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Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung
Autoren: Susanne Gerdom
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Geburt«, erwiderte er. »Ich bin sein Onkel, der Bruder seiner Mutter. Er ist als Kind oft und lange bei mir gewesen, weil seine Eltern der Meinung waren, er sollte auch die Heimat seiner Mutter kennen lernen. Marten hat sich hier im Hort immer sehr wohl gefühlt, deshalb hat er später auch bei unserem Khan gedient. Während dieser Zeit hat er hier bei mir gewohnt.«
    Ida nickte erstaunt. »Eine Nebelhorterin, die einen Schmied aus der Hierarchie geheiratet hat. Das ist ungewöhnlich, Amos. Dann ist Marten ja zur Hälfte Nebelhorter.« Amos nickte und unterdrückte dann mit entschuldigendem Gesicht ein Gähnen. Ida erhob sich und dankte ihm für das Essen und für seine Geschichte. Er blinzelte müde zu ihr auf und nickte.
    »Morgen erzählst du mir von dir, meine Liebe, willst du das tun? Ich war schon immer neugierig darauf, wie viel von dem, was Simon mir damals aufgetischt hat, erstunken und erlogen war.« Er kicherte, und Ida musste lachen.
    In ihrer Kammer lag sie noch lange wach auf dem niedrigen Bett und starrte ins Dunkel, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Marten hatte sie offenbar wieder einmal belogen, als er ihr das Zerwürfnis zwischen sich und Simon geschildert hatte. Warum er das getan hatte, war ihr nicht verständlich, aber vieles an Martens Verhalten war seltsam. Vielleicht lag es ja daran, dass er ein halber Nebelhorter war. Sie fragte sich, ob Amos wusste oder ahnte, dass sein geliebter Neffe ein gewissenloser Verbrecher war. Konnte ihm das gleichgültig sein? Ida seufzte leise und drehte sich auf die Seite. Amos schien ein gutherziger, aufrichtiger Mann zu sein. Es war kaum vorstellbar, dass er von Martens Gewerbe wusste und es billigte. Aber sie konnte sich irren. Möglicherweise machte die Liebe ihn auch blind für Martens üblen Charakter. Sie hegte nicht die Absicht, ihn darüber aufzuklären. Der alte Mann war freundlich zu ihr gewesen, und sie würde ihn wahrscheinlich niemals wieder sehen, wenn das hier vorbei war. Warum sollte sie ihm Kummer bereiten? Mit einiger Willensanstrengung löste sie ihre Gedanken von dem unerfreulichen Thema und ließ sich in den Schlaf hinübergleiten.

    Ida stand zeitig auf, geweckt von dem sanften Trommeln eines Regenschauers auf ihre Dachluke. Sie blickte hinaus über die feucht glänzenden Dächer der Stadt und fühlte sich in dem diffusen Licht und unter dem grauen Himmel erstmals richtig im Nebelhort. Das Frühstück war bereits fertig, als sie die Küche betrat. Sie frühstückten schweigend.
    Marten stand auf, als Ida gerade ihre zweite Scheibe Brot mit Butter bestrich, und zog seine weiten Hosen über dem fülligen Leib zurecht. »Ich gehe jetzt. Wartet nicht auf mich, ich kann nicht sagen, wie lange es dauern wird.«
    Ida sah auf und funkelte ihn drohend an. »Du wirst mich doch nicht reinlegen, oder?« Amos warf ihr einen Blick zu und sah dann wieder auf seinen Becher. Er hatte die Lippen zusammengepresst und sah besorgt aus.
    Marten schnaubte. »Wir haben eine Abmachung, Prinzessin. Ich gedenke, mich daran zu halten. Inzwischen freue ich mich fast darauf, dich und die Khanÿ zusammenzubringen. Es ist zwar durchaus möglich, dass ich dabei draufgehe, aber zumindest hatte ich vorher noch mein Vergnügen.« Er legte seine schinkengroße Pranke auf Amos' Schulter und drückte sie kurz. »Wenn ich zurück bin, stelle ich mich an den Herd«, sagte er leise. »Heute bist du dran, dich verwöhnen zu lassen, Amos.«
    Der Morgen schlich vorbei. Es hatte inzwischen aufgehört zu regnen, und die Sonne blinzelte hin und wieder aufmunternd durch die Wolken. Ida, die es hasste, herumzusitzen und zu warten, ging in den ummauerten Garten der Herberge hinaus und entsetzte sich über den verwahrlosten Anblick der Beete und der hoffnungslos verwilderten Sträucher. Kurz entschlossen kehrte sie zurück ins Haus und ließ sich von Amos eine Schaufel, ein scharfes Messer und eine Hacke geben.
    Gegen Mittag hockte sie mitten in dem Beet, das vor ewigen Zeiten einmal für Kräuter bestimmt gewesen sein musste und in dem sich noch die eine oder andere verwilderte Petersilienpflanze fand, und rupfte alles aus, was nach Unkraut aussah. Sie hatte bereits mehr als die Hälfte der Beete gesäubert und umgegraben und einen immer noch viel versprechend aussehenden Feuerbohnenbusch beschnitten. Allmählich spürte sie ihre Muskeln. Ihr wurde warm, und sie schlüpfte aus ihrem Hemd und arbeitete in dem leichten, ärmellosen Untergewand weiter.
    Amos kam von Zeit zu Zeit
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