Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verborgene Liebesglut

Verborgene Liebesglut

Titel: Verborgene Liebesglut
Autoren: Gaylord de Woolf
Vom Netzwerk:
begann er seine Umgebung wahrzunehmen. Die Marmorsäulen leuchteten hell im Schein des Feuers auf, doch trotz der enormen Größe wirkte die Eingangshalle von Blenfield freundlich und einladend.
    ,Wie prächtig und gemütlich zugleich dieser Raum doch ist', dachte Philippe und nahm den Brandy entgegen, der ihm gereicht wurde. Instinktiv spürte er, daß er hier endlich außer Gefahr war.
    Wilcox hatte ihm gegenüber Platz genommen und betrachtete ihn interessiert. „Aber sag mir, Philippe, warum hast du die Gefahr auf dich genommen und bist nach England gekommen? Wenn du den Häschern dieses Schurken Napoleon in die Hände gefallen wärst, hätte er dich einsperren lassen!"
    „Ich mußte fliehen, Wilcox." Der junge Franzose stöhnte leise auf. „Verzeih, aber die Erinnerung an die letzten Tage quält mich." Stockend begann er zu erzählen.
    „Mein Vater, der Graf de la Cour, nahm vor wenigen Wochen an einem Bankett teil, das auf einem benachbarten Schloß zu seinen Ehren gegeben wurde. Auch Polizeiminister Fouché war anwesend, obwohl er wußte, daß mein Vater ein erbitterter Gegner der Regierung Napoleons war. Als mein Vater sich nach dem Essen in seine Gemächer zurückzog, überfiel ihn ein heftiges Fieber. Er starb noch in derselben Nacht. Diese grausame Botschaft erreichte mich erst am nächsten Tag." Er hielt kurz inne und schaute in das Kaminfeuer. „Sofort bin ich zu dem Ort des Unglücks geeilt, um mich dieser schrecklichen Wahrheit zu vergewissern. Aber schon am Portal des Schlosses erwarteten mich die Soldaten des Ministers, die mich zum Verhör nach Paris bringen sollten. Nur mit knapper Not entkam ich ihnen, und seitdem bin ich auf der Flucht. Mein Vater wurde vergiftet, dessen bin ich gewiß!" Philippe seufzte leise, und ein Beben erfaßte ihn.
    Wilcox hatte stumm zugehört. Nun blickte er auf und sagte entschlossen: „Bei Gott, niemand wird es wagen, dir ein Haar zu krümmen, solange du auf Blenfield bist. Aber wir müssen deine Identität verheimlichen."
    Tatendurstig sprang er auf und begann auf und ab zu gehen. „Ich werde einfach behaupten, du seiest ein entfernter Cousin aus Shropshire. Niemand wird Verdacht schöpfen."
    „Ich weiß, bei dir bin ich sicher. Das spürte ich, als ich dich sah." Hilfesuchend ergriff Philippe seine Hand.
    Verunsichert sah Wilcox ins Kaminfeuer. Es war offensichtlich, daß der junge Mann vor Erschöpfung außer Fassung geraten war. Sanft löste er sich aus dem Händedruck und sprach beruhigend auf seinen Gast ein. „Du solltest jetzt zu Bett gehen. Morgen, wenn du dich erholt hast, werden wir besprechen, was zu tun ist. Vielleicht hat ja Livingston eine Idee."
    „Wer ist Livingston?" fragte Philippe mißtrauisch.
    Wilcox beruhigte ihn umgehend. „Mach dir wegen Thomas keine Sorgen, der hat für euren Kaiser genausoviel übrig wie die Beduinen für Skorpione. Außerdem ist er mein bester Freund und engster Vertrauter."
    Philippe lächelte verlegen. „Verzeih, ich bin etwas mitgenommen von der Flucht."
    „Und außerdem gehörst du wirklich ins Bett." Entschieden erhob sich Wilcox und läutete. „Stanton, begleiten Sie unseren Gast in sein Schlafzimmer, und sorgen Sie dafür, daß es ihm an nichts fehlt." Auch Philippe hatte sich erhoben und folgte nun dem Diener zur Treppe. Auf dem Absatz drehte er sich um und sagte schüchtern: „Meine Mutter wollte immer, daß ich mir an dir ein Beispiel nehme. Sie hatte recht." Mit diesen Worten überließ er Wilcox, der in der Halle zurückblieb, seinen Gedanken.

2
    Als Livingston am nächsten Morgen das Speisezimmer betrat, saß Wilcox bereits am Tisch und verschlang mit großem Appetit köstlich duftende Würstchen – eine weitere Spezialität von François. Mit einem leichten Lächeln quittierte der Major dieses ungewöhnliche Verhalten. Normalerweise konnte er seinen Freund morgens kaum zu einer Tasse Tee überreden.
    ,Was eine geruhsame Nacht alles vermag', dachte der Major bei sich.
    Schwungvoll erhob sich Wilcox und trat auf ihn zu.
    „Es ist ein wunderbarer Tag heute. Wir haben viel zu erledigen, Thomas!"
    Der Major blickte seinen Freund schmunzelnd an. So fröhlich hatte er ihn lange nicht mehr erlebt.
    „Siehst du, Wilcox. Habe ich es dir nicht gesagt? Gestern abend warst du nur schlechter Laune. Heute sieht alles schon ganz anders aus. Willst du etwa den ganzen Teller da aufessen?"
    Lord Kellinghurst lachte vergnügt, während der Major fortfuhr.
    „Denk daran, daß wir den Pächtern einen Besuch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher