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Corum 05 - Der gefangene König

Corum 05 - Der gefangene König

Titel: Corum 05 - Der gefangene König
Autoren: Michael Moorcock
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Frau, deren Haare grün waren wie die Blätter der Eichen, deren Gewand braun war wie die Wurzeln der Eichen, und deren Fleisch weiß war wie das Fleisch der Eichen unter der Rinde. Und sie war Eichfrau, lächelte und sprach:
    »Ich erinnere mich meines Versprechens. Ich erinnere mich meiner Prophezeiung. Ich kenne dich, Goffanon, aber diese anderen kenne ich nicht.«
    »Sie sind Mabden, außer Ilbrec und Corum. Sie sind ein gutes Volk, Eichfrau, und sie achten die Eichen. Sieh, Eichen wachsen überall um uns, denn dies ist ihre Stätte der Macht, ihre heilige Stätte.« Goffanon sprach fast zögernd. Er schien von dem Bild vor ihnen so beeindruckt zu sein wie die Mabden. »Ilbrec ist deines Freundes Sohn, Manannans Sohn. Von den Sidhi sind er und ich die letzten. Und Corum ist unser Verwandter aus dem Geschlecht der Vadhagh. Die Fhoi Myore sind zurückgekehrt und wir bekämpfen sie, aber wir sind schwach. Amergin, der Hochkönig der Mabden, liegt verzaubert zu deinen Füßen. Seine Seele ist die Seele eines Schafes geworden, und wir können seine eigene Seele, die verloren ist, nicht wiederfinden.«
    »Ich werde seine Seele finden«, sagte Eichfrau und lächelte matt, »Wenn das alles ist, was euch fehlt.«
    »Das ist es, Eichfrau.«
    Die Eichfrau sah auf Amergin hinab. Sie bückte sich, an seinem Herz zu lauschen und an seinen Lippen.
    »Sein Körper stirbt«, sagte sie.
    Ein Stöhnen lief durch die Reihen der Zuschauer. Nur Corum konzentrierte sich auf das Spiel der schrecklichen Harfe, aber die Harfe war verstummt.
    Dann nahm Eichfrau den silbernen Bock von Amergins Füßen.
    »So lautete die Prophezeiung«, sagte sie, »daß dem Bock eine Seele gegeben werden muß. Nun beginnt Amergins Seele seinen Körper zu verlassen, und kann die Seele des Bockes werden. Amergin muß sterben.«
    »Nein!« kam aus hunderten von Kehlen.
    »Ihr müßt euch gedulden«, mahnte die Eichfrau mit einem nachsichtigen Lächeln. Sie legte den Bock neben Amergins Kopf und rief:
     
    Seele auf dem Weg zur Mutter Meer;
    Lamm blökend zum steigenden Mond;
    Halt ein Seele, schweig still Lamm!
    Hier ist euer Heim!
     
    Nun setzte wieder das Blöken ein, aber diesmal war es ein freudiges Blöken, das Blöken eines neugeborenen Lammes. Und die Stimme kam von dem silbernen Bock, dessen Fell im Mondlicht schimmerte. Und während sie zusahen, wuchs der Bock, und das Blöken wurde immer tiefer und verwandelte sich in den Ruf eines ausgewachsenen Tieres. Der silberne Bock wandte ihnen seinen Kopf zu, und in seinen Augen erkannte Corum die gleiche fremdartige Intelligenz, die er schon in den Augen des Schwarzen Bullen von Crinanass gesehen hatte. Und Corum wußte, daß der Bock wie der Bulle zu der Herde gehörte, die die Sidhi mit sich auf diese Ebene gebracht hatten. Der Bock sah die Eichfrau, und er lief zu ihr und leckte ihre Hand.
    Da lächelte die Eichfrau wieder, wandte ihr Gesicht zum Himmel und rief:
     
    Seele treibend in der Mutter Meer,
    Verlaß deinen stillen Hafen.
    Dein Erdenschicksal ist noch nicht vollbracht.
    Hier ist dein Heim!
     
    Und der Körper des Hochkönigs streckte sich wie im Schlaf. Und die Hände krochen zu seinem Gesicht, und die Augen öffneten sich, und über sein leeres Gesicht legte sich ein Ausdruck des Friedens und der Weisheit, und wo das Alter seine Furchen gegraben hatte, war jetzt Jugend, und wo die Glieder schwach gewesen waren, erfüllte sie jetzt Kraft. Und eine kühle, wohlklingende Stimme sagte mit leichter Verwunderung:
    »Ich bin Amergin.«
    Dann erhob sich der Erzdruide, riß sich seine Schafsmütze vom Kopf, streifte die Schafsfelle von seinem Körper und enthüllte eine schöne, nackte Gestalt, die von Spangen aus gehämmertem roten Gold geschmückt war.
    Und nun wußte Corum, warum das Volk so um seinen Hochkönig getrauert hatte, denn Amergin strahlte beides aus, Sanftheit und Stärke, Weisheit und Menschlichkeit.
    »Ja«, wiederholte er und berührte seine Brust verwundert, »ich bin Amergin.«
    Hunderte von Schwertern blitzten jetzt im Mondlicht, als die Mabden ihren Erzdruiden grüßten.
    »Heil, Amergin! Heil, Amergin aus dem Geschlecht der Amergin!«
    Und viele weinten vor Freude und Rührung, und selbst Ilbrec und Goffanon hoben ihre Waffen zum Gruß.
    Die Eichfrau hob ihre Hand und deutete durch den Kreis der Mabden zum Rand der Lichtung, wo Corum stand, noch immer voll Furcht und nicht in der Lage, in die Freude der anderen einzustimmen.
    »Du bist Corum«, sagte die Eichfrau. »Du hast den
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