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Verborgene Liebesglut

Verborgene Liebesglut

Titel: Verborgene Liebesglut
Autoren: Gaylord de Woolf
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    Lautlos betrat der Diener die Bibliothek und stellte ein Tablett mit Brandy vor den beiden jungen Männern ab, die es sich in großen Ledersesseln vor dem Kamin gemütlich gemacht hatten. Es war Sitte auf Schloß Blenfield, vor dem Dinner einen Drink zu servieren.
    Kaum waren die beiden wieder alleine, seufzte Wilcox Lord Kellinghurst unwillig. „Ich weiß nicht, was mit mir los ist, Thomas. Auch dieser Tag war langweilig."
    Major Livingston schmunzelte amüsiert. Behaglich lehnte er sich zurück und blickte seinem Gegenüber offen ins Gesicht. Da es für ihn keinen Grund gab, etwas darauf zu erwidern, nahm er einen kräftigen Schluck aus seinem Glas, zündete sich eine Zigarre an und blies genüßlich Rauchwolken in die Luft. „Tja, alter Knabe, ich für meinen Teil kann nicht klagen." Wilcox Kellinghurst lachte befreit auf. Sofort nahm sein Gesicht einen heiteren Ausdruck an.
    „Du brauchst nur einen Brandy und eine gute Zigarre, und schon ist die Welt für dich in Ordnung."
    Der Major warf seinem Freund einen belustigten Blick zu.
    „Ja, du hast recht, Wilcox. Ich erwarte eben nicht, daß jeden Tag aufregende Dinge passieren. Gibt es etwas Schöneres als einen erlesenen Brandy nach einem langen Ausritt?"
    Gemeinsam mit dem Waldhüter und den Treibern hatten die beiden Freunde zu Pferd die Jagdroute für die kommende Saison abgesteckt und daraufhin beschlossen, den Abend in Ruhe zu verbringen.
    „Ich dachte, für dein Jagdrevier würdest du mehr Interesse aufbringen.” Der Major blickte seinen Freund aufmunternd an.
    Das Jagdrevier um Blenfield Park, dem Sitz der Familie Kellinghurst, galt in der Grafschaft als eines der reichsten. Es zeichnete sich nicht nur durch seine enorme Größe, sondern auch durch seinen überaus gepflegten Zustand aus.
    Den glänzenden Mittelpunkt der Ländereien bildete jedoch unumstritten Blenfield Park selbst. Auf einer Anhöhe liegend, von geschmackvollen Gartenanlagen umgeben, ragten die alten Gemäuer weithin sichtbar aus der lieblichen Landschaft Südenglands empor. Blenfield Park fand das erste Mal im späten Mittelalter Erwähnung, doch trotz seines Alters machte das Schloß einen freundlichen und einladenden Eindruck auf den Betrachter.
    „Es ist nicht so, daß ich kein Interesse an der Verwaltung meiner Güter hätte, aber ich bin der Monotonie des Landlebens so entsetzlich überdrüssig."
    Wilcox erhob sich und schritt unruhig im Zimmer auf und ab.
    „Und in London ist es auch nicht besser. Mir scheint, die Gesellschaft wird von Jahr zu Jahr uninteressanter. Ein Ball ähnelt dem anderen, und bei jeder Frau, die ich kennenlerne, habe ich das Gefühl, mich nicht mehr für sie begeistern zu können. Früher war alles anders. Früher hatten wir mehr Spaß. Sollten wir tatsächlich durch die Schrecken des Krieges unsere Leichtigkeit verloren haben, Thomas?"
    Er ließ sich in seinen Sessel fallen und betrachtete das Feuer, das fröhlich in dem prächtig umfriesten Marmorkamin vor sich hinprasselte. Während ein kühler Frühlingsregen gegen die Fenster trommelte, breitete sich in der Bibliothek eine wohlige Wärme aus, und im Halbdunkel des hinteren Raumes tanzten Schatten auf den ledergebundenen Buchrücken.
    Von allen Räumen des Hauses, das man erst vor zwei Generationen im Tudorstil hatte umbauen lassen, war Wilcox die Bibliothek mit ihrer schweren, eichenen Galerie und den griechischen Mamorstatuetten der liebste. Hier hielt er sich auf, wenn er Zeit zum Nachdenken brauchte oder sich mit seinem besten Freund zurückzog. Schon als Junge war er hergekommen, um in den Sagen der Antike zu lesen, über den kunstvoll gezeichneten Illustrationen zu träumen und den Geruch der alten Folianten einzuatmen.
    „Deine Eltern haben dir eines der größten Vermögen Englands hinterlassen, Wilcox. Weißt du, was das bedeutet? Du hast keinen Grund, Trübsal zu blasen", bemerkte Major Livingston zwischen zwei Schlucken Brandy.
    In der Tat durfte der Lord eines der größten Privatvermögen, das in der Bank von England deponiert war, sein eigen nennen. Neben den ausgedehnten Ländereien um Blenfield Park kamen zahlreiche bedeutende Immobilien in London hinzu sowie Plantagen und Weideland in den Kolonien.
    Neider behaupteten sogar, Wilcox würde hin und wieder dem Prinzregenten aus der ein oder anderen finanziellen Verlegenheit helfen. Es war ein offenes Geheimnis, daß seine Königliche Hoheit astronomische Summen in seinen liebsten Zeitvertreib, die charmante Lady Fitzherbert,
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