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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition)
Autoren: Chuck Wendig
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wo Sie eine Packung Hotdogs, ein Päckchen Billigtampons oder eine Handvoll sich windender Einsiedlerkrebse für Ihre schreienden Drecksgören kaufen können.
    »Klingt, als würden Sie Ärger machen.«
    Miriam schenkt ihr ein bemühtes Lächeln. »Tatsächlich? War nicht meine Absicht.«
    Absolut ihre Absicht.
    »Sie wissen, dass ich Sie aus Gefälligkeit eingestellt habe.«
    »Ja, das weiß ich. Sie erinnern mich regelmäßig daran.«
    »Nun, weil es so ist.«
    »Ja. Das haben wir bereits festgestellt.«
    Peggys hervortretende Augen verengen sich zu fleischigen Schlitzen. »Sie haben ein freches Mundwerk!«
    »Bin heute wohl noch nicht draufgefallen.«
    Die Schlange wird inzwischen länger. Die Frau im Blumenmuumuu drückt die grünen Bohnen an ihre Brust, als wollte sie sie vor den Misslichkeiten beschützen, die dieser Tag plötzlich mit sich brachte. Die anderen Kunden verfolgen das Ganze mit großen Augen und unbehaglichen Mienen.
    »Sie finden sich wohl komisch?«, fragt Peggy.
    Miriam zögert nicht. »Das tu’ ich wirklich!«
    »Tja, ich nicht.«
    »Einigen wir uns darauf, dass wir uns uneinig sind?«
    Peggys Gesicht verzieht sich wie ein Lappen, der ausgewrungen wird. Es dauert einen Moment, bis Miriam klar wird, dass dies ihr glückliches Gesicht ist.
    »Sie sind gefeuert!«, sagt Peggy. Die Mundwinkel seltsam nach oben gezerrt wie in der Persiflage eines menschlichen Lächelns.
    »Ach, fick dich!«, erwidert Miriam. »Du wirst mich nicht feuern!« Zu spät kommt ihr in den Sinn, dass Fick dich zu sagen nicht der beste Weg war, seinen Job zu behalten, aber um ehrlich zu sein – dieses Kind war schon längst in den Brunnen gefallen.
    »Mich ficken ?«, fragt Peggy. »Fick dich ! Du bringst mir nichts als Ärger! Kommst Tag für Tag hier rein und läufst mit einer Miene rum, als ob dir einer in die Wheaties gepisst hätte …«
    »Essen die Leute überhaupt noch Wheaties? Ich meine, jetzt mal im Ernst.«
    »… aber ich kann keine angefressene kleine Schlampe wie dich in meinem Laden gebrauchen! Nach diesem Wochenende ist die Saison ohnehin vorbei und du bist Geschichte. Futsch. Pack deinen Dreck zusammen und scher dich raus! Deinen letzten Gehaltsscheck schicke ich dir.«
    Die meint’s ernst , denkt Miriam.
    Sie ist gerade entlassen worden.
    Gefeuert.
    Rausgeschmissen.
    Eigentlich sollte sie sich freuen.
    Eigentlich sollte ihr Herz ein geöffneter Käfig voller Tauben sein, und die befreiten Vögel sollten hoch und über alle Berge davonfliegen. Dies sollte ein echter Musical-Finale-im-Sonnenuntergang-Moment sein, wie in Meine Lieder   – meine Träume , mit wirbelnden Röcken und wehenden Haaren. Aber alles, was sie empfindet, ist das Batteriesäurebrennen von Wut und Zorn in ihrer Kehle, gemischt mit Ungläubigkeit. Eine aufsteigende Flut von Schlangengift.
    Louis sagt ihr immer, sie müsse sich zusammennehmen.
    Sie hat es satt, sich zusammenzunehmen.
    Miriam reißt sich das Namensschild von der Brust – ein Namensschild, auf dem »Maryann« steht, weil sie Scheiße gebaut haben und es nicht neu drucken wollten – und wirft es über die Schulter. Die Muumuulady weicht ihm aus.
    Miriam nimmt sich noch die Zeit für eine stilvolle Verabschiedung – den Mittelfinger hochreißen und Peggy vors ausgequetschte Zitronengesicht strecken – und stürmt dann nach draußen.
    Sie hält an. Steht auf dem Parkplatz. Mit zitternden Händen.
    Die Brise vom Meer frischt auf. Die Luft führt den Geruch von Salzwasser und Fisch und einer Spur Kokosöl mit sich. Linien aus Sand wehen über den rissigen Asphalt des Parkplatzes.
    Ein paar Seemöwen zanken sich um Brotstückchen. Nehmen Reißaus und stoßen wieder herab. Schreien und kreischen. Siegestrunken angesichts von Brotkrusten und Erfolg.
    Es ist heiß. Die Brise ändert daran wenig.
    Überall Menschen. Das Flap-flap-flap von Flipflops. Das erbärmliche Schluchzen von irgendjemandes Kind. Gemurmel und Geschnatter unzähliger Feriengäste, die eine sich dem Ende zuneigende Saison wittern. Ein wummernder Bass dröhnt aus einem Auto, das durch den langsamen Verkehr des Long Beach Boulevards gleitet, und Miriam drängt sich der Gedanke auf, dass sich der klopfende Beat anhört wie ein Echo ihres Herzschlags, der hämmernd die Innenseite ihres Brustbeins bearbeitet. Und Walt, der Einkaufswagenjunge – der eigentlich kein Junge ist, sondern vielmehr ein geistig behinderter fünfzigjähriger Mann –, winkt ihr zu, und sie winkt zurück und denkt: Er ist der
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