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0303 - Auf ihn wartet der Sarg

0303 - Auf ihn wartet der Sarg

Titel: 0303 - Auf ihn wartet der Sarg
Autoren: Auf ihn wartet der Sarg
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Mit einem Nachschlüssel öffnete an diesem kalten Februarmorgen ein großer, breitschultriger Mann die Tür von Gino Piconis Friseur-Salon.
    Es war genau 6.54 Uhr, und in der 72. Straße von Manhattan herrschte wildes Schneetreiben. Kein Passant war zu sehen.
    Der Mann betrat das verdunkelte Friseurgeschäft, verschloss die Tür hinter sich und ließ für ein oder zwei Sekunden seine Taschenlampe aufblitzen.
    Dann presste er sich neben der Tür an die Wand und lauschte angestrengt.
    Als vier Minuten später ein Wagen vor dem Salon stoppte und ein Schlag zugeworfen wurde, griff der Eindringling in die Manteltasche und zog einen dicken Wattebausch sowie ein Fläschchen mit Chloroform hervor.
    Hastig tränkte er den Bausch.
    Im Schloss wurde knirschend ein Schlüssel gedreht. Die Tür flog auf, und Gino Piconi trat ein.
    Im nächsten Augenblick schlang sich von hinten ein Arm mit stählender Kraft um Ginos Hals, und gleichzeitig wurde der Wattebausch gegen Mund und Nase des Überraschten gepresst.
    Es dauerte nur Sekunden, bis der Italiener bewusstlos in die Knie sank.
    Der Eindringling ließ den Betäubten langsam zu Boden gleiten und drückte den Chloroformbausch noch eine halbe Minute gegen Ginos Nase.
    Dann verschloss der Mann die Tür, knipste das Licht an, schleifte den Italiener in den Hintergrund des Salons, wo er ihn hinter einem Vorhang verbarg.
    Der Unbekannte löschte das Licht und zog die Rollläden der beiden Schaufenster empor. Dann legte er Hut und Mantel ab, hängte beides an einen Haken hinter dem Vorhang, schlüpfte in einen von Ginos weißen Kitteln und zog schließlich die schwarzen Lederhandschuhe aus, die er bis jetzt getragen hatte. Stattdessen streifte er hauchdünne, fleischfarbene Handschuhe über.
    Rechts an der Wand standen vier Frisiertische mit großen Spiegeln, Porzellanbecken und Sesseln davor. Auf jedem Tisch lag ein braunes Lederetui mit je fünf haarscharfen Rasiermessern.
    Der Eindringling wählte sorgfältig.
    Er entschied sich für ein Messer mit hellem Perlmuttgriff.
    Mit leisem Zischen fuhr die Klinge durch ein Blatt Papier, als der Unbekannte die Schärfe prüfte. Dann steckte er das zerschnittene Blatt in die Außentasche seines Jacketts.
    Es war jetzt 7.08 Uhr.
    In zwei Minuten musste Sam Breen kommen, der jeden Morgen Ginos erster Kunde war.
    Der Unbekannte trat in die Nähe des rechten Schaufensters und spähte hinaus in das Schneetreiben.
    Ein Blick auf die Uhr: 7.10 und Breen kam pünktlich wie jeden Morgen.
    Er stampfte durch die wirbelnden Flocken, den schmalen Schädel vorgestreckt, die weit ausladenden Schultern emporgezogen, die Hände tief in die Taschen des braunen Kamelhaarmantels vergraben.
    Der Unbekannte vergewisserte sich, dass Gino Piconi noch in tiefer Ohnmacht lag, eilte dann zur Tür, schloss leise auf, war mit wenigen Schritten an einem der Frisiertische und machte sich daran zu schaffen.
    Die Tür ging auf.
    »Hallo, Gino. Ist das nicht ein Sauwetter heute? Man kann sich…«
    Breen brach ab und starrte den Fremden verwundert an. »Nanu, wer sind Sie denn? Ist Gino nicht da?«
    Der Gefragte lächelte: »Mein Name ist Malcolm, Sir. Ich bin ein Verwandter von Gino und ebenfalls Friseur. Gino hat mich gebeten, ihn heute Vormittag zu vertreten. Er hat irgendetwas bei einer Behörde zu erledigen, möchte sich aber seine Kunden nicht vergraulen.«
    »Ach so«, brummte Breen und schälte sich aus dem Mantel. »Dann werden Sie mir also heute das Kinn schaben.«
    »Ich werde mir die größte Mühe dabei geben«, erwiderte Malcolm, lächelte devot und komplimentierte Breen in einen Sessel.
    Durch das Fenster konnte man sehen, wie das Schneetreiben immer dichter wurde.
    Als sich Breen in ein Magazin vertiefte, trat Malcolm zur Tür, räusperte sich laut und übertönte damit das kratzende Geräusch, das beim Abschließen entstand.
    Sam Breen hatte nichts bemerkt.
    Ihm wurde ein blütenweißes Handtuch umgelegt. Malcolm seifte Breens Kinn ein.
    Dann fasste seine behandschuhte Rechte das Rasiermesser; seine Linke lag mit sanftem Druck auf Breens Stirn.
    Es war genau 7.16 Uhr, als der Unbekannte, der sich Malcolm nannte, Sam Breen mit einer blitzschnellen Bewegung die Kehle durchschnitt.
    Ohne sich weiter um den Leichnam zu kümmern, huschte der Mörder hinter den Vorhang und schleppte dann den noch immer bewusstlosen Piconi bis zu Breens Sessel. Dort legte er den Italiener auf den grauen Kunststoffbelag des Bodens und schob ihm das blutbefleckte Rasiermesser in die
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