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Verborgene Liebesglut

Verborgene Liebesglut

Titel: Verborgene Liebesglut
Autoren: Gaylord de Woolf
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abstatten müssen, nachdem wir die Jagdroute abgeritten haben. Der Sturm heute nacht hat sicherlich neue Schäden angerichtet. Ich weiß allerdings nicht, ob dein Hengst dich und deinen gefüllten Magen solange tragen kann."
    Der Lord lachte. „Keine Bange, mein Bester, ich fühle mich trotz des opulenten Frühstücks leicht wie eine Feder." Die Augen von Wilcox glänzten, während er sich eine Tasse Tee einschenkte.
    Livingston beobachtete seinen Freund unauffällig. Zufrieden bemerkte er, daß Wilcox wieder in Hochform war. Doch woher kam dieser plötzliche Umschwung?
    „Erzähl mir, was dich heute so glücklich stimmt. Liegt es daran, daß du gut geschlafen hast, oder möchtest du vielleicht doch dein Gestüt erweitern? Wie ich höre, will der alte Hartfield seine Araber loswerden."
    „O nein", antwortete der Lord. „Mir schwirren zwar viele Gedanken durch den Kopf, aber am wenigsten denke ich über Araberhengste nach. Wir haben heute nacht einen unerwarteten Gast bekommen."
    Der Major blickte ihn überrascht an. „Langsam, Wilcox. Wovon redest du? Welchen Gast meinst du denn? Also, ich für meinen Teil hatte heute nacht leider keinen Besuch. Jedenfalls erinnere ich mich nicht daran."
    „Iß erst mal etwas." Mit diesen Worten griff Wilcox nach dem Teller des Majors und begann ihm eine gehörige Portion Eier und Speck aufzuladen. Nachdem er sich wieder zu ihm gesetzt hatte, forderte ihn der Major auf, endlich zu erzählen.
    „Ich weiß gar nicht, wo ich beginnen soll. Ich kenne Philippe noch aus meiner Jugend. Damals war er allerdings ein kleiner Knirps von sechs Jahren, und ich bin unendlich glücklich, ihn nach all der Zeit wiederzusehen. Aber fangen wir ganz von vorne an. Erinnerst du dich an Charlotte Anstruther? Ich habe dir bestimmt von ihr erzählt."
    Livingston, der sich nicht an sie erinnerte, merkte jedoch, daß es mit diesem Namen eine ganz besondere Bewandtnis auf sich haben mußte. Anders konnte er sich die Erregung seines Freundes nicht erklären.
    „Erzähl endlich. Wer ist diese Charlotte? Der Name klingt verheißungsvoll."
    Lord Kellinghurst lachte auf und blickte amüsiert über den Tisch. „Nein, nein, du mißverstehst mich, Thomas. Es handelt sich nicht um ein amouröses Abenteuer. Charlotte Anstruther war eine Freundin meiner Mutter und lebte in Frankreich. Nicht sie ist gekommen."
    Nachdenklich hielt er inne, was seinen Freund noch gespannter machte. Unruhig klapperte Livingston mit seinem Teelöffel.
    „Stell dir vor, ihr Sohn, den ich seit zwölf Jahren nicht mehr gesehen habe, mußte aus Frankreich fliehen. Tagelang war er unterwegs und ist heute nacht vollkommen erschöpft hier auf Blenfield angekommen."
    Jetzt konnte der Major die ganze Aufregung verstehen, und der Funke des Abenteuers sprang auch auf ihn über. „Und wo steckt nun dein geheimnisvoller Gast?"
    „Gedulde dich noch ein wenig. Der junge Mann hat eine gefährliche Flucht hinter sich. Wir wollen ihm etwas Ruhe gönnen. Auch ich bin noch nicht über die genauen Einzelheiten unterrichtet. Fest steht nur, daß der Schurke Napoleon seine Finger im Spiel hat."
    Wenn es um den alten Feind ging, konnte selbst der bequeme Major außer Fassung geraten. „Wie gedenkst du ihn zu schützen?" fragte er besorgt. „Wir beide wissen, daß die französischen Häscher auch in England ihr Unwesen treiben."
    Wilcox war nachdenklich geworden. In letzter Zeit war es des öfteren vorgekommen, daß französische Adelige, die sich in der Gegend versteckt hielten, gewaltsam entführt und in ihre Heimat zurückgebracht wurden. Dort überantwortete man sie dann dem Henker – wie den unglücklichen Herzog von Enghien, den Napoleon aus dem Ausland entführen ließ, um ihn in Frankreich erschießen zu lassen.
    „Du weißt, daß ich Lügen verabscheue. Aber in diesem Fall bleibt mir nichts anderes übrig, als Philippes wahre Herkunft zu verheimlichen. Ich werde ihn als einen Cousin ausgeben."
    Der Major nahm eine gespannte Haltung ein, während Wilcox fortfuhr. „Philippe entstammt dem französischen Hochadel. Die la Cour sind eine sehr einflußreiche Familie und entschiedene Gegner Napoleons. Deshalb sind sie ihm ein Dorn im Auge. Die Verhältnisse haben sich so zugespitzt, daß Philippe in Frankreich seines Lebens nicht mehr sicher ist."
    Kaum hatte er diesen Satz beendet, wurde die Tür leise geöffnet, und ein blasser, junger Mann betrat zögernd den Raum.
    „Ah, hier kommt ja unser nächtlicher Besucher." Der Major war aufgesprungen
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