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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition)
Autoren: Chuck Wendig
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nächstbesten Pflanzkelle den Arm ab.
    Sie fasst sich in den Schritt, als sie bei den zwei Potdealern vorbeikommt: Scudder und Nils, der erste die schlaksige Strandgammlerversion eines Ichabod Crane, der zweite vom Typ bierbäuchiges Muttersöhnchen mit Rauschebart und schwarzgerahmter Brille. Beide winken mit einem breiten und dämlichen Grinsen zurück. Wie sie es immer tun.
    Dann: Daheim.
    »Daheim.«
    Was auch immer.
    Draußen vor dem Eingang befinden sich abgestorbene Ringelblumen in einem Übertopf aus krummen Ziegeln. Daneben steht ein Keramikgartenzwerg mit einem gezackten Loch in der Stirn – einem Loch, das Miriam ihm mit einem rostigen Minigolfschläger verpasst hat, den sie hinterm Wohnwagen gefunden hatte. Ein Schläger, den sie seitdem für verschiedene Zwecke benutzt: um Kiesel vom Dach des Airstreams zu schlagen, um sich den Rücken zu kratzen oder um Methjunkies und Kakerlaken gleichermaßen zu bedrohen.
    Der Schläger liegt ganz in der Nähe, in hohem Gras und Unkraut.
    Die Schwelle dieses Wohnwagens zu überschreiten führt jedes Mal dazu, dass sich Miriams Magen zusammenzieht und fest verknotet.
    »Schotten dicht!«, sagt sie.
    Hinein in den Bauch des silbernen Wals.
    Metallwände. Küstendekor – Pastell und Holzverkleidung und 1980er-Einbaumöbel. Sie hat alles unberührt gelassen. Das Einzige, was Miriam an Dekorationsarbeiten gemacht hat, ist ein Vogelskelett über die Spüle zu hängen.Sie nimmt an, dass es von einer Krähe stammt. Sie hatte den Kadaver vor ungefähr drei Monaten gefunden, der Großteil des Fleisches war bereits von Ameisen gefressen worden, an den Knochen klebten noch ein paar Federn.
    Mehr zu tun als dieses eine Ding aufzuhängen würde sich anfühlen, als gehörte ihr der Wohnwagen. Als würde sie tatsächlich hier leben .
    Was sie natürlich tat. Aber Realismus war noch nie ihre starke Seite.
    »Ei, ei, Vögelchen!«, sagt sie in ihrer besten Babysprache. Sie tippt das Krähenskelett an, das sie mit Angelleine und Bindedraht an ein paar Eisstiele gekreuzigt hat. Der tote Vogel dreht sich träge im Nachmittagslicht.
    Louis hat versucht sie davon zu überzeugen, dass das Vogelskelett widerlich ist und dass es nicht in den Wohnwagen gehört, schon gar nicht in die Spüle, wo sie abwaschen.
    Sie hat ihm geantwortet, dass es das Einzige ist, was sie hier haben will, das Einzige, was ihr hier wirklich gehört , und dass, sollte er es entfernen, sie sich auf seine Brust setzen würde, während er schliefe, und ihm den Schwanz mit einem Latthammer breitklopfen würde. Ferner hat Miriam ihm versichert, dass diese Anwendung dem Hammer seinen Namen überhaupt erst eingebracht habe, weil er nämlich hervorragend dafür geeignet sei, Latten breitzuklopfen. Wenn er also je wieder eine solche haben wollte, sollte er sich vorsehen.
    Sie waren nicht miteinander ausgekommen.
    Sie sind ein Liebespaar gewesen. Er war behutsam und süß und überredete sie, in Jersey zu bleiben. Er nahm etwas von seinem angesparten Geld, um eine Bleibe zu kaufen, sagte, sie könnten dort leben. Er sagte, es würde gut laufen, denn durch seine langen Fahrten die Ostküste hoch und runter wäre er ja nicht allzu oft hier. Und hey, sie könntesich doch einen Job besorgen und anfangen, sesshaft zu werden. Blablabla, die schöne Normalität …
    Miriam will gar nicht daran denken.
    Die Schusswunde an ihrem Kopf pocht. Sie berührt sie mit einem Finger. Klebrig. Schmierig wie feuchtes Mehl. Rosa Flüssigkeit, nicht rote, befeuchtet ihre Fingerspitze.
    Sie kann es sich nicht verkneifen, an der Wunde herumzukratzen.
    Für eine Weile gab es die zarte Hoffnung, dass sie und Louis aus der Sache wirklich etwas machen könnten. Doch aus der Hoffnung wurde Verbitterung, und es dauerte nicht lange, bis der Airstream sich weniger wie ein Ort zum sesshaft werden anfühlte, sondern eher wie ein Blechkistengrab.
    Jetzt sind sie Zimmergenossen. Freunde. Und Feinde. Ab und zu überkommt sie immer noch das Verlangen, und sie steigt auf ihn wie ein kleines Mädchen in einen großen Sattel und sie haben einen Gnadenfick. Vielleicht ist die Gnade für ihn. Vielleicht auch für sie.
    Wer weiß. Wen kümmert’s.
    Louis ist zwei von drei Wochen weg.
    Dies ist eine solche Woche, aber sie endet jetzt. Er könnte jederzeit heimkommen. Sie schnuppert. Kein Old Spice – das alte Old Spice, nicht das neue, das für sie so riecht wie der Klostein einer ukrainischen Badeanstalt.
    Je länger er wegbleibt, desto schwächer wird dieser
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