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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor
Autoren: Charles Stross
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Geek-Haus, und wir
arbeiten alle in der Wäscherei. Und das bedeutet, dass wir in einem echt abgefahrenen,
ja geradezu okkultistischen Geek-Haus wohnen.)
    Der Ozongeruch und das unheilvolle Knistern kommen aus
dem HT-Netzanschluss, während das Stöhnen oder vielmehr Ächzen den
Lautsprechern entspringt (schwarze Monolithen der 2001 HiFi-Engineering-Schule).
Ich schleiche auf Zehenspitzen in einem weiten Bogen um das
Stromversorgungsmodul und hebe das Mikrofon auf, das vor dem linken
Lautsprecher liegt. Dann reiße ich etwas am Kabel. Ein irrsinniger Knall
erfolgt, und das Feedback verstummt. Wo zum Teufel ist Brain? Ich schaue
mir das Netzteil genauer an. Im Inneren der Einheit flackert ein blau-weißes
Licht, das Böses ahnen lässt. Wenn wir uns in irgendeinem anderen Haus befänden,
würde ich jetzt einfach zum Sicherungskasten gehen und alles in Dunkelheit tauchen.
Aber hier stehen ein paar Kondensatoren, die es mit einer kleinen Waschmaschine
aufnehmen könnten, und ich habe keine Lust, zu versuchen, diese Dinger in einem
dunklen Keller in Sicherheit zu bringen. Ich packe den Feuerlöscher – einen
ziemlich illegalen Halon-Kanister, der in unserem Haushalt allerdings notwendig
ist – und bewege mich vorsichtig vorwärts. Der Hauptschalter, ein massiver
Messerschalter, befindet sich auf dem Gehäuse über der Stromversorgungseinheit.
Daneben steht ein Holzstuhl. Ich packe ihn an der Rückenlehne und benutze ein
Bein, um damit den Schalter umzulegen.
    Wieder gibt das Netzteil ein lautes Scheppern und
gleichzeitig einen Knall von sich. Hoppla, jetzt habe ich wohl den magischen
Rauch entlassen! Ich stelle den Stuhl wieder auf den Boden, reiße den Stift des
Feuerlöschers heraus und spritze los, wobei mir gerade noch rechtzeitig
einfällt, mich von den großen Kondensatoren fernzuhalten. (Man kann sie
übrigens mit offen liegenden Anschlüssen stehen lassen, und sie holen sich die statische
Ladung aus der Luft; wenn man sie dann eine halbe Stunde später mit einem
Schraubenzieher berührt, sollte der unbedingt einen isolierten Griff haben,
denn man wird ihn dann hundert Pro nicht mehr benutzen können. Sollte allerdings
die Isolation defekt sein, kann man sich gleich ein paar neue Finger
anschaffen.)
    Der Rauch formt einen kleinen Ring in der Luft und
erinnert an einen unnatürlich perfekt geformten Donut, wie er so direkt unter
der hin und her schwingenden Glühbirne schwebt, die als Lampe dient. Aus den
Lautsprechern ertönt in weiter Ferne ein Lachen.
    »Was habt ihr mit ihm gemacht?«, brülle ich und
vergesse dabei, dass das Mikro gar nicht an ist. Das Pentagramm auf der
optischen Bank ist zwar abgeschaltet und leer, aber daneben steht ein zugeschraubtes
Glas, auf dem ein Schildchen klebt: Staub aus der Gruß der Mumie (geh.
Winchester Road Krematorium). Man muss kein Geisterbeschwörer sein, um zu
kapieren, was das bedeutet.
    »Mit wem gemacht?«
    Ich erschrecke mich fast zu Tode. Hastig drehe ich
mich um und entdecke Pinky. Er steht im Türrahmen und schaut mich verärgert an,
während er mit einer Hand seine Jeans zusammenhält.
    »Ich habe gerade die Toilette beglückt«, erklärt er.
»Was ist hier eigentlich los?«
    Schweigend zeige ich auf das Netzteil.
    »Du hast doch nicht –« Er spricht nicht weiter,
sondern rauft sich stattdessen die dünnen Haare. »Meine Kondensatoren! Du
Idiot!«
    »Das nächste Mal, wenn du versuchst, das Haus
abzufackeln und/oder irgendein Monster ohne geeignete Abschirmung aus dem Höllenschlund
rufst, wäre es echt nett, mich vorzuwarnen. Dann kann ich mir nämlich
rechtzeitig einen Kontinent aussuchen, auf den ich flüchten will.«
    »Die haben mich am Camden Market fünfzig Mäuse
gekostet!« Er beugt sich besorgt über den Netzanschluss, allerdings nicht
besorgt genug, um ihn ohne Isolierhandschuhe anzufassen.
    »Na und? Plötzlich höre ich da oben, wie das Feedback
aufjault. Wenn du das verdammte Dinge nicht abschaltest, ehe du dem Ruf der
Natur folgst, dann solltest du dich auch nicht wundern, wenn die Natur
plötzlich aus der anderen Richtung ruft.«
    »Scheiße.« Er schüttelt den Kopf. »Kann ich mir mal
deinen Laserpointer ausleihen?«
    Ich gehe wieder nach oben, um mir die Flugzeugkatastrophe
weiter reinzuziehen. Solche Vorfälle wie der eben lassen mich ernsthaft darüber
nachdenken, ob ich mich nicht vielleicht doch nach neuen WG-Partnern umsehen
sollte. Wenn nur die Auswahl der von der Sicherheitsabteilung als clean
befundenen Mitbewohner größer
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