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Loderne Glut

Titel: Loderne Glut
Autoren: Jude Deveraux
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Kapitel Eins
    Kingman, Kalifornien
    Juli 1913
    Eine sachte Brise strich über die Gräser auf dem fünfzehnhundert Morgen großen, fruchtbaren Farmland der Caulden-Ranch und raschelte in den Blättern der Obst- und Walnußbäume. Auf dem riesigen Besitz gediehen Pfirsiche, Feigen und Mandeln, und Kornähren trockneten in der sengenden Hitze. Wie jedes Jahr um diese Zeit war seit zwei Monaten kein Tropfen Regen mehr gefallen, und jedermann hoffte, daß das Wetter noch ein paar Wochen so blieb, bis die Hopfenernte eingebracht war.
    Der Hopfen - das wichtigste Anbauprodukt der Caulden-Ranch - stand, sich an fünf Meter hohen Stangen emporrankend, dicht vor dem Höhepunkt seiner Reife. Er fing an, sich gelb zu verfärben, und war voller Saft. In einigen Wochen würden die Hopfenpflücker hier eintreffen, die Ranken von ihren Stützfäden reißen und sie in die Darren zum Trocknen bringen.
    Es war noch sehr früh am Morgen, die vielen angestellten Farmknechte waren gerade erst aufgestanden und bereiteten sich für die Arbeit vor. Doch schon herrschte eine brütende Hitze, und die meisten Arbeiter würden auf den langen, flachen Äckern der gnadenlosen Sonne ausgesetzt sein. Nur einige konnten das Glück haben, den Tag auf den schattigen Hopfenfeldern verbringen zu dürfen, wo die Ranken ein schützendes Dach über ihren Köpfen bildeten.
    Mitten durch die Ranch lief eine vielbenützte Landstraße, von der andere Straßen abzweigten - und all diese Verkehrswege führten an mächtigen Scheunen, Wohnbaracken für die Arbeiter und den riesigen, mit Schornsteinen versehenen Darreöfen vorbei.
    In der Mitte der Ranch, sein Gesicht nach Norden gerichtet, stand das große Caulden-Haus, erbaut aus den hier am Ort gebrannten roten Ziegeln, mit einer weißgestrichenen, um zwei Seiten herumgezogenen Veranda und Baikonen, die im Oberstock aus den Mauern vorsprangen. Hohe Palmen und alte Magnolienbäume schirmten das Haus gegen die Sonne ab und spendeten dem Inneren kühlenden Schatten.
    Im westlichen Schlafzimmer im Oberstock schlief Amanda Caulden noch, ihre dichten kastanienbraunen Haare zu einem dicken Zopf im Nacken geflochten. Ihr züchtiges, schlichtes Nachtgewand war bis zum Kinn hinauf zugeknöpft, die Manschetten sorgsam über die Handgelenke heruntergezogen. Sie lag auf dem Rücken, die Decke war über die Brüste gebreitet, und die Hände hatte sie über dem Brustkorb verschränkt. Das Bettzeug war nur ein wenig aus seiner Ordnung geraten; das Bett sah aus, als sei es eben erst gerichtet worden - doch eine Zweiundzwanzigjährige Frau hatte die Nacht darin verbracht.
    Das Zimmer wirkte genauso aufgeräumt wie das Bett. Von der jungen Frau abgesehen, die so regungslos auf dem Rücken lag, waren hier kaum Anzeichen von Leben zu entdecken. Da war das Bett, teuer und gediegen, und zwei Stühle, ein Tisch hier und dort, die Tür eines Kleiderschranks, Vorhänge an den drei Fenstern. Keine Häkeldeckchen schmückten die Tische, keine Preise, die ein männlicher Verehrer auf Jahrmärkten gewonnen hatte, zierten die Simse, keine seidenen Tanzschuhe lagen herum. Da gab es kein Puder auf der Frisierkommode, waren keine Haarnadeln verstreut. In den Schubladen und im Kleiderschrank herrschte eine perfekte Ordnung. Es gab keine an die Rückwand gequetschten Kleider, die man aus einer Laune heraus gekauft und dann nie getragen hatte. Achtzehn in Leder gebundene Bücher standen auf einem Wandbrett unter dem Fenster, alle von großer intellektueller Bedeutung. Hier fand man keine Romane von einem hübschen jungen Mädchen, das verführt wurde.
    Auf der Hintertreppe näherte sich geschäftig, ihr makellos sauberes blaues Kleid glattstreichend, Mrs. Gunston. Sie straffte ihren Rücken und sammelte sich vor Amandas Schlafzimmer, ehe sie einmal rasch und scharf an die Tür klopfte und diese dann öffnete.
    »Guten Morgen«, sagte sie mit lauter Kommandostimme, was eigentlich hieß: »Steh sofort auf; ich habe keine Zeit zu verplempern!« Sie eilte durch den Raum und riß die Vorhänge auf, als wären es ihre Feinde. Mrs. Gunston war eine stattliche Erscheinung, sie hatte grobe Knochen, ein großflächiges Gesicht, riesige Füße und Hände wie Pflugscharen.
    Amanda wachte genauso rasch auf, wie sie einschlief. Eben noch schlummernd, hatte sie in der nächsten Sekunde die Augen offen, erhob sich in der übernächsten leise aus dem Bett und blickte Mrs. Gunston an.
    Mrs. Gunston betrachtete stirnrunzelnd - wie jeden Morgen Amandas schlanke,
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