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Anthologie - Das Ginsterbett

Anthologie - Das Ginsterbett

Titel: Anthologie - Das Ginsterbett
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BENGT MARTIN
Wohltätigkeit
    »Du brauchst keine Angst zu haben… du kannst gern zwischen Baum und Borke sitzen, Baum und Borke wären nur froh darüber«, sagte sie.
    Verdammt, wie der Jasmin duftete, und es blieb hell bis Mitternacht…
    Ich war für eine Woche von Mona und Staffan nach Blidö in ihr gemietetes Sommerhaus eingeladen worden.
    »Du brauchst nichts mitzubringen, es reicht, wenn wir nur dich eine Woche hier haben können«, meinte Staffan am Telefon.
    »Wir würden uns sehr freuen, wenn du kämst und uns ein bißchen aufmuntertest«, sagte Mona am Telefon.
    »Wir können alte Erinnerungen aufwärmen, und eines ergibt das andere… sag nicht nein!« bat Staffan am Telefon.
    »Es wird prima zu dritt… bitte, komm!« hörte ich Mona durchs Telefon.
    Der Hörer flog wie ein verirrter Spatz zwischen ihren Händen, Ohren und Mündern hin und her.
    Alte Erinnerungen aufwärmen, es wird prima zu dritt oder eins ergibt das andere – , da war eigentlich nichts, worüber man Worte zu machen brauchte oder was einen einsamen Teufel in Schreck versetzen sollte. Auch daß sie mich dort haben wollten, könnte alles mögliche bedeuten, sich treffen, diskutieren, essen, Spazierengehen, geistlos am Strand liegen, sich vollaufen lassen… ja, es könnte nahezu alles bedeuten.
    Es war nur so, daß ich aus ihren heiter frischen Stimmen einen kleinen, brüchigen Angstlaut heraushörte, den ich mir nicht zu erklären vermochte.
    Ich zögerte. Was erwarteten sie von mir? Ich empfand ein intensives Gefühl, daß sie gerade von mir etwas erwarteten.
    Vielleicht war es nur Einbildung. Man bildet sich so viel ein, wenn man allein ist.
    Und trotzdem!
    Ich hatte das Gefühl, daß da nicht nur meine guten Freunde waren, die ganz einfach anriefen und mich zu einem Picknick im Grünen einluden; mein Auftauchen in dem Sommerhaus an der Landzunge könnte vielmehr von entscheidender Bedeutung für sie sein. Und für mich.
    Was, zum Teufel, erwarteten sie von mir?
    Ich kann nicht anders, ich bin mißtrauisch zur Welt gekommen, und werde sie sicher mit dem Gedanken verlassen, daß auch etwas dahinter steckt.
    Ich versuchte, eine Ablehnung zu formulieren, konnte mich aber nicht entsinnen, wie man so etwas macht.
    Deshalb nahm ich an.
    »Danke, ich komme«, sagte ich freundlich und wohlerzogen, schmierte die Buszeiten auf eine Kneipenrechnung und verbeugte mich vor dem lieben Hörer mit dem verdrießlichen Maul.
    »Wir treffen uns also!« schrie Mona.
    Es klang wie ein Jubelruf. Das üble Gefühl in meinem Magen konnte ich mir nicht erklären.
    Die Sonne schien, und an der Bushaltestelle roch es nach Pommes frites.
    Ich kaufte ›Liebe I‹ am Kiosk. Die rote Farbe des Buches schrie laut von dem Fensterplatz, wo ich saß und irgendein Glücksgefühl über eine Woche auf dem Lande in mir zu entdekken suchte.
    Aber es war nichts vom Kinde in mir übriggeblieben.
    Staffan redete nervös und pausenlos. Mona ging meistens still neben uns her. Sie schielte ab und zu in meine Richtung, aber wenn ich versuchte ihren Blick zu treffen, sah sie starr auf ihre Schuhe.
    »Da draußen«, sagte Staffan und zeigte auf die Bucht, »da draußen gibt es verdammt viel Barsche. Und dort unten am Berg liegt der Kaufmannsladen. Und dort…«
    Als wenn ich dort öfter hingehen wollte.
    Zum Teufel, was schnatterte er nervös, schnatterte, zeigte in die Gegend und schmiß Zigarettenstummel hinter sich auf den trockenen Waldweg. Ehe wir endlich ankamen, hatte er drei Stück geraucht. Ich begann zu glauben, daß er den Wald absichtlich in Flammen aufgehen lassen wollte… ja, den ganzen verfluchten Staat.
    »Weißt du, eigentlich finde ich keine Ruhe hier draußen«, sagte er, »ich kann nicht eine Minute abschalten.«
    Aber es war nicht nur das.
    Monas Schweigen umflatterte uns. Sieht dem Mädchen nicht ähnlich, dachte ich. Sie wirkte so scheu jetzt, hatte sich verändert. Sie versuchte sich aufzuraffen:
    »Stell dir vor, am ersten Tag hier draußen wurde Traviata von einem Pudel gedeckt. Staffan goß einen Eimer Wasser über die Köter, aber nicht einmal das half… sie machten weiter… als wenn nichts passiert wäre. Unsere Einmischung bedeutete nichts… nichts…«
    Sie schwieg, sah verlegen aus. Ich begriff nicht, warum. Wir waren alle drei gewohnt, offen zu sprechen, worüber wir Lust hatten.
    Traviata strich an unseren Beinen vorbei. Dackel und Pudel. Was für putzige, kleine Mischlinge das geben wird, dachte ich.
    Mona nahm wieder das Wort:
    »Wir lassen
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