Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition)
Autoren: Chuck Wendig
Vom Netzwerk:
wüsste, was das überhaupt ist.

VIER

Wieder daheim, wieder daheim verdammter Mist
    Die LBI -Dammstraße ist ein Albtraum, so wie sie es immer ist, denn die Insel mästet sich unaufhörlich mit Feriengästen und führt sie wieder ab. Im Sommer ist die Dammstraße – eine weiße, gewölbte Brücke über dem grauen und braunen Schaum der Manahawkin Bay – zu wie eine mit Plaque verstopfte Arterie.
    Es ist die einzige Straße zwischen Insel und Festland.
    Aber Miriam sitzt nicht hinter einem Steuer. Und das bedeutet, sie kann sich bewegen. Das Schwinn-Fahrrad mit 10-Gang-Schaltung, dessen Rahmen pockennarbig von syphilitischem, meergeborenem Rost ist, trägt sie an den Autos vorbei – ein Dahinsausen von Farben, ein Dopplereffekt von Radiosendern und Unterhaltungen.
    Die Räder drehen sich mit Fliegenflügelsummen.
    Ihre Kopfverletzung brennt in der Salzluft.
    Sie raucht beim Fahren; die Krebsfahne verliert sich hinter ihr.
    Vor einem Jahr hatte sie zum ersten Mal die Dammstraße überquert und kam auf die Insel, um Louis vor einem Schicksal zu retten, das sie ihm unbeabsichtigt zugeteilt hatte. Er war an einen Stuhl gefesselt, oben auf einem Leuchtturm. Gefoltert von einem Monster. Sie rettete ihn, bevor er auch noch sein zweites Auge verlor – und damit sämtliche Hirnfunktionen –, und sie erfuhr von jener einen speziellen Ausnahme.
    Die einzige Möglichkeit, den Tod abzuwenden, ist ihm ein anderes Leben zu geben.
    So wie sie es heute mit dem Schützen gemacht hat. Spieß ihn auf, den Spießer! , denkt sie, und der Witz klickert in ihrem Schädel herum wie eine Flipperkugel. Aber er wird durch die vielen Echos nicht komischer. Stattdessen fühlt sie sich schlechter, merkwürdiger, labiler.
    Es wartet Arbeit auf dich.
    Trotz der Hitze zittert sie.
    Endlich: das Ende der Dammstraße. Die Bay Avenue macht der Barnegat Road Platz. Kiefern ragen aus sandigen Hügeln hervor. Miriam war noch nie der Meinung, dass Kiefern an den Strand gehören, aber da standen sie. Natürlich glaubte sie auch nicht, dass medizinische Abfälle an den Strand gehören, aber das war eben New Jersey.
    Geduckt fährt sie durch die Green Street, vorbei an dem kleinen Surfladen, vorbei an dem winzigen Laden mit Fischködern, nur um den Kreisverkehr zu vermeiden. Das war noch so eine New-Jersey-Sache: die Kreisverkehre. Hier gab es einfach keine normale Kreuzung. O nein! Es ging immer rundherum. Verkehrskarusselle der Hölle, bei denen Dante in einem Haufen seines eigenen Erbrochenen hinschlagen würde.
    Man könnte ewig in einem dieser Kreisel fahren, denkt sie.
    Wie um einen Abfluss herum.
    So fühlt sie sich auf dem Weg nach Hause. Als wäre das alles, was sie hier tut: Wassertreten, wie ein Hund umherpaddeln, darauf wartend, dass die Haie kommen, ihre Arme den Dienst versagen oder ein Schiff sie in seine Schiffsschraube saugt.
    Zu Hause. Daheim . Pah!
    Ihr Zuhause ist momentan ein 1967er Airstream-Tradewind-Wohnwagen, der in der Bayview-Wohnwagensiedlung kurz vor Tuckerton steht. Der Name der Siedlung war nicht ganz zutreffend, auch wenn Miriam irgendwann herausgefunden hatte, dass er keine totale Lüge war. Wenn man einem der Wohnwagen aufs Dach steigt und dann einen angrenzenden Telefonmast hochkraxelt, kann man mit Gewissheit die trüben Gonorrhögezeiten der Bucht sehen.
    Die Wohnwagensiedlung bietet das Standardsortiment an Schurken und Exzentrikern. Dort drüben ein nettes älteres Paar mit einem Fetisch für altmodische Hawaiihemden, hier ein Paar der geschwätzigsten Klatschtanten, die Miriam je das Missvergnügen hatte kennenzulernen. Neben ihnen ein Duo von Studienabbrechern, die wild gewachsenes Marihuana an andere Studienabbrecher verkaufen. Am anderen Ende der Siedlung befindet sich die zwielichtige Fraktion: ein Kerl, der entweder Meth oder Bomben herstellt (oder vielleicht beides), ein Sammelwütiger, der kein Zeugs sammelt, sondern Jack-Russell-Terrier (dieses Bellen !), und ein geschiedener Typ mittleren Alters, der immer Flanellhemden trägt, selbst bei dieser Hitze – und bei dem Miriam sich ziemlich sicher ist, dass er ein eingefleischter Kinderschänder ist.
    Ein wahrhaft sympathisches Völkchen.
    Ein Völkchen, dem sie angehört. Das weiß sie. Es gefällt ihr nicht, aber so ist es eben.
    Miriam winkt dem netten älteren Paar – den Moons – zu,hält aber nicht an, denn sie will nicht in einem interaktiven Gravitationsloch landen, aus dem es kein Entrinnen gibt –, außer sie hackt sich mit der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher