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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor
Autoren: Charles Stross
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und stecke es wieder
ein. Nur um sie wissen zu lassen, dass ich drin bin und alles nach Plan läuft.
Übrigens typisch Wäscherei – sie werden sogar die Handyrechnung dem Bericht
beilegen! Die Zeiten sind schon lange vorbei, als es noch spontane
Geheimaufträge gab …
    Die Räumlichkeiten der Memetix (UK) Ltd. spiegeln die
übliche Bürohölle wider: lauter gesichtslose beige Trennwände, die das
Konzerndasein in winzig kleine Würfel unterteilen. Der Kopierer thront wie ein
Altar vor einer Wand, die mit Bürodevotionalien vollhängt – unnütze Listen,
Memos, Kursangebote für den eifrigen Mitarbeiter. Ich schaue mich nach
Arbeitsplatz D 14 um. An einer Seite der Trennwand hängen Dilbert-Cartoons – wohl
Hinweis auf einen rebellisch angehauchten Geist. Bestimmt dreht das mittlere
Management seine Runden, bevor ein Besuch aus den oberen Etagen ansteht, und
reißt alle Bilder, die Unmut signalisieren könnten, von den Wänden. Ich
verspüre für einen kurzen Moment einen Anflug von Mitleid. Das arme Schwein!
Wie fühlt man sich wohl, wenn man in einer dieser Zellen im Herzen der neuen
industriellen Revolution feststeckt und nie weiß, wo der Blitz als Nächstes einschlägt?
    Auf dem Schreibtisch stehen drei Monitore – zwei
große, aber ansonsten normale, und ein ziemlich seltsam aussehendes Teil, das
schon über zehn Jahre alt sein und noch aus den Tiefen der Computerrevolution
stammen muss. Wahrscheinlich eine alte Symbolics-LISP- Maschineoder
so. Diese Antiquität würde mich zwar reizen, aber leider habe ich keine Zeit,
denn der Typ vom Sicherheitsdienst wird in genau sechzehn Minuten seine nächste
Runde drehen. Auf beiden Seiten des Schreibtisches liegen stapelweise Bücher:
Knuth, Dijkstra, Al-Hazred und weniger bekannte Namen. Ich setze mich und
rümpfe sofort angewidert die Nase. In einer der Schreibtischschubladen hat
irgendwas den Jordan überquert und das wohl schon vor einiger Zeit.
    Tastatur: Check. Root-Benutzer: Ich hole die
entwendete S/Key-Chipkarte heraus, die der Wäscherei von einem der
Memetix-Lieferanten zugespielt wurde, und gebe das Passwort in das Terminal
ein. (Einmal-Passwörter sind verdammt schwer zu knacken, aber zum Glück hat die
Wäscherei ihre Hiwis.)
    Malcolm – an dessen Tisch ich sitze und dessen
Tastatur ich gerade beschmutze – züchtet offensichtlich eine Ameisenkolonie:
Unter seinem Tisch stapeln sich ausgeschlachtete Computer und ein seltsamer
Frankenstein-Server, dessen Inneres den Elementen ausgesetzt ist und wie ein
Generator sonor vor sich hin brummt. Einen Augenblick lang suche ich panisch
nach versteckten silbernen Pentagrammen und schimmernden Runen, die sich unter
der Desktop-Oberfläche verbergen könnten. Aber alles scheint in Ordnung zu
sein. Ich befinde mich in einem Wirrwarr von Dateisystemen, die alle irgendwie
gleich wirken. Scheiße, Scheiße, Scheiße! So sah das in Hexenjagd in LA. aber
nie aus. Ich hole erneut mein Handy heraus und wähle.
    »Capital Wäscherei, wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Geben Sie mir einen Hostnamen und ein Quellenverzeichnis.
Ich bin zwar drin, weiß aber nicht weiter.«
    »›auto – Slash – share – Slash – fs – Slash
– scooby – Slash – netapp – Slash – user – Slash – home – Slash – malcolm – Slash
– großes R – Slash – catbert – Slash – world – Unterstrich – domination – Slash
– manifesto‹«
    Ich tippe so schnell, dass meine Finger fast ins
Stolpern geraten. Ein leises Klicken ist zu hören. Der Frankenstein-Server kann
jetzt auf Scoobys riesige Dateienmatrix zugreifen, um die am dämlichsten
benannte Datei des gesamten Firmen-Intranets zu finden.
    »Einen Augenblick … Ja, ich hab’s!« Ich schaue mir das
verdammte Ding genauer an und lese: Überlegungen hinsichtlich eines Beweises
für die Polynom-Ganzheit bei Hamiltonischen Netzwerken. Rasch überfliege
ich den Text. Er sieht echt aus. »Volltreffer.« Plötzlich spüre ich den
unangenehmen Schweißfilm, der sich auf meinem Rücken gebildet hat. »Ja, das ist
es. Und tschüss.«
    »Tschüss.«
    Ich klappe das Handy zu, starre auf den Text. Kurz
zögere ich.
    Das Arschloch in mir übernimmt für einen Moment das
Kommando, und ich hacke schnell einen Befehl in die Tastatur, um die belastende
Datei an meine persönliche Emailadresse zu schicken. Auf diese Weise kann ich
sie später in Ruhe lesen. Dann ist es an der Zeit, den Server in Rauch aufgehen
zu lassen und die Datei ins digitale Jenseits zu befördern. Falls
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