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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor
Autoren: Charles Stross
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schlechtes Gefühl, was den
heutigen Tag betrifft, auch wenn eigentlich keine Katastrophen bevorstehen – jedenfalls
keine angekündigten. Aber ich spüre es deutlich: Das wird einer dieser
Freitag-der-Dreizehnte-Tage, auch wenn heute ein Mittwoch, der Siebzehnte ist.
    Um mich gleich mal in die richtige Stimmung zu
bringen, gibt es eine Mail von Mhari, die mich über eine meiner geheimen
Inboxen erreicht. (Man darf sich hier nämlich nicht beim privaten Mailverkehr
erwischen lassen, weshalb ich verdammt gut aufpasse. Aber da ich die Firewall
der Abteilung installiert habe, stellt das kein größeres Problem dar.) Du asoziales
Aas, lass dich bloß nie mehr hei mir blicken. Als ob ich das wollte! Das
letzte Mal bin ich vergangenes Wochenende bei ihr gewesen. Ich habe versucht,
ihr meine staatlich subventionierte Zahnpasta wieder abzujagen. Irgendwie ist
es mir sogar gelungen, keine obszönen Beleidigungen an ihren Badezimmerspiegel
zu schmieren, so wie sie es bei mir gemacht hat, als sie meine Stereoanlage als
die ihre reklamierte. Vielleicht war ich da ein wenig nachlässig.
    Nächste Mail: Genaue Richtlinien, was Krankmeldungen
betrifft – von Harriet digital unterzeichnet und mit dem Hinweis versehen, dass
mehr als eine halbe Stunde Abwesenheit das Attest eines Arztes notwendig mache.
Am Besten gleich im Voraus. (Warum überkommt mich plötzlich das sichere Gefühl,
jeden Augenblick stechende Kopfschmerzen zu bekommen?)
    Drittens eine Anfrage von Fred aus der Buchhaltung – ein
totaler Loser, den ich idiotischerweise einmal angelächelt habe, als ich
Bereitschaftshöllendienst hatte: »Hilfe! Ich kann meine Dateien nicht mehr
finden.« Fred hat gerade mal die hohe Kunst des Ein- und Ausschaltens
gemeistert, kann aber dummerweise mit Tabellen hinreichend gut umgehen, um
unsere Gehaltsabrechnungen in Gefahr zu bringen. Als ich das letzte Mal eine
Nachricht von ihm bekam, stellte sich heraus, dass er die frühere Version einer
wichtigen Software auf seiner Festplatte reinstalliert und somit alles andere
zerstört hatte und außerdem noch die Frechheit besaß, Rundmails mit Virus
verseuchten Witzen zu verschicken. (Ich leite seine Anfrage an den
Bereitschaftshöllendienst weiter, sodass sich der Typ damit herumschlagen kann,
der gerade Dienst hat. Er wird mich zwar verfluchen, aber ihm wird nichts
anderes übrig bleiben als Fred irgendwie behilflich zu sein.)
    Ich verbringe noch einmal fünf Minuten damit, die
abgesprungene Ölfarbe an der Wand hinter meinem Monitor zu begutachten.
Irgendwie habe ich die Befürchtung, mein Kopf könnte jeden Moment platzen, und
in unserem Büro gibt es wegen verschiedenster Arbeitsplatzschutzvorschriften
nicht einmal Aspirin. Nach dem sinnlosen Fiasko von vergangener Nacht kann ich
mich heute sowieso für nichts mehr so recht begeistern, und ich habe das dumpfe
Gefühl, dass auch ein längerer Aufenthalt hier nicht helfen wird, meinen
Enthusiasmus neu zu entfachen. Außerdem habe ich mir gestern zwei freie Tage an
Überstunden verdient und darf das abfeiern. Mein Selbsthilfebuch rät mir zudem
dringend, noch länger um meinen verstorbenen Hamster zu trauern, und dieses
Scheiß-Beowulf-Cluster soll doch sehen, wo es bleibt.
    Ich logge mich also aus dem Secure Terminal aus und
verdrücke mich frühzeitig nach Hause: eure Steuern bei der Arbeit.
     
    Es ist inzwischen acht Uhr abends, und ich habe noch
immer Kopfweh. Pinky befindet sich unten im Keller und bereitet einen weiteren
Angriff auf die Gesetze der Natur vor.
    Die TV-Konsole im Wohnzimmer von Chateau Cthulhu, dem
Geek-Haus, das ich mit Pinky und Brain teile (beide arbeiten ebenfalls für die
Wäscherei), ist im Grunde Zuckerwatte fürs Hirn – der verzweifelte Versuch
Pinkys, der ständigen Bedrohung durch kreative Psychose in unserem Haushalt
Einhalt zu gebieten. Da muss er wohl zur Abwechslung mal zurechnungsfähig
gewesen sein. Zur Ausrüstung gehört ein Decoder, eine Satellitenschüssel, eine
Sony Playstation und ein selbst gebauter Web-TV-Empfänger, den Brain mal
zwischendurch in einer halben Stunde der Langeweile zusammengebastelt hat. Der
Turm thront wie eine schwarz gebürstete postmoderne Skulptur in einer Ecke,
gegenüber von einem beigen Kordsofa, und ist mit einem Kabelsalat an die
Steckdose angeschlossen. Hier können wir nach einem Tag harter Arbeit
ausspannen und für kurze Zeit die ewigen Überprüfungen von New-Age-Webseiten
(falls sie zufällig etwas Gefährliches erfunden haben sollten)
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