Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
Amos würde sie fortsetzen, wenn der Alte sich wieder beruhigt hatte.
    Die Gelegenheit ergab sich, als sie einem Regiment von uralten, verholzten Sandnesseln zu Leibe rückte. Amos tauchte neben ihr auf, stellte einen Krug mit kaltem Wasser in den Schatten eines Busches und begann schweigend, ihr zu helfen.
    »Was weißt du eigentlich von Martens Geschäften?«, fragte Ida beiläufig und streckte einen besonders hartnäckigen Gegner mit einem kräftigen Hieb ihrer Hacke nieder.
    Amos rupfte heftig an einer Pflanze und riss sie endlich mitsamt ihrem ansehnlichen Wurzelballen aus der Erde. Er warf sie keuchend hinter sich und wischte sich die Stirn. »Was soll ich wissen?«, fragte er kurzatmig.
    »Nun, welcher Art seine Beschäftigung ist, mit welchen Leuten er umgeht, so etwas eben«, erwiderte Ida ungeduldig.
    Amos schnaubte gründlich in ein nicht ganz sauberes Tuch und steckte es wieder zurück in seine Tasche. »Ja, nun, was man eben so macht«, sagte er ausweichend. »Geschäfte halt.« Er warf ihr einen schrägen Blick zu und beugte sich wieder über die Nesseln. »Du musst doch darüber besser Bescheid wissen als ich, wenn er dich sogar zur Khanÿ mitnimmt.«
    Ida nickte unzufrieden. »Also weißt du, was er treibt, und du kennst seine Kumpane«, sagte sie enttäuscht. »Und du heißt es gut?«
    Amos richtete sich schwerfällig auf und blitzte sie an. Seine buschigen weißen Brauen waren finster zusammengezogen. »Natürlich heiße ich es gut. Er ist ein guter Junge; er war vielleicht ein wenig wild in seiner Jugend, aber das ist vorbei. Und über seine ›Kumpane‹, wie du es auszudrücken beliebst, kann ich dir nichts sagen. Ich kenne die Khanÿ, sie ist eine äußerst bemerkenswerte, tatkräftige Frau, die ich über alles schätze. Ich wollte nur, es gäbe mehr von ihrem Format hier im Hort und in der Hierarchie!« Er warf seine Hacke zu Boden und stapfte zum Haus zurück.
    Ida sah ihm sprachlos nach, dann hackte sie mit aufflammender Wut auf das Unkraut ein. »Ich hätte es mir doch denken können«, schimpfte sie vor sich hin. »Verbrecher, Schurken, Halsabschneider, der eine wie der andere! Was habe ich erwartet?« Sie stieß die Hacke tief in den harten Boden und fluchte wütend, als sie sie nicht wieder befreien konnte.
    »Macht es dir auch Spaß?«, fragte scheinheilig Martens Bassstimme hinter ihr. Sie schrie erschreckt auf, weil sie ihn nicht hatte kommen hören, und ließ die Hacke los. Er griff mit seinen riesigen Pranken danach. Ida sah, wie seine mächtigen Arm- und Schultermuskeln sich unter dem leichten Stoff seiner Tunika wölbten. Er grunzte, und die Hacke löste sich aus dem Boden. »Bitte sehr, Prinzessin«, sagte er höflich und hielt sie ihr hin.
    Ida verschränkte die Arme über der Brust und funkelte ihn an. »Wie steht es mit meiner Audienz bei ihrer Gnaden?«, fragte sie sarkastisch.
    Marten hob die Brauen und begann, Idas Arbeit fortzuführen. »So gut hat der Garten schon lange nicht mehr ausgesehen«, bemerkte er im Plauderton. »Der alte Amos schafft es nicht mehr alleine. Es wird Zeit, dass ich wieder hierher ziehe. Das wäre doch eine gute Idee, meinst du nicht auch?« Er pfiff leise und falsch ein paar fröhliche Töne.
    Ida schluckte ihre Wut herunter und nahm Amos' weggeworfene Hacke auf. Sie arbeiteten sich gemeinsam schweigend durch einiges Gestrüpp und steinharten Boden.
    Die Sonne verschwand hinter dem Haus, und die Schatten wurden länger. Marten hatte sich inzwischen seiner Tunika entledigt und stützte sich schweißüberströmt und schwer atmend auf den Stiel seiner Hacke. »Ich könnte einen Schluck zu trinken vertragen«, schnaufte er. Sein Gesicht war heftig gerötet, und er wischte sich mit dem Arm über die feuchte Stirn. Ida, die inzwischen rechtschaffen müde war, holte den Krug unter dem Busch hervor und reichte ihn Marten, der ihn an den Mund setzte und mit zurückgeworfenem Kopf gierig trank.
    »Lass mir gefälligst was übrig«, schimpfte Ida. Marten setzte ihn ab und grunzte zufrieden. Dann gab er Ida den Krug und griff wieder nach der Hacke. Ida trank aus und reckte sich stöhnend. »Ich höre auf. Ich bin fix und fertig. Wie war das, hattest du deinem Onkel nicht vollmundig versprochen, dich heute um unser leibliches Wohl zu kümmern, edler Ritter? Es wäre doch wohl an der Zeit, sich an den Herd zu begeben. Oder soll ich ...?«
    »Untersteh dich«, entfuhr es Marten. Er ließ die Hacke fallen und wischte sich über die Brust und den schweißnassen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher