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Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung
Autoren: Susanne Gerdom
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Gespräch fort, als hätte es keine Unterbrechung gegeben.
    »Das Geschäft geht schlecht. Wahrscheinlich kann ich über kurz oder lang ganz zumachen«, berichtete Amos. Er wendete den Fisch in der Pfanne und streute etwas von einem gelben Gewürz darüber. »Die Leute haben Angst. Die Zitadelle ist wieder bewohnt, und es gehen Gerüchte um, dass der Padischah Krieg gegen die Hierarchie plant. In den letzten beiden Wochen gab es acht öffentliche Auspeitschungen und zwei Hinrichtungen auf dem Forum. Die Protektoren kontrollieren schärfer denn je, und wer nicht unbedingt aus dem Haus muss, der bleibt lieber daheim in seinen vier Wänden.«
    Marten knurrte. Amos servierte ihnen den gebratenen, köstlich duftenden Fisch und dazu Kartoffeln und eine sahnige Sauce. Wieder wurde schweigend und andächtig gegessen. Ida bemerkte, dass Marten seinen Wein nicht anrührte.
    »Was wirst du tun?«, fragte Marten mit besorgter Stimme. Amos holte einen Auflauf aus dem Rohr und zuckte mit den Schultern. Er reichte die gefüllten Teller herum und setzte sich mit einem leisen Ächzer wieder an seinen Platz.
    »Ich bin schon lange nicht mehr darauf angewiesen, die Herberge zu betreiben.« Er probierte mit kritischer Miene einen Bissen. Dann stand er erneut auf und holte zwei Beutelchen mit Gewürzen, die er auf den Tisch legte. »Ich finde, der Auflauf könnte noch etwas Kumrai vertragen, aber probiert lieber selbst. Ich esse gerne scharf, aber das ist nicht jedermanns Sache.« Er lächelte Ida zu und würzte dann kräftig nach. »Ich hätte mich schon vor zwei oder drei Jahren zur Ruhe setzen können«, fuhr er fort und schob eine Gabel voll in seinen Mund. »Aber es hat mir immer noch Vergnügen gemacht, für die Gäste zu kochen. Allzu viel Betrieb war ohnehin nicht mehr.«
    Ida schob ihren nicht ganz geleerten Teller beiseite und öffnete unauffällig den eng gewickelten Bund ihrer Hose, um ihn neu zu knoten. Amos sah besorgt zu ihr hinüber.
    »Hat es dir nicht geschmeckt, junger Freund? Ich könnte dir schnell noch etwas anderes zubereiten, ein Omelett oder ...«
    Ida wehrte beinahe entsetzt ab. »Danke, Amos, wirklich, es war köstlich, aber ich bin schon mehr als gesättigt.«
    Marten sah von seinem Teller auf – er bewältigte gerade anscheinend mühelos die dritte gehäufte Portion – und grinste sie unverschämt an. »Der Bursche isst wie ein Küken«, bemerkte er kauend. »Du siehst doch, wie mager er ist, Amos.«
    Der alte Mann lachte krächzend. »Nicht jeder hat deinen gesegneten Appetit, mein Junge. Na gut, aber du wirst doch noch etwas Platz für den Nachtisch haben, oder?« Er sah Ida flehend an.
    Sie lachte auf und legte ihre Hand auf seine knotigen Finger. »Lass mir etwas Zeit, dann werde ich ihn mit Freuden probieren, Amos. Ihr seid ein wunderbarer Koch.«
    »Nicht wahr?«, warf Marten zufrieden ein. »Er hat sich alle Mühe gegeben, es mich zu lehren, aber ich werde niemals so gut sein wie er.«
    Die beiden Männer sahen sich voller Zuneigung an. Dann räusperte Amos sich ein wenig verlegen und fragte: »Und was treibt euch beide hierher? Geschäfte?«
    Martens Miene verfinsterte sich. Er warf Ida einen kurzen, warnenden Blick zu und sagte: »Ja, das auch. Außerdem habe ich dich schon viel zu lange nicht mehr besucht, mein Alter. Ich hatte Sehnsucht nach dir.«
    »Doch wohl eher nach meiner Küche«, frotzelte Amos, aber seine Augen blickten gerührt.
    Bis zum Ende des Festmahls, das Amos ihnen zu Ehren bereitet hatte, sprachen die beiden Männer nur noch über lange zurückliegende Ereignisse und alte Freunde. Ida lauschte unaufmerksam, müde von der reichlichen Mahlzeit. Amos und Marten schienen sich schon ein Leben lang zu kennen, aber Ida konnte aus ihrer Unterhaltung nicht schließen, wie die Verbindung zwischen dem dicken Mann aus der Hierarchie und dem kleinen alten Nebelhorter zustande gekommen war. Wie mochten sie sich kennen gelernt haben? Wahrscheinlich war es während der Zeit geschehen, als Marten hier als Söldner im Dienst gestanden hatte.
    Marten gähnte schließlich herzzerreißend, und Amos sah ihn prüfend an. »Du siehst aus, als wärst du todmüde«, sagte er.
    Marten blinzelte träge und zog eine Grimasse. »Ich habe zwei Nächte kaum geschlafen.« Amos machte ein fragendes Geräusch und nickte zu dem unberührten Weinbecher hin. Marten schlug die Augen nieder und knurrte verlegen.
    Der alte Mann seufzte schwer und stand auf. »Komm, Junge, ich gebe dir noch dein Bettzeug«, sagte er
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