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Verborgene Liebesglut

Verborgene Liebesglut

Titel: Verborgene Liebesglut
Autoren: Gaylord de Woolf
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verschiedene Verwaltungsangelegenheiten. Draußen war es unterdessen ungemütlich geworden. Heftige Windböen rauschten durch die Baumkronen, und man konnte hören, wie der Regen stärker wurde.
    „Ein scheußliches Wetter da draußen. Man würde keinen Hund vor die Türe jagen", raunte der Major.
    „Ja, du hast recht, Thomas. Unsere Vorfahren hätten in solch einer Nacht gemeint, daß böse Geister ihr Unwesen treiben. Diese alten Gemäuer können einen allerdings auch das Fürchten lehren, und die Phantasie sieht in jedem Winkel dunkle Gestalten."
    Der Wind pfiff heulend unter den Türritzen entlang, und Wilcox klingelte nochmals nach dem Diener, der unbemerkt zwei schwere Holzscheite nachlegte.
    Die beiden Männer rückten näher an den Kamin heran, gossen sich einen Brandy ein und sprachen noch einige Zeit über ihre gemeinsamen Abenteuer. Erst lange nachdem die hohe Standuhr Mitternacht geschlagen hatte, zogen sie sich in ihre Schlafgemächer zurück.
    Die Diener hatten gerade das Licht im Haus gelöscht, als sich der Wind in einen heftigen Sturm verwandelte und ein starkes Gewitter einsetzte. Das Klappern der Dachpfannen und das Brausen des Windes in den alten Kaminen wurden immer lauter. Unaufhörlich zuckten Blitze auf und tauchten Wilcox' Gemach für den Bruchteil einer Sekunde in gleißendes Licht.
    War es das tobende Unwetter, welches ihn nicht schlafen ließ, oder die Unruhe, die das Gespräch mit dem Major in seinem Innersten ausgelöst hatte?
    Regen peitschte durch die Nacht, und der Sturm rüttelte an den Fenstern von Blenfield Park. ,In Nächten wie diesen', dachte er, ,sollte ein Mann nicht alleine sein.' Wilcox wälzte sich unruhig in seinem Bett hin und her. Die Laken hatten sich um seinen nackten Körper gewunden. Dennoch war ihm heiß, und er schob die seidene Bettdecke beiseite.
    Dann erhob er sich und trat ans Fenster. Der Mond wurde von schweren Wolken verdeckt, und man konnte die Hand nicht vor Augen sehen. Er lehnte seine erhitzte Stirn an das kühle Fensterglas und lauschte dem wütenden Unwetter.
    Wieder erhellte ein Blitz die Nacht. Gedankenversunken sah er in den Park hinaus. Plötzlich stutzte er. War dort nicht etwas gewesen? Ihm war, als sähe er eine Gestalt geduckt über die Wiese laufen. „Das kann nicht sein", flüsterte er zu sich selbst. „Mein überhitztes Gemüt läßt mich schon Gespenster sehen."
    Unwirsch wandte er sich vom Fenster ab und griff zu der Karaffe mit Quellwasser, die sein Kammerdiener jede Nacht für ihn bereitstellte. Er trank in durstigen Zügen. Kaum hatte er sich ins Bett gelegt und versuchte, erneut Schlaf zu finden, da hörte er ein zögerliches Klopfen.
    Die Tür öffnete sich lautlos, und Stanton, sein Diener, betrat den Raum. „Verzeihen Sie, Mylord, ein junger Mann wünscht Sie zu sprechen."
    „Was, jetzt? Wissen Sie, wie spät es ist?" Ungläubig erhob sich Wilcox von seinem Lager und griff nach dem kostbaren, mit Zobel verbrämten Morgenrock, einem Geschenk des Prinzregenten, das er dem Lord persönlich in Carlton House überreicht hatte.
    „Die Uhr hat gerade die zweite Stunde geschlagen, Mylord, und ich bedauere die Störung außerordentlich, aber der Gentleman besteht darauf, Sie unverzüglich zu sprechen. Er scheint sehr aufgelöst zu sein."
    Verlegen verschränkte der Diener die Hände über der Brust und versuchte so, sein Nachthemd vor den Blicken seines Herrn zu verbergen. Wilcox lachte schallend auf: „Weiß Mrs. Stanton, daß Sie in dieser unpassenden Bekleidung nachts durch das Haus schleichen?"
    „Ein Notfall, Mylord", murmelte der Diener verlegen.
    Wer konnte dieser geheimnisvolle Unbekannte sein? Wilcox war neugierig, ihn selbst zu sehen. Mit wenigen Schritten hatte er die Tür erreicht und lief eilig die Galerie entlang, vorbei an den Gemälden seiner Ahnen, die in schweren, goldenen Rahmen von den Wänden hingen. ,Wenigstens werde ich heute nacht für die Langeweile des Tages entschädigt', dachte er bei sich. An der Treppe blieb er stehen und blickte in die Halle.
    Stanton hatte vorsorglich Feuer im großen Kamin gemacht. Sichtlich erschöpft, lehnte der nächtliche Eindringling am Sims und hatte den Kopf auf die Brust sinken lassen. Für einen Augenblick hielt Wilcox inne. Diese Haltung kam ihm vertraut vor. Der Fremde hatte ihm den Rücken zugewandt und ahnte nicht, daß er aufmerksam beobachtet wurde.
    Es war etwas an ihm, das Wilcox seltsam rührte. Obwohl er sein Gesicht nicht sehen konnte, wußte er, daß der
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