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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor
Autoren: Charles Stross
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sonst noch was?«
    »Glaube nicht«, murmelt er und steht auf. »Aber wie
hat es dir eigentlich gefallen, zur Abwechslung einmal rauszukommen?«
    »Es war nass.« Ich erhebe mich ebenfalls und strecke
mich. »Davon abgesehen, war es natürlich mal was anderes. Aber ich warne euch.
Ich meine das mit dem Aufschreiben der Überstunden ernst, falls das jetzt öfter
passieren sollte. Das mit den Fröschen war nämlich kein Witz.«
    »Vielleicht wird das jetzt tatsächlich öfter
passieren, vielleicht aber auch nicht.« Er klopft mir freundschaftlich auf die
Schulter. »Du hast dich gestern Nacht gut geschlagen, Bob. Und ich kann deine
Schwierigkeiten mit Harriet verstehen. Zufälligerweise ist nächste Woche noch
ein Platz in einem Trainingsseminar frei. Das würde dich eine Zeit lang außer
Reichweite bringen, und ich könnte mir außerdem vorstellen, dass es dir
gefällt.«
    »Ein Trainingsseminar?« Ich schaue ihn leicht     überrascht
an. »Zu welchem Thema? Für die Windows NT-Systemadministration?«
    Er schüttelt den Kopf. »Computerisierte Dämonologie
für Anfänger.«
    »Aber ich habe doch schon –«
    »Ich erwarte nicht, dass du da irgendetwas Neues
lernst, Bob. Es geht mir darum, dass du die anderen Teilnehmer im Auge
behältst.«
    »Die anderen?«
    Er lächelt müde. »Du bist es doch, der in den
aktiven Außendienst wollte …«
     
    Wir sind nicht allein, die Wahrheit liegt da draußen,
blablabla. Diese Art von esoterisch angehauchter Panikmache ist meist totaler
Humbug … außer dass in jedem erfundenen Apfel tief im Kerngehäuse ein kleiner
Wurm von Wahrheit steckt. Es verbergen sich zwar sicher keine Außerirdischen im
Kühlraum der Army Airforce Base in Roswell, aber die Welt ist trotzdem
voller Spione, die in dein Fenster einsteigen und deine Festplatte zerstören,
falls du das falsche mathematische Theorem entdeckst. (Oder die auch
Schlimmeres machen, aber das ist ein anderes Problem, mit dem sich die
Hasenhirne vom Außendienst herumschlagen müssen.)
    Meistens funktioniert das Universum genauso, wie sich
das die Typen mit dem Dr. vor dem Namen so vorstellen. Moleküle bestehen aus
Atomen, die wiederum aus Elektronen, Neutronen und Protonen zusammengesetzt
sind – von dem die beiden Letzteren aus Quarks gebildet werden. Quarks bestehen
aus Leptoquarks und so weiter und so fort. Man könnte sagen, es stehen quasi
lauter Schildkröten aufeinander. Man kann auch nicht die längsten gemeinsamen
Primfaktoren einer Zahl mit vielen Ziffern errechnen, selbst wenn man so viel
Zeit hätte wie von jetzt bis zum Big Bang und das hoch drei. Das ginge nur mit
einem Quantencomputer (was natürlich Betrug wäre). Außerdem gibt es wirklich keine Signale von fühlenden Organismen, die in einer Arecibo-Datenbank aufbewahrt
werden und auch keine fliegenden Untertassen irgendwo in Area 51 (von
den ultrageheimen Projekten der United States Airforce einmal abgesehen,
die allerdings nicht zählen, weil sie auch nur mit Kerosin fliegen).
    Aber das ist nicht die ganze Wahrheit.
    Ich habe schon genug für mein Wissen gelitten, also
werde ich es euch auch nicht allzu leicht machen und das Ganze einfach in einem
knackigen Satz zusammenfassen. Nein, ich finde, ihr habt mehr verdient, eine
richtige Erklärung. Verdammt, ich finde, jeder hat es verdient, zu erfahren,
wie zerbrechlich die Struktur unserer Realität ist. Aber leider habe nicht ich
die Regeln gemacht, und es wäre eine VERDAMMT BLÖDE IDEE, die Sicherheitsrichtlinien
der Wäscherei nicht zu befolgen. In unserer Sicherheitsabteilung gibt es
nämlich Dinge, mit denen man lieber nicht aneinander geraten sollte – ich würde
sogar behaupten, es ist das Beste, wenn die gar nicht wissen, dass man
existiert.
    Also, wie gesagt, ich habe für mein Wissen gelitten,
und das hier habe ich dabei erfahren. Ich könnte jetzt natürlich allen
möglichen Müll über Crowley und Dee und die zahlreichen Mystiker, die es über
die Jahrhunderte hinweg gab, erzählen, aber ich will es kurz machen: Die
meisten selbst ernannten Magier wissen einen Dreck. Es ist nämlich Tatsache,
dass traditionelle Magie normalerweise nicht funktioniert. Sie wäre auch total
irrelevant, wenn es da nicht das Turing-Theorem gäbe – benannt nach Alan
Turing, den man nun wirklich kennen sollte, falls man auch nur die leiseste
Ahnung von Computern hat.
    Diese Art
von Zauberei funktioniert. Dummerweise.
    Wenn man nicht zu uns gehört, hat man auch noch nichts
von diesem Turing-Theorem gehört –
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