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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor
Autoren: Charles Stross
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oben in einem Meeting sitzt, ist durchaus in der Lage,
SCORPION STARE auf zahlreiche Videoüberwachungssysteme auf einmal zu
überspielen. Deshalb müssen wir das Basisnetzkabel des Intranets außer Gefecht
setzen, um ihn aufzuhalten. Das wäre normalerweise kein großes Problem, wenn es
sich hier um eine gewöhnliche Regierungsbehörde handeln würde, was aber nicht
der Fall ist. Dies hier ist die Wäscherei, und sie verfügt über diverse Sicherheitsmaßnahmen
der besonderen Art. Manche von ihnen kennen nur eine Methode, uns zu stoppen – nämlich
uns zu fressen.«
    »Uns fressen.« Josephine sieht jetzt ein wenig
verstört aus. »Habe ich bereits erwähnt, dass ich keine Kopfgeldjägerin bin?
Dafür ist die Rekrutierungsabteilung zuständig.«
    »Keine Sorge«, erwidere ich beruhigend. »Haben Sie den
Film Die Nacht der lebenden Toten gesehen? Ja? Da drin ist es ähnlich,
nur dass wir dazu berechtigt sind, hier zu sein.« Mir kommt auf einmal ein
Gedanke. »Sie sind Polizistin. Sind Sie an der Waffe ausgebildet?«
    »Was glauben Sie denn?«, antwortet sie trocken und
zückt blitzschnell eine Pistole. »Nächste Frage.«
    »Sehr gut. Es ist nur so, dass konventionelle Waffen
Ihnen bei den Wachen der Wäscherei nicht sonderlich viel nützen. Sie sind
bereits … wie soll ich sagen … metabolisch behindert … Aber um die
Sicherheitskameras abzuschießen, ist diese Waffe natürlich perfekt geeignet.«
    »Okay. Ich verstehe. Wir gehen da jetzt rein und
dürfen keiner Kamera vor die Linse laufen.« Josephine steckt die Pistole wieder
ein und sieht mich von der Seite an. Zum ersten Mal seit dem Polizeiparkplatz
erkenne ich weder Abneigung noch Wut in ihrem Blick. Vielleicht wundert sie
sich, warum ich nicht zurückgeschreckt bin, als sie die Waffe gezogen hat. (Die
Antwort liegt auf der Hand: Im Vergleich zu dem, was uns dort drin erwartet,
wäre ein Extraluftloch im Hinterkopf eine recht angenehme Art, diese Welt zu
verlassen.) »Sobald wir uns im Inneren des Gebäudes befinden, lenken Sie die
Zombies ab, während ich die Kameras zerstöre. Habe ich das richtig verstanden?«
    »Ganz genau. Und dann kümmere ich mich darum, wie wir
die Hauptsicherung, das Notstromaggregat, den Dieselgenerator und die Batterien
für das Telefonsystem auf einen Schlag unschädlich machen können, und zwar
bevor jemand merkt, was wir vorhaben. Oh, und zwischendurch werden wir uns wohl
noch einiges vom Hals halten müssen. Alles klar?«
    »Klar wie Kloßbrühe.« Sie starrt mich an. »Ich habe
schon immer davon geträumt, eines Tages ins Fernsehen zu kommen. Aber irgendwie
hatte ich mir das anders vorgestellt.«
    »Tja, man kann nicht alles haben.« Ich schaue an der
Fassade des Gebäudes hoch, das bis zum dritten Stock fensterlos ist (und die
Fenster ab der dritten Etage führen zu leeren, einen knappen Meter tiefen
Räumen und dienen nur dazu, den Anschein zu erwecken, es würde dort
gearbeitet). »Mir wäre ein Luftangriff auf das Schaltwerk wesentlich lieber,  aber
es liegt dummerweise direkt zwischen einem Krankenhaus und einem Altersheim.
Also, sind Sie bereit?«
    Josephine nickt. »Alles klar.« Ich trete hinter dem
Müllcontainer hervor und klopfe an die Tür.
    Die Tür ist eine gesichtslose, blau gestrichene
Platte. Als ich sie berühre, öffnet sie sich lautlos – nein, sie ächzt nicht,
wofür halten Sie das hier, für einen billigen Horrorstreifen? Dahinter liegt
ein kleiner, verstaubter Raum mit einem Feuerlöscher an der einen Wand und einer
weiteren Tür an der anderen. »Warten Sie«, flüstere ich und hole die Spraydose
aus der Tasche.
    »Alles klar, jetzt können Sie reinkommen. Haben Sie
Ihren Ausweis?«
    Josephine zuckt entsetzt zusammen, als sich die Tür
automatisch mit einem leisen Zischen hinter uns schließt. Von außen sieht sie
wie eine billige Brandschutztür aus. »Okay, jetzt wird es lustig.« Ich scanne
die innere Tür mit meinem Palmtop, der nichts Außergewöhnliches anzeigt. Also
drücke ich die Klinke herunter. Jetzt ist der Moment der Wahrheit gekommen.
Wenn das Ganze bereits völlig aus dem Ruder gelaufen ist, kommt hier nicht
einmal mehr eine Fliege durch, denn dann wird das thaumaturlogische Äquivalent
eines Dreiphasen-Spannungs-trägers mit sechshundert Volt alle Portale
versperren. Doch ich habe Glück: Mir ist ein weiterer Atemzug vergönnt, und ich
öffne den Zugang zu einem langen Korridor mit unzähligen Türen, der an einem
Treppenaufgang endet. Das ist alles – hier gibt es nichts, was
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