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Corum 05 - Der gefangene König

Corum 05 - Der gefangene König

Titel: Corum 05 - Der gefangene König
Autoren: Michael Moorcock
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wäre nicht mit den anderen bis zum Hügel gegangen. Aber niemand wußte, was Corum fühlte.
    Und Goffanon hob seinen großen, bärtigen Kopf gegen den Mond und begann mit klarer, tiefer Stimme zu singen, der Stimme, die zuletzt sein Todeslied gesungen hatte. Und obwohl die Worte aus der Sidhi-Sprache stammten, verstand Corum das meiste, denn die Sidhi-Sprache war mit der der Vadhagh verwandt.
     
    Uralt waren die Sidhi
    Lange vor dem Ruf.
    Sie starben in der Fremde
    In ehrenhaftem Kampf.
    Treue schworen sie Stärker als Blut,
    Größer als Liebe,
    Zu helfen den Mabden.
    In Wolken kamen sie
    Zu den Inseln des Westens,
     
    Ihre Waffen und ihre Musik,
    Brachten sie mit sich.
    Ruhmreich kämpften sie,
    Und starben ehrenvoll
    Im Kampf und im Schmerz
    Ihren Schwüren treu.
     
    Uralt waren die Sidhi,
    Stolz in Worten und Taten;
    Raben folgten ihnen
    Durch fremde Welten.
     
    Uralt waren die Sidhi!
    Selbst im Tod Schworen sie die Erfüllung
    All ihrer Eide.
    Streitwagen und Schätze,
    Hügel und Höhlen,
    Sind ihr Gedenken
    Und tragen ihre Namen.
    Von den Helden sind wenig noch
    Zu Schützen gegen die Kiefern.
    Die Eichen sterben schon,
    Von unirdischem Winter erschlagen.
     
    Uralt waren die Sidhi,
    Brüder der Eichen,
    Freunde der Sonne,
    Feinde des Eises.
    Die Raben mästeten sich
    An Sidhi-Fleisch.
    Wer ist jetzt da,
    Die Eiche zu schützen?
    Einst war Eichfrau unter uns,
    Teilte ihre Macht;
    Ihr Wissen brachte uns Mut
     Und die Fhoi Myore fielen.
    Die Fhoi Myore fielen.
    Licht erfüllte den Westen,
    Und Eichfrau schlief.
    Ihr Werk vollbracht.
     
    Uralt waren die Sidhi!
    Wenige lebten noch.
    Prophezeiungen wurden gesprochen,
    Aber die Sidhi hörten nicht.
    Eichfrau sorgte sich.
    Versprechen sie gab.
    Kehrte Kälte zurück,
    Wache Eichfrau auf.
    Mystischen Zauber
    Fertigte sie an,
    Zu Trotzen des Winters Macht;
    Die Eichen zu retten.
    Schlafend Eichfrau lächelte,
    Sicher gegen den Schnee,
    Ihr Schwur bestärkt,
    Ihr Wort gesichert.
    In neun Schlachten die Fhoi Myore fielen;
    In neun Schlachten starben die Sidhi;
    Wenige Helden kehrten zurück.
    Manannan starb mit all seinen Kämpen.
    Im Tod wußte Manannan Frieden.
    Nicht vergeblich war sein Kampf,
    Denn Eichfraus Versprechen kannte er,
    Beizustehen dem Volk der Zukunft.
    Eichfrau schläft in sicherem Heim.
    Ein Wort wird sie wecken.
    Die zehnte Schlacht naht heran.
    Das Wort ward gesucht.
    Das Wort ward verloren.
    Drei Helden suchten es.
    Goffanon sang ein Lied.
    Das Wort ward gefunden.
     
    Niemand bewegte sich, als Goffanons Lied zu Ende war. Der Sidhi- Schmied senkte den Kopf und legte das Kinn auf die Brust, wartete.
    Von der dürren Gestalt, die auf der Kuppe des Hügels lag, kam ein schwaches Geräusch, am Anfang wenig mehr als das vertraute, leise Blöken.
    Goffanon hob den Kopf und lauschte genau. Der Ton des Blökens veränderte sich für einen kurzen Augenblick, dann wurde es wieder still.
    Goffanon wandte sich den Wartenden zu.
    Er sprach mit leiser, müder Stimme. Er sagte:
    »Das Wort ist ›Dagdagh‹.«
    Und als er das Wort hörte, stöhnte Corum auf. Denn ein furchtbarer Schock fuhr durch seinen ganzen Körper und ließ ihn taumeln. Sein Herz raste und sein Kopf schwamm, obwohl das Wort seiner bewußten Erinnerung nichts sagte. Er sah, daß Jhary-a-Conel sich mit weißem Gesicht umdrehte und ihn anstarrte.
    Und dann begann die Harfe zu spielen.
    Corum hatte die Harfe schon zuvor gehört. Es war die Harfe, die auf Burg Erorn gespielt hatte, als er dort zum ersten Mal in dieser Zeit gewesen war. Es war die Harfe, die er in seinen Träumen hörte. Nur die Melodie war diesmal anders. Die Melodie war erhebend und triumphierend; eine Melodie stolzer Zuversicht, eine lachende Melodie.
    Er hörte Ilbrecs erstauntes Flüstern: »Die Dagdagh-Harfe! Ich dachte, sie sei für immer verstummt.«
    Corum fühlte, wie er versank. Er schnappte nach Luft, um sein Entsetzen zu bewältigen. Er sah angstvoll hinter sich in die Bäume, aber dort sah er nichts außer dunklen Schatten.
    Und als er wieder zum Hügel blickte, wurde er fast geblendet, denn die goldene Eiche wuchs. Ihre goldenen Zweige breiteten sich über den Köpfen der Wartenden aus und strahlten in einem herrlichen Glanz. Und Corums Furcht verlor sich in seinem Staunen. Noch immer wuchs die goldene Eiche, bis sie den ganzen Hügel zu bedecken schien, und Amergins Körper fast unter ihr begraben war.
    Und alle, die zusahen, waren völlig gebannt, als aus der Eiche ein Mädchen trat, so groß wie Ilbrec; eine
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