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No more heartbreak

No more heartbreak

Titel: No more heartbreak
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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KAPITEL 1
    Ein voreiliges Herbstblatt löst sich von einem Baum, landet auf Max’ Jacke, schwebt zu Boden und wird von der Sohle ihres Plateau-Pumps zerquetscht, als sie mit schnellen Schritten den Gehweg entlangeilt. Sie ist auf dem Weg zu ihrem nächsten Fall.
    Mit ihren siebzehn Jahren hat Max bereits so viele Versionen ihrer selbst geschaffen, dass sie längst den Überblick verloren hat – aber die aktuelle gefällt ihr am besten. Bisher musste sich Max immer an die Stilvorgaben der Schulen anpassen, auf die sie wechselte. Als einziges Kind einer alleinerziehenden Mutter musste sie häufig umziehen – immer wenn mal wieder eine Zeitung, für die ihre Mutter schrieb, dichtmachte. Von Denver bis nach Daytona. Ein weiteres gemietetes Möbelsammelsurium, eine weitere Einbauküche mit Fake-Granit-Arbeitsplatte und immer wieder Stapel von Umzugskartons, die nie ausgepackt wurden.
    Max hätte sich dieses Leben zwar nicht unbedingt ausgesucht, aber es hatte sie immerhin zu einer scharfsichtigen Beobachterin der menschlichen Kreatur gemacht.
    Denn eines war Max auf keinen Fall: die Neue, die mit über die Hände gezogenen Pulloverärmeln in einer Ecke kauerte und darauf wartete, dass ein Vampir sie unwiderstehlich fand. Sie konnte scheue Seitenblicke und schüchternes Kauen auf der eigenen Unterlippe nicht ausstehen. Und sie hätte sich lieber von einer Brücke gestürzt, als sich dabei erwischen zu lassen, wie sie ganz am Rand der Schulkantine traurig auf ihr Essenstablett starrte. Also wirklich.
    Im Laufe der Jahre hatte Max ein System entwickelt. Sie hatte schon sehr früh gelernt, dass man sich als »Neue« am besten noch vor Schulbeginn ins örtliche Einkaufszentrum begab und dort seine Zelte bei der angesagtesten Imbissbude aufschlug. Max saß herum und beobachtete heimlich die Mädchen, die dort vorbeigingen. Diejenigen, die mit neidischen Blicken und sarkastischen Kommentaren die Leckereien verschmähten, beachtete sie nicht. Ihre Aufmerksamkeit galt den Mädchen, die stehen blieben und gemeinsam bestellten, die reinhauten, sich dabei gegenseitig vollquasselten und so hemmungslos lachten, dass die Sahnespritzer – oder der Zuckerguss oder die Brezelkrümel – nur so stoben. Max schätzte nichts so sehr wie Sinn für Humor.
    Wenn Max diese Mädchen entdeckt hatte, beobachtete sie, lauschte, schrieb mit und googelte dann so lange, bis sie am ersten Schultag ihren Look genau so weit draufhatte, dass es nicht bemüht wirkte. Max’ System half ihr, augenblicklich eine Clique zu finden, und ihr war es egal, welche Marke ihre Klamotten hatten. Hauptsache, es wurde viel gelacht.
    So kam es, dass ein Schuljahr lang eine sportliche Version von Max existierte, die einen Pferdeschwanz und Turnschuhe trug, und »Hi« statt »Hallo« sagte. In Cincinnati hatte sie so lange nur Leggings getragen, bis die Abdrücke der Nähte sich dauerhaft in ihre Beine gegraben hatten. In der achten Klasse hatte sie ein Jahr lang schwarzen Kajal benutzt und gelangweilt dreingeschaut. Die nächste Version von Max hatte türkisfarbenen Eyeliner getragen und vor Freude geklatscht, wenn es in der Kantine Pizza gab. In der vierten Klasse hatte sie mit Barbies gespielt und ihnen in der fünften die Haare abgeschnitten. Weil sie all die Freunde, die sie auf diese Weise kennengelernt hatte, nicht vor den Kopf stoßen wollte, zeigte ihr Facebook-Foto nicht sie selbst, sondern Audrey Hepburn in dem Bettlaken-Cocktailkleid aus »Frühstück bei Tiffany’s«. Sie kam dem Ideal, dem Max wirklich nachstrebte, am nächsten. Max war überzeugt davon, dass ein Mädchen mit Stil und Verstand beinahe jede Situation meistern konnte.
    Beinahe jede.
    Max hatte sich auf jede neue Schule gefreut und sie war jedes Mal mit offenen Armen aufgenommen worden. Bis ihre Eltern entschieden, dass Max ihre beiden letzten Schuljahre über nicht mehr die Schule wechseln sollte, um es ihr zu erleichtern, von einer Uni des Kalibers aufgenommen zu werden, das ihren Eltern vorschwebte. Also schickten sie Max in ein strenges, humorloses Internat in Neu-England, inklusive Kapelle, Wappen und lateinischem Motto. Bei dem Gedanken daran krampfte sich immer noch ihr Magen zusammen. Und in dieses Humor-Vakuum, diesen Strudel aus Ödnis und Langeweile, trat er . Der Eine. Die Antwort. Der Sinn. Hugo Tillman.
    Durch Hugo fühlte sie sich beachtet und geliebt, er verstand ihre Witze und bewunderte ihren Stil. Und dann passierte das, was irgendwann allen Mädchen an allen Schulen dieser
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