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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut
Autoren: Willi Voss
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hätten gegessen, sie hätten getrunken, und dann habe es sich einfach ergeben. »Ich habe ihm nicht längerwiderstehen können.« Wie verrückt sei sie nach ihm gewesen, süchtig, ja richtiggehend süchtig und immer in der Angst, ihn zu verlieren. »Ich habe ihm Geld geschickt, damit er mich besuchen konnte. Ich habe ihm Geschenke gemacht, habe ihn ausgeführt, bin mit ihm in Frankreich gewesen und … Nach meiner Scheidung stand ich ohne alles da. Zwei kleine Kinder, keine Arbeit, aber die Schuldenberge meines Mannes, der sich in die Sozialhilfe abgesetzt hatte. Aber ich habe nicht aufgegeben, habe Putzstellen angenommen, habe mich mit den Gläubigern auseinandergesetzt und alles auf Heller und Pfennig zurückgezahlt. Und nebenbei, die Nächte durch, habe ich studiert, habe dann sozusagen in der Küche mein Geschäft angefangen und es aufgebaut und im Laufe der Zeit zu dem gemacht, was es heute ist. Jetzt beschäftige ich dreiundfünfzig Mitarbeiter. Dreiundfünfzig, verstehen Sie?« Brüchige Stimme, geballte Hände. »Nur gelebt habe ich nie.«
    Präzise, als wäre sie im Diktat, hatte sie die Umstände und schließlich die Tat selbst geschildert.
    Schon kurz nach ihrer Ankunft in Lemförde hätte sie ihre Tochter verdächtigt, sich mit Böse eingelassen zu haben. Bestätigt worden sei sie an jenem Abend im Festzelt. Ihre Tochter und Böse seien auf der Tanzfläche gewesen, als Melanies Telefon geläutet hätte. Sie habe das Gespräch angenommen und die SMS einer Freiburger Freundin Melanies gelesen. Aus Neugier habe sie auch in den gespeicherten Nachrichten geblättert und darin eine von Böse gefunden, die unmissverständlich gewesen sei. Zwar habe sie sich nichts anmerken lassen, aber sie sei entschlossen gewesen, die »Angelegenheit« noch in der gleichen Nacht zu klären. Deshalb habe sie Böse gebeten, sie nach Hause zu fahren. Er habe darauf bestanden, zuerst zu seinem Vater zu fahren. Gründe dafür habe er nicht genannt. In ihrem Haus angekommen, habe sie ihn, weil ihr Sohn im Wohnzimmer saß, in ihr Zimmer gebeten. Sie habe ihm einen Espresso gemacht und ihn, während er ihn trank, mit »ihrem Wissen« konfrontiert. Böse,der angetrunken, aber nicht betrunken gewesen sei, sei kalt wie »eine Hundeschnauze« gewesen. »Er hat mich ausgelacht. Und als ich ihn fragte, ob denn alles zwischen uns nur Berechnung und Lüge gewesen sei, da hat er mich verächtlich angesehen und gesagt, die Antwort findest du, wenn du dich nackt vor den Spiegel stellst.« Sie wisse gar nicht mehr, was in ihr vorgegangen sei. Sie sei nicht mehr sie selbst gewesen, eine andere, sie habe einfach nach der auf dem Sideboard stehenden Reiterfigur gegriffen und in blinder Wut zugeschlagen.
    Zur Besinnung sei sie erst wieder gekommen, als sie ihren Sohn neben dem auf dem Boden liegenden und fürchterlich blutenden Böse entdeckt habe. Sie sei wie gelähmt gewesen, entsetzt, hilflos und nicht fähig, einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Sie habe die Polizei rufen, alles erklären und zur Tat stehen wollen. Aber dann habe »das andere« gesiegt: Die Furcht vor der Schande, die Angst, entlarvt, als Mörderin abgestempelt und eingesperrt zu werden. »Meine Firma, meine Familie, die Geschäftsfreunde …« Vor allem Moritz habe gedrängt, Böse »aus dem Haus zu schaffen«. Es sei auch seine Idee gewesen, die Leiche zum Deich zu bringen und an der Stele abzulegen. Dort sei ja schon der Bruder des Alten erhängt gefunden worden. »Wir haben eine Plastiktüte über Thorstens blutenden Kopf gezogen und zugebunden. Wir haben ihn in Laken eingerollt und wollten ihn in den Porsche legen. Aber da ich wusste, dass der zu wenig Benzin hatte, ist Moritz zum Tanken gefahren. Bezahlt hat er mit Thorstens Bankkarte, deren PIN ich kannte. Danach haben wir den Körper in den Porsche gesetzt. Moritz ist mit ihm vorausgefahren, ich mit seinem hinterher. Wir hofften, der Verdacht werde sich gegen den alten Böse richten. Ja, und dann haben wir ihn an die Stele gebunden, so als wenn er sich daran das Leben genommen hätte. Aber, hatte sie mit aller Entschiedenheit gesagt, »in die Güllegrube haben wir ihn nicht gebracht«!
    Die Frage war nur, wie die Leiche da hineingeraten war.
    Lorinser seufzte. »Sie sagten, Sie hätten Thorsten mehrmals Geld gegeben. Auch größere Summen?«
    »Ja, einmal zwölftausend. Vor vierzehn Tagen. Er wollte sich eine eigene Wohnung einrichten.«
    »Als Darlehen?«
    »Nein, ich hab ihm das Geld geschenkt.«
    Lorinser hakte
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