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Das Arrangement

Das Arrangement

Titel: Das Arrangement
Autoren: Suzanne Forster
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PROLOG
    A ndrew Villard konnte sich nicht erinnern, wann er seine müden Augen zuletzt für einen Moment geschlossen hatte. Angestrengt starrte er in die tosenden Meereswellen, die mit voller Wucht gegen den Rumpf des zwanzig Meter langen Schiffes schlugen. Das hier war nicht nur ein Sturm auf hoher See. Seine ganze Welt drohte zusammenzubrechen. Er hielt Ausschau nach dem Körper seiner Frau – und konnte nur noch beten, dass er sie wohlbehalten wiederfinden würde.
    Für ein Leben, wie Andrew es führte, hätte mancher Mann alles gegeben: wohlhabend und dementsprechend einflussreich, besaß er genug Macht, um gewisse Privilegien genießen zu können. In einer Welt, die in Gewinner und Verlierer eingeteilt wurde, gehörte Andrew Villard ganz eindeutig zu den Gewinnern. Doch seit zweiundsiebzig Stunden schien seine Glückssträhne vorüber zu sein. Er stand unter Mordverdacht. Als Hauptverdächtiger.
    Ein Blitz riss den schwarzblauen Himmel über ihm in zwei Hälften. Der Wind peitschte ihm durchs Haar und er umklammerte den Mast, als eine weitere Welle über den Bug schwappte. Um seine Suche fortsetzen zu können, hatte er eine kleine Mannschaft angeheuert. Am Steuer stand ein erfahrener Kapitän, ein Mann aus der Crew hatte bereits das Hauptsegel gerefft und den Sturmklüver getrimmt, um die Jacht zu stabilisieren.
    Andrews Frau Alison war vor drei Tagen auf See verschollen. Bei Sonnenuntergang, sie waren bereits auf dem Heimweg in den Hafen gewesen, war plötzlich ein heftiges Gewitter aufgezogen. Während Andrew unter Deck nach den Rettungswesten suchte, die sich nicht wie üblich im Schrank des Cockpits befanden, hörte er einen so heftigen Schlag gegen den Schiffsrumpf, dass er befürchtete, sie würden kentern. Als er wieder nach oben aufs Deck gestürzt kam, tobte der Sturm bereits, und Alison war verschwunden.
    Sie zu finden war so gut wie unmöglich gewesen. Er war allein auf der großen Jacht, um ihn herum wütete das Gewitter, und die Dunkelheit drohte hereinzubrechen. Der starke Wind hatte ihn schließlich zurück in den Hafen getrieben, wo er die Küstenwache über Funk alarmiert hatte. Doch auch deren Suche an der Küste entlang war erfolglos geblieben. Obwohl sie ihr Manöver bis in den gestrigen Abend fortgesetzt hatten, bis orkanartige Winde sie letztlich zum Aufgeben zwangen, hatten auch die Männer der Küstenwache keine Spur von seiner Frau gefunden.
    Seit Alisons Verschwinden war er jeden Tag draußen auf der stürmischen See gewesen. Trotzdem verhörte man ihn und schien zu bezweifeln, dass es sich tatsächlich um einen Unfall handelte. Man hatte seine Jacht durchsucht und die dabei entdeckten Schäden dem Bezirkssheriff gemeldet. Jeder wusste, dass Andrew Villard leidenschaftlich gern segelte. In seinen Zwanzigern hatte er mit einem Team an Laser-Boot-Rennen bei den olympischen Sommerspielen teilgenommen. Andrew kannte sich in den Gewässern aus, war ein erfahrener Nautiker. Gerade deshalb erschien es manch einem merkwürdig, dass ihm als erfahrenem Segler so etwas passieren sollte.
    Auch ein Team der hiesigen Polizei hatte seine “Bladerunner” inzwischen unter die Lupe genommen und ihn wie einen Tatverdächtigen behandelt. Sie waren auf die zerrissene Rettungsleine und das beschädigte Schiffsdeck gestoßen. Es würde nicht lange dauern, bis ihnen die Versicherungspolice in die Hände fiel. Und dann war da noch der tragische Tod seiner Exverlobten. Die Medien hatten damals dafür gesorgt, dass jeder davon erfuhr. Man hatte das Unglück als einen weiteren Beweis für den sogenannten Villard-Fluch betrachtet.
    Wenn er Alison nicht fand, würde man ihn des Mordes anklagen. Morgen oder übermorgen. Bald. Dann würde er im Gefängnis landen.
    Der Bug wurde nach oben gerissen und stürzte wieder abwärts. Eine Wasserwand schlug Andrew so heftig zu Boden, dass er fast den Mast losgelassen hätte. Als er sich wieder aufrappelte, konnte er niemanden von seiner Mannschaft sehen. Besorgt kroch er zum Cockpit hinüber, wo er den zusammengekauerten Lotsen entdeckte, der sich ans Steuer klammerte. Der andere Mann hatte im Türrahmen des Cockpits Zuflucht gesucht.
    “Drehen Sie um!”, rief Andrew und winkte dem Lotsen am Steuer zu. “Wir kehren in den Hafen zurück!”
    Er sah die Erleichterung auf den Gesichtern der beiden Männer und wusste, dass er richtig entschieden hatte. Das hier war sein Problem, nicht das ihrige. Er hatte keinerlei Recht, das Leben seiner Mannschaft aufs Spiel zu
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