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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition)
Autoren: Chuck Wendig
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Einzige hier, der je nett zu mir war. Und wahrscheinlich auch der Einzige, zu dem sie je nett war.
    Scheiß drauf!
    Sie zieht einen ihrer Handschuhe aus.
    Dann den anderen.
    Miriam wirft beide über die Schulter. Ihre Hände sind sonderbar blass, blasser als ihr übriger Körper, die Fingerspitzen verschrumpelt, als hätte sie ein ausgedehntes Bad genommen.
    Wenn Louis wirklich wollte, dass sie sich zusammenreißt, dann wäre er hier. Und das war er nicht.
    Miriam lässt die Fingerknöchel knacken und geht zurück in den Laden.

ZWEI

Die Befreiung der Miriam Black
    Peggy hat an der vorletzten Kasse für Miriam übernommen. Miriam marschiert geradewegs zu ihr hin, tippt ihr auf die Schulter und bietet ihr die Hand an – ach ja, der unehrliche Händedruck, ihr guter alter Trick, um die Leute dazu zu bringen, sie zu berühren. Nur für diesen kurzen Moment Haut an Haut, der nötig ist, um die übersinnlichen Todesvisionen in ihr auszulösen. Es juckt Miriam in den Fingern, zu erfahren, wie diese Frau den Löffel abgibt. Sie giert danach. Verzweifelt wie ein Junkie.
    Sie hofft auf irgendeinen Arschkrebs.
    »Ich wollte nur danke sagen«, lügt Miriam durch zusammengebissene Zähne hindurch. Danke mit Arschkrebs. »Wollte es auf ehrenhafte Art tun und dir die Hand schütteln.«
    Peggy kauft ihr das nicht ab. Sie blickt auf Miriams Hand herab, als wär es keine Hand, sondern vielmehr eine große, stinkende Tarantula.
    Nimm meine Hand, Lady.
    Ich brauche das.
    Ich muss es sehen.
    Es ist schon so lange her. Ihre Hände kribbeln förmlich.
    Früher hasste sie ihren Fluch.
    Das tut sie immer noch. Aber das ändert nichts an ihrem Verlangen.
    Schüttle meine beschissene Hand!
    »Schwirr ab!«, sagt Peggy.
    Das vernichtet die Gier.
    Peggy dreht ihr den Rücken zu. Fertigt weiter Leute ab. Biep, biep, biep.
    »Komm schon«, drängt Miriam nun, zitternd. »Lass uns diese Sache professionell beenden.«
    Peggy ignoriert sie weiter. Die Kunden starren sie an.
    Biep, biep, biep.
    »Hey. Hallo! Ich rede mit dir. Schüttle meine verdammte Hand!«
    Peggy macht sich nicht mal die Mühe, sich umzudrehen. »Ich hab gesagt, schwirr ab!«
    Miriams Hände schmerzen regelrecht. Sie kommt sich vor wie ein Hund, der einem Mann beim Essen eines Steaks zusieht – das Verlangen, der Hunger, spürbar in ihrem Kiefer, die Anspannung vor dem Speichelfluss. Nichts will sie mehr, als diesen Korken knallen zu lassen. »Na schön, du unausstehliche Fotze, dann muss ich das hier eben auf die harte Tour machen.«
    Die Füße fest im Boden verankert, an dem Punkt, von dem es kein Zurück mehr gibt, packt Miriam Peggy, wirbelt sie herum und schlägt sie –
    Peggy schreit. Sie rennt, stolpert über eine Leiche, die mit dem Gesicht nach unten auf den sandigen Bodenfliesen des Ship Bottom Allerlei liegt. Der Tote ist Walt, der Einkaufswagentyp. Blut sammelt sich unter Peggys Händen, Blut, das nicht ihr eigenes ist, und aus ihrer Kehle dringt ein Schrei, der sich wie das Blöken eines Tieres anhört, kurz bevor das Messer über seinen Hals gezogen wird. Aber Peggys Schrei ertönt nicht allein; der ganze Laden ist voller schreiender Leute, die geduckt durch die Gänge rennen und versuchen, die Tür zu erreichen. Und dann teilt ein dünner Mann die Menge   – er gehört nicht dazu, mit seiner dunklen Sonnenbrille und dem schwarzen T-Shirt mit V-Ausschnitt und der mit Essen oder Motorenöl oder wer weiß was bekleckerten Khakihose. Er hebt eine Pistole, eine klobige Glock, und es knallt. Die Kugel reißt Peggy ein Stück ihrer orangehaarigen Kopfhaut vom Schädel, und dann rast eine w eitere Kugel wie ein Zug durch ihre Lunge, und sie holt ein letztes Mal flackernd Luft.
    – mit dem Handrücken, und Peggys Kopf schnellt nach hinten. Aber nicht sie ist es, die nach der Ohrfeige benommen zurückbleibt. Miriam kann hören, wie das Blut durch ihre Ohren braust, ihr wird schwindelig. Die Welt schwankt, und sie kann nicht glauben, dass es tatsächlich wahr sein kann. Dass das, was sie gesehen hat, wirklich geschehen wird.
    Peggy hat noch drei Minuten zu leben.
    Drei Minuten.
    Hier. Jetzt. Heute.
    O Gott!
    Die Tür geht auf und Walt rackert sich ab, um eine ungebärdige Herde Einkaufswagen hereinzubringen, nichtsdestotrotz pfeift er eine fröhliche Melodie.
    Peggy gafft sie an. »Ich rufe die Polizei!«
    Miriam hört sie, aber die Worte sind wie ein fernes Echo, so als würden sie von jemand unter Wasser gesprochen. Statt zu antworten schweift ihr Blick ans Ende
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