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Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes

Titel: Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes
Autoren: Harald Evers
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Prolog
Lakorta
    D ie Tage waren grau und einsam, und sie vergingen wie zäher Brei.
    Er saß in seiner kalten Stube, hoch droben in einem der turmartigen Häuser von Savalgor, und starrte durch das schmutzige kleine Fenster hinaus auf die Stadt. Seine Augen lagen tief in den Höhlen, als wollten sie die Welt nur mehr aus dem Verborgenen heraus beobachten. Das von harten Falten durchzogene Gesicht zeugte von etlichen Lebensjahren in verantwortlicher Position. Es schien lange her, dass sein Mund – strichdünne Lippen, von grauen Bartstoppeln eingerahmt – zum letzten Mal gelächelt hatte.
    Seit geraumer Zeit wiesen die Mundwinkel abwärts wie in immerwährendem Verdruss und bar jeder Hoffnung, je wieder bessere Zeiten zu erleben. Wie viele Tage er schon hier war, wusste er nicht zu sagen.
    Das kleine Fenster, vor dem er saß, war sein Auge zur Welt geworden; in den letzten Wochen hatte er Spektakuläres, ja fast Unglaubliches durch die vier kleinen, halb blinden Scheiben gesehen, Dinge, die er so nicht erwartet hatte. Und sein Ohr zur Welt war die geschwätzige alte Vettel, die ihm täglich Wasser und sein Essen heraufbrachte. Was sie ihm alles zugetragen hatte, war nicht weniger abenteuerlich gewesen.
    Inzwischen war es in der Stadt wieder ruhiger geworden, aber er saß immer noch hier. Er suchte nach einem Grund aufzustehen. Einem Grund, hier nicht für alle Zeiten sitzen zu bleiben und zu vertrocknen; verstoßen von den Menschen und vergessen von der Welt. Was bot ihm das Leben noch für Möglichkeiten? Was gab es für ihn noch zu tun? Er war schmählich verjagt worden – in der Stunde, die eigentlich sein Triumph hätte sein sollen, und dazu noch von einem guten alten Freund. Alles, was danach geschehen war, was er durch sein Fenster gesehen und von der Alten gehört hatte, schien nur zu bestätigen, dass seine Gegner im Recht gewesen waren. Besonders dieses dreimal verfluchte Weibsbild Leandra.
    Doch er wusste, dass dem nicht so war. Es war einer der Vorzüge des Alters, dass man Klarblick erlangte und die Dinge im Licht der Wahrheit betrachten konnte. Was halfen stolze Parolen und eitle Ziele, wenn einen die schlichte Wahrheit zuletzt doch einholte – auch wenn man einen vermeintlich großen Sieg davongetragen hatte? Selbst seine Feindin Leandra hatte das lernen müssen.
    Er hatte durch sein Fenster miterlebt, wie die Schiffe der Fremden über die Stadt gekommen waren, kaum dass die neue Shaba mithilfe ihrer lächerlichen Hochzeit den Thron bestiegen hatte.
    Chaos war über die Stadt hereingebrochen. Die Drakken waren mit ihren Flugschiffen gekommen und hatten die Menschen versklavt – genau so, wie er es vorausgesehen hatte. Dass es Leandra und ihren Kumpanen gelungen war, die Hilfe der Drachen zu gewinnen und die Eindringlinge zu besiegen, war zwar eine beachtliche Tat, das musste selbst er zugeben. Aber es änderte im Grunde gar nichts, denn die Drakken existierten immer noch irgendwo dort draußen im All, und er wusste, dass sie eines Tages wiederkommen würden, und wenn es nur aus Rache sein würde.
    Er wandte den Kopf, als er Schritte auf der schmalen, steilen Stiege vernahm, die in sein verstecktes Zimmer heraufführte.
    Nicht einmal die Drakken hatten ihn hier oben aufgestöbert.
    Ein kurzes, energisches Klopfen ertönte. Es war Quira, die Alte; sicher brachte sie das Essen.
    Wahrscheinlich wieder irgendeine dünne Suppe. Er überlegte, ob er sie vielleicht gar nicht hereinlassen sollte. Doch sein Magen knurrte, und er war magerer, als es gesund für ihn gewesen wäre. Mit einem unwilligen Seufzen erhob er sich, tappte gebeugt zur Tür und öffnete sie.
    »Ihr seht schlecht aus«, brummte die kleine, rundliche Frau und drängte sich mit einem Tablett in der Hand herein.
    Missgelaunt verfolgte er ihren Weg durchs Zimmer, wo sie das Tablett auf der Kommode abstellte, dem einzigen richtigen Möbel im Raum. Vor Tagen hätte sie noch »Ihr seht schlecht aus, Meister Lakorta!« gesagt. Aber dieses Minimum an Respekt war inzwischen wohl auch schon verloren gegangen.
    Sieh dich anl, sagte er sich bitter. Ist an dir irgendetwas, wovor man Respekt haben müsste? Nicht einmal dein Name ist echt. Als hatte die Alte seine stumme Selbstkritik gespürt, maß sie ihn mit ihren typischen vorwurfsvollen Blicken. »Ihr solltet hier wenigstens einmal täglich lüften, Meister Lakorta.«
    Ah, dachte er, als er den Namen hörte.
    »Soll ich Euch nicht langsam einmal frische Bettwäsche aufziehen? Oder Euch eine neue Robe
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