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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition)
Autoren: Chuck Wendig
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Miriam auf, während bunte Lichtblitze durch ihr Blickfeld zucken. Sie ist immer noch hinter ihm, schaut über den Arm des Mannes zur Visiereinrichtung der Pistole, die nun auf Walt hinter seiner Einkaufswagenreihe zielt.
    Jetzt oder nie.
    Wird das Schicksal bekommen, was das Schicksal will?
    Sie kennt diesen Laden. Sie hat schon vor Beginn der Strandsaison hier gearbeitet. Wer hat sich noch nie an seinem Arbeitsplatz umgeschaut und das Was-hier-könnte-eine-Waffe-sein-Spiel gespielt? Vielleicht nur sie. Miriam Black ist nicht wie die meisten Leute. Nicht mehr.
    Sie dreht sich um. Schnappt sich was aus einem Regal am Kopfende des Gangs.
    Eine lange, zweizinkige Gabel aus Edelstahl.
    Zum Grillen.
    Sie stößt sie dem Mann von der Seite in den Hals. Die Waffe feuert.
    Walt schreit und fällt. Ein Einkaufswagen rollt weg.
    Blut plätschert aus der Wunde des Schützen wie Wasser aus einem Trinkbrunnen. Es fließt über seinen Hals und durchtränkt seinen T-Shirt-Kragen.
    Der Killer wirbelt zu Miriam herum, eine unkoordinierte Pirouette. Die aus seinem Hals ragende Gabel sieht aus wie ein Hebel, an dem man ziehen könnte, um ihn abzuschalten.
    Sie stellt fest, dass sie plötzlich in den Lauf der Glock blickt.
    »Du bist die, die sich immer einmischt«, sagt er mit Lippen, die nass von Blut sind. Die Worte sind nicht wütend. Wehmütig vielleicht. Traurig. Eindeutig traurig.
    Ein Aufblitzen der Mündung. Sie hört es nicht einmal.
    Aber sie spürt es. Ihr Kopf schlingert – eine brennende Empfindung in der Tiefe ihres Schädels wie der sengende Blick von Satan persönlich.
    Der Mann bricht zusammen und fällt seitwärts in ein Regal mit Muschelschmuck, Piratenschnickschnack und Strandschneekugeln, die nicht mit Schneeflocken, sondern Sand gefüllt sind. Sie zersplittern, als sie auf dem Boden aufkommen.
    Miriam will etwas sagen.
    Doch anscheinend ist ihr Mund nicht mehr länger mit ihrem Gehirn verbunden.
    Für die Welt mag das ein Segen sein.
    Aber für sie birgt das einen gewissen Schrecken.
    Eine tiefe und elende Dunkelheit greift nach ihr und lässt nicht mehr los.

ZWISCHENSPIEL

Der Unbefugte
    Miriam sitzt am Strand, ihr Hintern ruht auf einem billigen weißen Plastikstuhl, die Hände zusammengelegt auf einem Terrassentisch aus demselben Material, die Zeheneingegraben im kalten Sand als wären sie eine Reihe Straußenköpfe.
    Ihr gegenüber sitzt ihr erster Freund, Ben Hodges, dem die Schrotflinte, die er sich vor so langer Zeit in den Mund gesteckt hat, den Hinterkopf wegsprengte. Damals, als sie beide dumme, geile Teenager auf der Highschool waren. Sie fickten. Sie wurde schwanger. Er brachte sich um. Und seine Mutter ließ ihre Einsame-Mutter-Wut mit einer roten Schneeschippe an Miriam aus.
    Jener Tag. Der Tag, an dem Miriam wirklich geboren wurde. Die Jetzt-Miriam. Die Miriam mit diesem Fluch, dieser Gabe, dieser Sache , die sie auslöst.
    Ben räuspert sich.
    Zwei Vögel mit dunklen Flügeln – Krähen, jede mit einem zehncentstückgroßen roten Spritzer auf jedem Flügel – picken an seinem freiliegenden Gehirn, als würden sie nach Würmern suchen.
    Das Meer rollt heran, das Meer rollt hinaus, das unabänderliche Rauschen der Gezeiten.
    »Ich wusste, du würdest nicht lange fortbleiben können«, sagt Ben.
    Doch Miriam weiß, dass das nicht Ben ist. Früher hätte sie gesagt, er sei ein Gebilde ihrer Fantasie, ein von ihr selbst kreierter, gestaltwandelnder Folterknecht, und vielleicht trifft das auch zu. Aber sicher ist sie sich inzwischen nicht mehr. Sicher war sie sich eigentlich nie.
    »Ich bin, wer ich bin.«
    »Genau darauf verlassen wir uns.«
    Sie nimmt die Hände auseinander und beugt sich vor. »Wir. Dieses Wort hast du jetzt schon öfter benutzt.«
    »Wir sind Legion. Die Dämonen in deinem Kopf.«
    »Dann ist das alles also nur eine Halluzination? Du bist bloß irgendein Arschloch, das ich mir ausgedacht habe?«
    Ben schweigt. Seine Augen funkeln boshaft.
    In diesem Moment reißt eine der Krähen den Kopf hoch, in ihrem Schnabel ist etwas, das wie eine zähe Sehne aussieht. Bens linker Arm schnellt hoch. Als der Vogel die Sehne fallen lässt, plumpst der Arm wieder an die Seite zurück.
    Die Vögel steuern ihn wie eine Marionette.
    Putzig.
    Und dann zieht ein Schatten über Miriam hinweg. Sie schaut nach oben, sieht einen Folienballon am Himmel schweben und vor der blassen Scheibe vorbeiziehen, die hier als Sonne gilt. Als sie Ben wieder ansieht, ist er nicht mehr Ben. Stattdessen ist er der
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