghurtfleck herum, Brennecke trommelte mit den Fingernägeln ein langsames, trostloses Solo auf ein Regalbrett, und die Langer starrte die Buntnessel an, die auf der Fensterbank wucherte.
    Lohkamp schlug seufzend die Akten mit dem vorformulierten Abschlussbericht auf. Der bisher letzte Satz lautete: … ist die Täterschaft des Uwe Gellermann im Falle Michalski unseres Erachtens schlüssig nachgewiesen. Was seinen eigenen Tod vom 28. September d.J. angeht, so haben sich trotz der Hinweise der Zeugen Mager und Saale keine Beweise für die These finden lassen, dass er anders als durch Suizid ums Leben gekommen ist.
    Er schüttelte noch einmal den Kopf und klappte den Ordner geräuschvoll zu: »Herr Hänsel?«
    »Ja?« Die Finger des Oberkommissars fielen jäh von der Krawatte herab.
    »Seien Sie so nett: Tippen Sie noch eine Bemerkung darunter, dass die letzten Ermittlungen von Rijkspolitie an der Sachlage nichts geändert haben. Heften Sie Ihre Übersetzung dazu und legen Sie mir das Zeug morgen früh zur Unterschrift vor.«
    Er stand auf, reckte sich und griff zur Jacke: »Brennecke, du kommst mit!«
    »Wohin?«
    »Krebsvorsorgeuntersuchung …«
    »Aber da war ich …«
    Brennecke begriff und stand auf. Ehe er den Raum verließ, warf er Steigerwald seinen Wagenschlüssel zu: »Schließ den besser bei dir ein. Und ruf meine Mutter an: Es wird spät …«

50
     
     
    Rund achtzehn Kilometer Luftlinie von Lohkamps Büro entfernt saßen Susanne Ledig und Karin Jacobmayer mit geröteten Augen vor den Monitoren im PEGASUS-Studio. Seit dreimal sechs Stunden bemühten sie sich, das Datteln-Video fertigzuschneiden. Sie fühlten sich wie gerädert und hätten am liebsten aufgehört. Susannes Bett war nur knappe zwei Meter entfernt und auf dem kurzen Umweg über das Treppenhaus erreichbar. Aber sie dachte nicht daran, einfach aufzugeben und die Decke über den Kopf zu ziehen.
    Während Karin vor allem wegen der in Aussicht gestellten Erfolgsprämie von fünf Blauen durchhielt, gab es für Susannes Hartnäckigkeit mindestens zwei Gründe: Der erste war die Sorge um die Bezahlung des lukrativen Auftrags – am selben Tag lief die letzte Abgabefrist ab, und neben dem Honorar standen fünf weitere Tausender von Firmen in Aussicht, deren Leuchtreklamen und Lieferwagen im Bild auftauchten.
    Der zweite Grund hing, mit Filzstift auf ein Stück Papier geschmiert, noch immer an der Studiotür. Es war eine kurze Mitteilung, die Saale und Mager hinterlassen hatten, ehe sie am Abend zuvor verschwunden waren: »Hier wird gestreikt.«
     
    In der Bochumer Prinz-Regent-Straße, gegenüber der alten Zeche gleichen Namens, parkte seit rund achtzehn Stunden ein roter Lada-Kombi. Die beiden Insassen des Fahrzeugs waren aber längst weitergezogen. Als die Zeche dichtgemacht hatte, waren sie mit dem Taxi in die Innenstadt gefahren, nach zwei, drei Zwischenstationen früh morgens in die Kantine des Großmarkts vorgedrungen und von dort in die Bahnhofskneipe übergewechselt. Als die Nacht endgültig vorüber war, hatten sie sich für längere Zeit in einem etwas feudaleren Café am Dr. Ruer-Platz breitgemacht und standen nun, nach einem kleinen, aber erfrischenden Spaziergang, vor Bochums berühmtester Würstchenbude, wo sie ihr Mittagsmahl einnahmen – leicht schwankend, aber im Prinzip aufrecht.
     
    Sehr viele Kilometer weiter saß, ebenfalls um diese Mittagsstunde, ein nicht sehr großer, aber kräftig gebauter Mann Ende der vierzig an seinem Schreibcomputer und bereitete einen Artikel für die nächste Ausgabe des Vlieland Magazine vor. Neben der Tastatur lag eine ältere Ausgabe derselben Zeitschrift. Unter der Schlagzeile »Der letzte Mord auf Vlieland« war da die Geschichte des Eynte Harmens aufgezeichnet, der im Jahre 1807 die Witwe Jannetje Prangers beraubt und erschlagen hatte.
    Der Mann zögerte einen Augenblick – die ersten Sätze sind immer die schwersten. Womit anfangen? Dass man noch immer nicht wusste, wer die Tote war? Dass die Recherche tagelang in den Büros über ihrem Grab getagt und ermittelt hatte?
    Schließlich setzten sich seine Finger in Bewegung, und auf dem Bildschirm erschien der Satz: »Es ist leider an der Zeit, die Chronik unserer schönen Insel um ein sehr
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