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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg.
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Genau ein Jahrzehnt verging seit dem Erscheinen des
    „Jüdischen Krieges“, bis die ursprünglich auf zwei Bände
    bemessene Romantrilogie über den Geschichtsschreiber Fla
    vius Josephus im Jahre 1942 dem ausländischen Leserpubli
    kum vorlag. Die deutschen Leser allerdings mußten infolge
    Faschismus und Krieg fast ein weiteres Jahrzehnt warten;
    für sie bedeutete dieses Werk literarisches Neuland.

    Verschmolzen mit einem farbigen historischen Gemälde
    römischer Staats- und Machtverhältnisse im ersten Jahr
    hundert u. Z., wird darin das an Höhepunkten, Leidenschaf
    ten und Enttäuschungen reiche Leben des Juden Josef Ben
    Matthias geschildert, des Vertrauten am Hofe der flavischen
    Kaiser Vespasian, Titus und Domitian.

    Der vorliegende erste Band der Trilogie erzählt die
    erschütternde Tragödie des jüdischen Volkes, das nach
    der Zerstörung Jerusalems endgültig an den kaiserlichen
    römischen Herrschaftsbereich gefesselt wird.

    Lion Feuchtwanger
    Der jüdische Krieg

    Roman

    AUFBAU-VERLAG

    Die „Josephus“-Trilogie umfaßt die Romane

    DER JÜDISCHE KRIEG
DIE SÖHNE
DER TAG WIRD KOMMEN

    „Der jüdische Krieg“ erschien erstmalig im Jahre 1932, „Die Söhne“ im Jahre 1935, „Der Tag wird kommen“ in englischer Übersetzung 1942,
    in deutscher Sprache 1945

    5. Auflage 1989
Alle Rechte Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
© Marta Feuchtwanger 1960
Einbandgestaltung Heinz Unzner
Karl-Marx-Werk, Graphischer Großbetrieb, Pößneck V 15/3o
Printed in the German Democratic Republic
Lizenznummer 301.120/113/89
Bestellnummer 611362 5
I-III 03150

    Feuchtwanger, Ges. Werke
ISBN 3-351-00623-3
Bd. 2-4
ISBN 3-351-00681-0

    ERSTES BUCH

    ROM

         echs Brücken führten über den Fluß Tiber. Blieb man auf der rechten Seite, dann war man gesichert; hier
         waren die Straßen voll von Männern, die man schon an ihren Bärten als Juden erkannte; überall sah man jüdische, aramäische Inschriften, und mit einem bißchen Griechisch kam man leicht durch. Aber sowie man eine der Brücken überschritt und sich auf die linke Seite des Tiber wagte, dann war man wirklich in der großen, wilden Stadt Rom, ein Fremder, hoffnungslos allein. Dennoch schickte Josef den Knaben Cornel, seinen beflissenen kleinen Führer, an der Emiliusbrücke zurück; er wollte endlich allein zurechtkommen, schon um sich seine Eignung und Geschicklichkeit zu beweisen. Der kleine Cornel hätte seinen Fremden gern noch weiter begleitet. Josef schaute ihm nach, wie er zögernd über die Brücke zurückschritt, und unvermittelt, mit scherzhaft liebenswürdigem Lächeln, streckte er, der Jude Josef, den Arm mit der geöffneten Hand aus, grüßte den Knaben auf römische Art, und der Judenknabe Cornel, lächelnd auch er, gab gegen das Verbot des Vaters den Gruß auf römische Art zurück. Dann bog er links ein hinter das hohe Haus, und jetzt war er fort, und jetzt war Josef allein, und jetzt wird sich zeigen, wieweit sein Latein stichhält. So viel weiß er: hier vor ihm ist der Rindermarkt, und rechts dort ist die Große Rennbahn, und dort irgendwo, auf dem Palatin und dahinter, wo die vielen kribbelnden Menschen sind, baut der Kaiser sein neues Haus, und links hier durch die Tuskerstraße geht es zum Forum, und Palatin und Forum sind das Herz der Welt. Er hat viel über Rom gelesen, aber es nützt ihm wenig. Der Brand vor drei Monaten hat die Stadt sehr verändert. Er hat gerade die vier Bezirke im Zentrum zerstört, über dreihundert öffentliche Gebäude, an sechshundert Paläste und Einfamilienhäuser, mehrere tausend Miethäuser. Es ist ein Wunder, wieviel diese Römer in der kurzen Zeit schon neu gebaut haben. Er mag sie nicht, die Römer, er haßt sie geradezu, aber das muß er ihnen lassen: Organisationstalent haben sie, sie haben ihre Technik: Technik, er denkt das fremde Wort, denkt es mehrmals, in der fremden Sprache. Er ist nicht dumm, er wird diesen Römern von ihrer Technik etwas abluchsen.
      Er schreitet energisch los. Schnuppert neugierig und erregt die Luft dieser fremden Häuser und Menschen, in deren Belieben es steht, ihn hochzuheben oder unten zu halten. Bei ihm zu Hause, in Jerusalem, ist dieser Monat Tischri auch in seiner letzten Woche noch sehr heiß; aber hier in Rom heißt er September, und heute jedenfalls atmet es sich frisch und angenehm. Ein leichter Wind lockert ihm das Haar auf, er trägt es etwas lang für römische Verhältnisse. Eigentlich sollte er überhaupt einen Hut aufhaben; denn es
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