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Verborgene Liebesglut

Verborgene Liebesglut

Titel: Verborgene Liebesglut
Autoren: Gaylord de Woolf
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und schüttelte dem Jungen herzlich die Hand. Philippe lächelte verlegen und nahm am Tisch Platz.
    „So wie Sie aussehen, haben Sie sicher einen Bärenhunger. Greifen Sie zu!" Livingston schob ihm eine Platte mit pochierten Eiern und Würstchen hin. „Bei uns in England legt man Wert auf ein herzhaftes Frühstück." Der Major lachte. Wilcox hatte sofort beim Eintreten des Jungen bemerkt, daß dieser dunkle Ringe unter den Augen hatte. Aufmunternd trat er auf ihn zu und fragte: „Hast du nicht gut geschlafen?"
    Philippe senkte den Blick. „Ich hatte schreckliche Träume. Ich sah meinen Vater im Todeskampf, und immer wieder wurde ich von einer dunklen Gestalt verfolgt."
    Tröstend legte Wilcox dem jungen Mann seine starken Hände auf die Schultern. „Ich habe versprochen, dich zu schützen. Hier kann dir nichts geschehen. Du mußt deine finsteren Träume vergessen."
    In kurzen Worten schilderte Wilcox dem Major, was er in der Nacht über Philippes Flucht erfahren hatte. Dann wandte er sich wieder an seinen Schützling.
    „Erzähl uns genau, was nach dem Tod deines Vaters geschehen ist."
    Philippe ballte die Fäuste. „Als ich das Schloßtor erreichte, erwarteten mich die Soldaten des Polizeiministers. Man wollte mich nicht zu meinem toten Vater lassen. Statt dessen wurde ich verhört und sollte nach Paris gebracht werden. Sie schlugen mich, und nur durch eine List gelang es mir, meinen Peinigern zu entkommen. Als Bauernbursche verkleidet, gelangte ich an die Küste und versteckte mich auf einem Schiff, das Schmuggelware über den Kanal brachte. Ich hatte seit Tagen nichts gegessen." Philippe stöhnte leise. „Es waren die schrecklichsten Tage meines Lebens."
    Wilcox sprang erregt auf und warf seine Serviette zu Boden. „Diese Schurken! Man weiß, wozu diese Teufel imstande sind."
    Philippe schaute ihn hilfesuchend an. „Ja, es waren grausame Burschen, und ich weiß nicht, was aus mir geworden wäre, wenn ich es nicht geschafft hätte zu entkommen. Doch ich hatte Glück, und das Schiff trug mich sicher nach England. In einem Dorf unweit der Küste traf ich mildtätige Menschen, die mir Kleidung und Nahrung gaben. Ich tauschte meinen Siegelring gegen ein Pferd und ritt los. Aber ich wußte nicht, wohin. Doch dann erinnerte ich mich an die glücklichen Stunden, die ich bei dir auf Blenfield verbracht hatte, und so kam ich hierher. Es war die einzige Hoffnung, die ich noch hatte." Wieder blickte er Wilcox an. „Ich besitze nichts mehr, was mich an meine Heimat erinnert. Ich bin mittellos und alleine." Traurig senkte er den Blick.
    „Nein, das bist du nicht." Wilcox sprach diese Worte mit zärtlicher Stimme und ergriff die Hand des jungen Franzosen.
    Der Major räusperte sich und blickte dann den Jungen verständnisvoll an. „Ich schlage vor, wir verraten keinem etwas von deiner wahren Identität. Niemand wird dir auch nur ein Haar krümmen, solange nicht bekannt ist, wer du wirklich bist. Dank deiner Mutter ist dein Englisch akzentfrei, und es sollte nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn wir nicht einen netten Diener aus dir machen können, Philippe!" Offenherzig lachte er den Jungen an. „Ich hoffe, es macht nichts, daß ich dich beim Vornamen nenne." Philippe schenkte ihm ein offenherziges Lächeln und schüttelte den Kopf. Dann wandte Livingston sich an Wilcox. „Ein Cousin von dir würde viel zuviel Aufmerksamkeit erregen."
    „Aber was muß ich tun? Wie soll ich denn ein Diener sein? Niemals habe ich ein Tablett getragen." Verunsichert blickte Philippe zu Wilcox, der gedankenversunken den Kopf in die Hände gestützt hatte.
    „Ja, Thomas, deine Idee ist nicht schlecht. Wir können es Philippe nicht zumuten, daß er sich tagelang versteckt, doch wir dürfen ihm auch keine zu auffällige Rolle zukommen lassen."
    Mit diesen Worten wandte er sich wieder an den jungen Mann. „Insbesondere in den nächsten Tagen müssen wir auf der Hut sein. Wir erwarten Besuch von zwei Damen – sagen wir, von zwei Damen aus der Nachbarschaft, die ein besonderes Anliegen zu mir führt. Du mußt wissen, daß sie sehr neugierig sind. So ein gut aussehender Kerl wie du wird schnell ihren Blick auf sich ziehen. Vielleicht müssen wir mit dir ein wenig üben, wie man sich als richtiger Diener verhält."
    Philippe lächelte verlegen. „Ich weiß nicht, ob ich für diese Rolle geboren bin, doch man weiß nie, was für Neigungen man noch in sich entdeckt." Alle lachten, und die Ernsthaftigkeit schien für einen Moment verflogen
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