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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor
Autoren: Charles Stross
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als stünde mir kein dürrer,
sechzigjähriger, kahlköpfiger Mann gegenüber, sondern ein wandelndes Skelett
mit radioaktiven Augen, in denen das Feuer der Hölle brennt. »Sie führen mich
am besten gleich zu Andrew und erzählen mir den Rest auf dem Weg.«
    Während ich neben ihm herhetze, bemühe ich mich, ihn
so gut es geht auf den neuesten Stand zu bringen. Andy steht neben der Lamia im
Foyer und gibt dem OCCOLUS-Team gerade Anweisungen, wie die unheimliche Sekretärin
und die Beschwörungsaltare im Keller entsorgt werden sollen. »Wer zum Teufel – Ach,
Sie sind es. Und keine Sekunde zu früh.« Er grinst. »Wer hält die Stellung?«
    »Ich habe Boris die Verantwortung übertragen«, erklärt
Angleton milde. Andys schroffe Art stört ihn anscheinend nicht weiter. »Wie
schlimm ist es?«
    »Schlimm.« Andys Wange zuckt, was immer ein schlechtes
Zeichen ist. Da nun Angleton vor Ort ist, scheint ihn seine Selbstsicherheit
verlassen zu haben. »Wir müssen unbedingt … Ach, verdammt!«
    »Immer mit der Ruhe«, sagt Angleton. »Ich werde Sie
schon nicht fressen.« In diesem Augenblick bemerke ich, dass ich die Hosen
gestrichen voll habe. Wie muss sich dann erst Andy fühlen? Ich muss wirklich
zugeben, dass Angleton genau weiß, wann man seine Untergebenen besser nicht
unter Druck setzt. Andy holt also erst einmal tief Luft, atmet langsam aus und
versucht es erneut.
    »Wir haben zwei Verdächtige: einen gewissen Mark
McLuhan und einen John Doe. McLuhan ist hier Beauftragter für Esoterik, hat
hier also hauptsächlich eine Kontrollfunktion inne. Außerdem arbeitet er für
Abteilung Q und musste deshalb öfter nach Dansey House. Mir ist schleierhaft,
wie er es durch unsere Sicherheitskontrollen geschafft hat. Da müssen Fehler passiert
sein, von denen ich gar –«
    »Immer mit der Ruhe«, unterbricht ihn Angleton, jetzt
bereits etwas angespannt.
    »Ja, Entschuldigung. Bob hier hat alles zusammengetragen.«
Er nickt in meine Richtung. »McLuhan und John Doe arbeiten zusammen in der
Wäscherei. Ihr Ziel war es, uns mithilfe eines angeblichen Sicherheitslecks
schlecht dastehen zu lassen. Es sollte wohl ursprünglich nichts Ernstes sein,
nur etwas, wodurch Sie bei den obersten Chefs negativ auffallen. Ich fand
einige E-Mails von Bridget an McLuhan, in denen sie ihn unter dem Vorwand einer
Software-Überprüfung zu uns einlädt. Vollkommener Blödsinn. Bob kann das später
genauer recherchieren. Aber es hat eines klar gezeigt: Bridget will Sie vor den
Direktoren bloßstellen.«
    Angleton wendet sich an mich. »Rufen Sie die Zentrale
an und verlangen Sie Boris. Er soll McLuhan festnehmen. Sagen Sie ihm
SCHRUMPFFOLIE. Und PINSELÄFFCHEN.« Ich sehe ihn stirnrunzelnd an. »Sofort, mein
Junge!«
    Wie gut es sich anfühlt, endlich mal wieder genau zu
wissen, was man zu tun hat! Ich setze mich also an den Schreibtisch der Lamia
und wähle 666. Hinter mir höre ich, wie Andy Angleton etwas zuflüstert.
    »Vermittlung? Ich muss mit Boris sprechen. Und zwar
sofort.« Die henochischen Meta-Grammatik-Analysen scheinen zu funktionieren,
denn die verdammten Seelen oder verzauberten Dämonen oder was auch immer in der
Telefonzentrale sitzen mag, verbinden mich. Ich höre ein Freizeichen und kurz
darauf eine mir wohlbekannte Stimme.
    »Hallo, Städtische Wäscherei, Systembetreuungsabteilung.
Wen möchten Sie sprechen?«
    Verdammt! »Hallo,
Harriet«, sage ich und bemühe mich darum, ganz normal zu klingen. Bridgets
rechte Hand am Apparat zu haben, ist kein gutes Zeichen – vor allem, da sie und
Boris sich abgrundtief hassen. »Dies ist ein Anruf Stufe Rot. Ich muss sofort
mit Boris sprechen.«
    »Oho, Robert! Ich habe mich schon gewundert, wo du
steckst. Spielst du mal wieder krank?«
    »Nein«, sage ich und hole tief
Luft. »Ich muss jetzt unverzüglich mit Boris sprechen, Harriet. Ist er da?«
    »Das kann ich leider nicht sagen. Denn ich bin nicht
befugt, geheime Informationen, die potenziell schädigend für unsere Abteilung
sein könnten, über ein öffentliches Netz preiszugeben. Das wüsstest du, wenn du
dich mal wieder im Büro sehen lassen und uns im Meeting mit deiner Anwesenheit
beehren würdest.«
    Meine Eingeweide verkrampfen sich. »Welches Meeting?«,
will ich wissen.
    »Die Software-Prüfung. Weißt du noch? Nein, natürlich
nicht. Aber von wo aus rufst du eigentlich an, Bob? Man könnte ja beinahe meinen,
du arbeitest gar nicht mehr für uns …«
    »Ich muss mit Boris sprechen. Auf der Stelle.« Das
Knirschen kommt
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